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Peter Hille - von Corinth

➷ Heinrich Hart (1855-1906) über Peter Hille (1854-1904) - reich illustriert (ca. 1905).

Peter Hille - Gedichte
Blätter vom fünfzigjährigen Baum


➷ Heinrich Hart über Peter Hille (reich illustriert)

An die Poesie

Zu dir meine Flucht,
An deinen lindernden Busen,
In deine weich
Umschlingenden Arme
Rett ich mein Herz,
Das prosawunde
Qualenzuckende Herz,
O du meine tröstende Mutter,
Sorgen verkosendes Lieb,
O du meine Muse!
Ruhe lächelt dein Auge,
Dein mildes, hehres Auge,
In meine dunklen Qualen und Sorgen,
Das glänzende tiefe,
Das mit olympischer Klarheit
Tränkte den greisen Homer,
Mit tragischer Milde umgoß
Die bruderbestattende,
Still ins Todesbrautgemach
Steigende Jungfrau ...
Muse, du wölbtest
Den blauen Himmel von Hellas
Auf Marmor Plastik,
Mit blitzzerrissener,
Düsterer Wolken hehrer Phantastik
Bangtest du
Dem Jehovah heiligen Lande.
Wilde Schwüle ließest du zittern
Über dem üppigen Traubengehänge,
Drin der schwellende Busen der Braut
Wogte unter den Küssen
Des ebenholz-lockigen Freundes.
Ein Leichenfeld
Sieht der begeisterte Seher,
Ein Wirbelwind
Dreht die Gebeine zusammen,
Sie fügen sich ein,
Dasteht
Ein totenköpfiges Heer.
Sehnen schießen und Fleisch sproßt,
Haut spannt sich herum.
Ein Gotteshauch:
Mit den Waffen
Rasselt das Heer. –
Dem glutenhagern
Jacopone di Todi
Erschienst du
Hoher düsterer Gestalt,
Drücktest kohlenbrennenden Kuß
Auf seine schroffe steinerne Stirn,
Draus die düstern Flammenrhythmen
Des dies irae glühten,
Das heiße Angstgebet,
Das Flammenflehen:
Recordare, Jesu pie,
Quod sum causa tuae viae,
Ne me perdas illa die!

O, entsende auch mich!
Laß mich nicht stehn
Im Alltagsgrau,
Und Neidesblicke
Werfen auf die Erkorenen,
Gedrückt durch niedere Prosa,
Gequält von den Stichen
Des kleinlichen Lebens,
Der Philister Umgebung,
Philisterhaft
Die Pfennige zu rechnen gezwungen.
Nein Muse, so grausam
Kannst du nicht sein,
Mich hocken nicht lassen
Auf dumpfem Bureau,
Angewidert von Allem,
Verhöhnt von Allen!
Mit selbstzerfressendem Grimm,
Mit selbstvergiftendem Hohn
Mich selbst regalierend,
Was bleibt mir als Wahnsinn?
Halbdichter zu sein!
O diesen Jammerstand
Hab' ihn verdient ich,
Weil mit allen
Fasern mein Wesen
Sich drängt zu dir?

Berauscht hat mich
Dein wonniger Atem,
Vollende dein Werk.
Drücke den Kuß der Weihe
Mir auf die Stirn,
Erschließe sie –
Und ich gehöre ganz dir.
O schleudere mich nicht
Zurück in die Prosa!!

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An die Hoffnung

Als geschwunden der kindische Wahn,
Es würde sich klären
Das Chaos, die Träume,
Sich klären zur Dichtung,
Werden zur Wahrheit, – –
Als gewichen der Wahn,
Wie stand ich verzweifelt,
Starrte ins Leere,
In trostlose Nacht!

Sollte mein Auge
Geworfen nur haben
Den Unglücksblick
Ins Strahlenmeer der heiligen Dichtung,
Daß ich wanke
Ins Dunkel,
Wanke ins graue
Leben des Alltags?
Tiefe, traurig tiefe Nacht!

Da seh' ich ein Licht,
Ein schwaches schwankendes Licht,
Es wird größer, wird heller. –
Verschwunden ist's. –
Da leuchtet es wieder,
Größer und größer,
Ich sehe den Stern,
Der tröstend mir winkt.

Sehe beleuchtet von ihm
Deine rosigen Finger,
Dein holdes Gesicht,
O du meine Hoffnung!
Es lichtet schon mehr sich und mehr
Das trübe Dunkel.
Entgegen schon seh ich mir schimmern
Den Himmel des Ruhmes,
An deiner Hand
Erreich ich ihn bald.
Glück nur und Dank und strebender Eifer
Schwellt die freudige Seele,
Noch eben umnachtet!
Dank dir, innigster Dank
Dir, Trösterin Hoffnung.

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Ode an die Zeit

Sei mir gegrüßt, o Zeit,
Gegrüßt du fließendes Meer,
Sei gegrüßt,
Du Meer der Zeit!

Ungestadet
Rollst du dahin,
Fällst erzener Woge,
Schnellst wie ein Pfeil
Hinein in der Zukunft
Nichtigen Raum.
Es rollten die Welten
Aus Schöpferhand
Ins endlose Blau,
Da kommst du geglitten
Von Fingern der Allmacht
Im Riesensturz,
Wogtest unter das Sonnen-
Unter das Erdenheer.
Sausend vom Gottespuls,
Hobest dich stolz
Unter glänzenden Sphären
Und rolltest sie weiter,
Schwimmende Inseln,
Rollst sie noch jetzt.
Auf erster erobernder Welle
Trägst du die Welten,
Trägst du mich,
Trägst du mein Lied.
Auf deiner Wogen Erster
Schwebt es dahin.
Höre das Lied
Und hebe mich,
Wenn sinken ich sollte
Auf Ruhmeswarte
Flutüberragendem Fels,
Hoch und fest
Ob Wogen und Schwinden.

Es kommt und schwindet
Steten Wechsels,
Jede Sekunde
Ein anderes Leben.

Sonnenkreise
Wandelt die Erde,
Mondumwandelt.
Verschlungen geregelte Bahnen
Rollt mit Kreisen um Kreise
Das funkelnde All,
Bis es vergeht,
Mit dem letzten Stäubchen verweht.
Und neue Welten,
Meer der Zeit,
Schaukelt die Woge:
Staub umwölkt die Marke,
Die eherne Marke,
Die Gott gesetzt.
Und wieder bildet
Und immer wieder
Die Gotteshand
Dem ewigen Auge
Vors unendliche Nichts
Das Spielzeug der Welt,
Kaum daß in kurzer Lücke
Erhabener Öde
Auf den Riesenspiegeln
Du dich weiterergossen.
Und alle die Welten
Trägst du
Auf atlantischem Rücken –
Und wirst nicht müd?

Wann o wann
Schäumst du hinauf,
Verschäumest am Strande der Ruh?

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Das Vergißmeinnicht

Sinniges Blümchen,
Blaues Vergißmeinnicht,
Entpflückt dem leise
Murmelnden Bach
Von Mädchenhand,
Tränenbetaut
Unterm Abschiedskuß
Dem scheidenden
Liebsten gegeben, –
Hast eine Seele du?
Riß die Holde
Grausam
Dich aus bachumrieseltem
Blumenleben?
Fühltest du schmerzlich
Die pflückende Hand?
Starbest du
Von nährender Wurzel
Geknickt?
Himmelblau,
Wie zuvor,
Noch schimmert dein Aug'! – – –

In ein Wasserglas
Stellt dich der Knabe,
Kaum daß er das Ränzel
An den Nagel gehängt:

Und frisch bleibst du,
Blühend
Als wenn noch
Wurzelnd du ständest im Bach.

Oft zur Sehnsuchtsstunde
Der Dämmerung
Nimmt er dich aus dem Glase,
Betrachtet dich innig,
Liebesbote du,
Von ihrer Hand
Mit Tränen benetzt,
Gewandert in seine. – – – –

Die Linke im braunen Gelock,
Ans Fenster sich lehnend,
So sieht er mit sehnendem Blick
Hinaus in die Gegend,
Wo weit dahinten
Sein Liebchen weilt.
Seine Gedanken gehen
Weit die Giebel hinüber,
Die Türme und Mauern der Stadt
Weit, weit hinweg,
Bis wo in stiller Kammer
Ein Mägdlein steht am Fenster,
Und Tränen der Wehmut
Im Auge
Ins blassende Abendrot sieht ...
Jetzt, Vergißmeinnicht,
Streift dich sein Auge,
[41] Er küßt anstatt der lieben
Geberin dich.
Fühltest du seinen Kuß,
Blume der Treue,
Zürnst du der Maid,
Daß dein Leben sie kürzte,
Das nun bald welkende?
Oder lispelst
Ihre Mahnung
Dem Jüngling zu,
Ihr Tränenwort:
»Vergiß nicht mein!«

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Der Wind

Es sank vor ihm das Schiff zu Grund,
Als er überbrauste das Meer,
Mit dem Feuer schloß er schnell einen Bund,
Wie sausten die Flammen einher!
Mitinnen der Wüste, der Karawane
Verweht er die wankende, wogende Bahn.
Im sonnengoldenen Buchengrün
Da hebt er neckisch den Flor,
Der reizenden Maid, die Wangen erglühn, –
O Wind, was hattest du vor?
Die geküßte Lippe, sieh, wie sie schmollt!
Der Liebste, ob er dem Winde wohl grollt?

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Prometheus

Entgegengeschmiedet
Auf schroffem Fels
Den Pfeilen der Sonne,
Dem Hagelgeprassel,
Trotz' ich, Olympier, dir.
Der wiederwachsenden Leber
Zuckende Fiebern
Hackt mir des Geiers Biß
Aus klaffender Wunde.
Ein Wimmern, glaubtest,
Olympier, du,
Würden die rauschenden Winde
Ins hochaufhorchende
Ohr dir tragen?
Nicht reut mich der Mensch,
Der Leben und Feuer mir dankt,
Nicht fleh' ich Entfess'lung von dir;
Jahrhunderte will ich
Felsentrotzig durchdauern,
Jahrtausende,
Wenn dir die Lust nicht schwindet,
Wenn der Trotzende nicht
Zu glücklich dir scheint.

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Gott und die Religionen

Parrhasius' Bild
Wurde für den
Vorhang gehalten,
Den sein Gemälde verhüllte.
Der Vorhang,
Gott, der dich verhüllt,
Der tappenden Menschheit,
Der Vorhang,
Von jeder Religion
Bemalt oder besudelt
Mit Gottesphantasie,
Mit Ahriman und mit Ormuzd,
Jehovah, Christus,
Und der Fratze Vitzliputzi,
Dieser Vorhang
Wird, jegliches Bild
Fallend in seiner
Gläubigen
Andachtverschwimmendes Auge,
Gehalten für Gott –
Die Leinwand für Gott!

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Hymnus an die Dummheit

Dummheit, erhabene Göttin,
Unsere Patronin,
Die du auf goldenem Throne,
Auf niedriger Stirne die blitzende Krone,
Stumpfsinnig erhabenes Lächeln
Auf breitem, nichtssagendem Antlitz –
Königlich sitzest:
Siehe herab mit der Milde Miene
Auf deine treuen, dir nach-
Dummenden Kinder,
Verjage aus dem Land
Die Dichter und Künstler und Denker,
Unsere Verächter,
Vernichte die Bücher, – Traumbuch und Rechenknecht,
Briefsteller und Lacherbsen verschonend,
Und wir bringen ein Eselchen dir,
Dein Lieblingstier,
Dein mildes, sanftes, ohrenaufsteigendes
Lieblingstier
Eine goldene Krippe dafür
Und ein purpurnes Laken von Disteln.

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Der fahrende Scholar

Soviel Maßlieb, als da prangen,
So viel Donen als gestellt,
Muntere Vöglein, die da sangen,
Grüne Jäger auf dem Feld;
Wie dem Bächlein Wellen rinnen,
So viel mal hab' ich mein Sinnen
Liebste mein, auf dich gestellt.
Alle Perlen, die da prangen,
Zart auf Seide spielen sie,
Dir um Haupt und Schultern hangen,
Ach, wie bitter find' ich die.
Deine Locken, die da wehen,
Lose hin im Winde gehen,
Könnt' ich halten, halten sie!
Könnt' ich schau'n in deine Augen,
Deine Hand in meiner ruh'n,
Ach, dann wollt' ich alles taugen,
Ach, wie wollt' ich alles tun.
Wenn mein armes Herz wollt' brechen,
Müßt' ich alle niederstechen,
Um vor dir erst auszuruh'n.
Deine Stimme klang wie Glocken
Und ich stand am Kirchentor,
Ach, wie war mein Herz erschrocken,
Wie ein Reif dein Schleier fror.
Wie hab' ich dich grüßen können,
Die mir doch kein Mensch mag gönnen,
O, warum sind wir nicht gleich!
Und ich liege nun im Tauen,
Hat mein Herz mich wach gemacht,
Bald wird schon der Morgen grauen,
Fremde Sterne sinken sacht,
Neben mir greif' ich in Saiten,
Wend' das Aug' an Himmelsweiten,
Und ich sag' dir gute Nacht.
Gute Nacht, wo du auch ruhest
In dem hohen Sternenschein.
Gute Nacht, was du auch tuest,
Gute Nacht dir ganz allein.
Für dein Leben, für dein Sterben
Will ich einsam nun verderben,
Will mich betten hart auf Stein.
O, mein Herz schlägt dicht zusammen,
So der Odem mich verläßt,
Und mein Haupt schmerzt wild von Flammen,
Und die Brust ist mir so fest.
So gefesselt muß ich gehen
Und die Lieb' im Haupt mir stehen
Und das Leid ins Herz gepreßt.

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Engellieder Der Schutzengel, Asrael, Raphael

Der Schutzengel

Ein Schatten fällt auf deine Wange,
Es ist die Wimper nur, die lange.
Ein Seufzer sucht die Himmelslust,
Von der noch warm die Traumesbrust.
Du hast das Heimweh nach dem ewigen Leben
Und fühlst dich mit uns noch im Himmel schweben,
Und kommst bald wieder.

Asrael

Sieh, mein Vater, mein Kind schlägt eben
Die Augen auf.
Es will einen Kuß dir ja geben,
O nimm es auf.
Und lege es an dein Herz,
Und lege es an dein Weltenherz,
Und lege es an dein Vaterherz,
Das für alles schlägt,
Was Leben und was Seele trägt;
Sieh mal, wie warm, wie tränenwarm
Auffunkelt das Herz:
In Freudenfluten überfließt der Harm,
Die roten Bäckchen glühen vor tiefem Herz;
Die blauen Augen sieh,
Wie sie
Verwundert und verschleiert.
An deinem Herzen halt' du es,
Indes
Die kleine Seele feiert.

Raphael

O komm leise, leise komm,
Laß das Licht und sieh, wie fromm
Da liegt es, Atem steigt
Als Gebet noch, Lippe schweigt
Schläft in lieber Heimlichkeit.
Hin nun weiht
Dir sich hin sein ganzes Leben.
Du hörst die fromme Seele beben.
Nun kannst du ihr den Segen geben
Für die Nacht.
Gute Nacht!

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Die Weihnachtsfee

Und Frieden auf Erden den Menschen,
die eines guten Willens sind.

Suchende Sterne ins eilende Haar,
Frierende Sterne, schmelzend zergangen
Über den wunderfeiernden Wangen,
Und die Augen von Liebe so klar.

Wie Glocken klar, wie Reif so rein
Und so duft und so jung und blühend vor Güte
Tau der Frühe himmlische Blüte
Wie Rosen und wie Fliederschnein.

Da steigen die Hände, ein bettelndes Meer,
Augen dunkeln nach Geschenken,
Mir! Mir! Mir! Mich mußt du bedenken!
So steigen die bettelnden Teller her.

Dunkel wird's, ein Wundern steht
Strenge in der Feenseele,
Wie wenn rohe Nacht das Leuchten quäle,
Und Ernst in die Güte der Augen geht.

Und es spricht wie klares Licht
Aus dem milden Angesicht:
Geben euch? Was soll ich euch geben,
Alle Wunder habt ihr ja hier,
Eine Erde die könnt hegen ihr,
In euch selber will der Himmel leben.

Kinder, ihr wünscht,
So könnt ihr ja geben
Und selig sein und selig machen,
Und innig sein wie Kinderlachen
Und wie wir von Wundern leben.

Tuet frohe Liebesgaben
Einer in des anderen Hand,
Tuet ab das Geizgewand
Und ihr pflücket alles Haben.

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Winterstiefel

Ein Scherzo aus dem Vorfrühling.

Hat ja nur sich selber an,
Schämt sich nicht, hat Freud' daran

Krauses Haar wie lachend Gold,
Das von tausend Teufeln tollt.

Beide Beine flink und fein
Sinken in zwei Stiefel ein.

Kappen plump und Absatz schwer,
Lachend schleppt es sich daher.

Als ob die Welt nur Leder wär!

Schwarz das Leder, ros' das Bein:
Stiefel, sag', was fällt dir ein?

»Hup, mein Jung, da fliegt er hin:
Will dir zeigen, was ich bin!«

Heissa, wie der Stiefel flog
Beide Hände klatschen hoch.

Und die Füßlein ganz befreit
Machen die ein Zehengespreit.

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Knabe

Hält die Augen in die Welt
Wie zwei schwarze Renner.
Zügelt sie kaum,
Aller Helden Held:
Weit dein Traum,
Reich ohne Raum.

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Schulschlange

Im Pausengange
Paar auf Paar,
Die Mädchenschar,
Die umschlingen
Mit bunten Ringen,
Die zerdrücken
Die starken Rücken
Der Männer wird.

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Das Mädchen

Gestern noch ein dürftig Ding,
Das so grau und albern ging,
Nichts an ihm zu sehen

Und muß heut behutsam sein,
Wie wenn im Mai die Blüten schnei'n,
Daß nicht all verwehen.

Wie wenn ich Blüten an mir habe,
Als sei ich eine Gottesgabe, –
Ein reines Wunder bin ich ja,
Wie nie ich eins mit Augen sah.
Und muß mich sehr zusammennehmen
Und schämen.

Warum? Weil ich so blühend bin,
Und weil der Wind treibt Blüten hin,
Die nicht am Baum erröten
Und voller Vorsicht sind
Und Unschuld und Erblöden –
Der dumme Wind!

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Abbild

Seele meines Weibes wie zartes Silber bist du.
Zwei flinke Fittiche weißer Möven
Deine beiden Füße.
Und dir im lieben Blute auf
Steigt ein blauer Hauch
Und sind die Dinge darin
Alle ein Wunder.

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Brautseele

Das Gewand meiner Seele zittert im Sturm deiner Liebe,
Wie tief im Hain
Das Herz des Frühlings zittert.
Ja du mein heftiges Herz: wir haben Frühling.
Auf einmal ist nun alles Blühen da.
Meine freudigen Wangen
Sind aufgegangen
Fromm nach deinen Küssen.
Gefährlich bist du, o Frühling,
Und verwirrt
Wie von heftiger Süße
Prangenden Weines
Pocht meine Seele.
Wie er so sonnend mich streichelt
Mit seinen Strahlen allen
Und schlafen möchte ich
Immerzu.
So träume ich vom eigenen Blute
Und bin so wach
Von mir.
So erschrocken
Wie man wohl aufhorcht
Im flüsternden Herzen der Nacht.

Wie Sterne, die nicht schlafen können,
So stehen meine Augen,
Und bin doch so müde, müde, so sonderbar müde.
Sind wir Mädchen nicht alle so sonderbar müde
Um diese Zeit?
Das macht, du bist um uns,
Du bist ein Zauberer:
Ja, ja das bist du,
Ein echter, rechter Zauberer.
In Bäume und Menschen zauberst du ein Sehnen und Dehnen,
Ein müdes verlangendes Gähnen.

Ja, ja, ihr Mädchenherzen,
Der kennt euch,
Vor ihm kann kein Geheimnis bestehen.
Er ist ja Weib,
Weib wie wir
Und eine heimliche, schelmische Stärke.
Frühling sag', was machst du mit uns,
Daß wir alle so sprossend müde sind.
Wir fühlen dich ganz in uns,
Du durchtönst uns,
Tust mit uns ganz das Leben.
Ja wir beben, Leben.
Fromm atmet in uns eine Andacht,
Und wohlig will es werden
Nun überall in der sprossenden Erden.
Wie wir uns regen,
Da ist immer ein leises, süßes Bewegen,
Da ist die Quelle ein rieselnder Spiegel,
Der uns erquickt und uns darreicht,
Da ist der Spiegel eine bleibende Quelle
Und immer wird uns leise
Süß von uns.
So sind wir wartend,
So zeigt es uns
Verrät es uns,
Wie süß wir sind
Für den einen, anderen.

O komm,
Komm zu mir,
Ich bin ja so süß nach dir.
O komm,
Ich bin ja so schön nach dir.
Ich deine Lebendige,
Deine weilende Zier
Vergehe nach dir.
Jeden Tag kommt Alter, kommt Welken:
O komm,
Komm du dem Alter, dem Welken zuvor.

Ein Sehnen geht in allen Blumen
Und will dich holen mit Farben und Duft,
Und alles was schön ist auf dieser Weltwiese
Ist aus Sehnen und Liebe schön.

Lieblich schlau
Üben wir Schönheit
Solange vor euch,
Bis daß ihr kommt;
Schüchtern schelmisch
Spielt sich unsere arme, lodernde Seele
Hin vor euch.

Dann! Dann!
Dann kommen zwei lodernde Sonnen in meinen Tag,
Du mein doppelter Tag!
Mit deinen beiden Sonnen.
Du! Du!

Und deine Hand!

Meines Mundes duftende Blüte
Vergeht vor deiner Güte,
Und meine Wangen
Sind aufgegangen
Wie meine Flechten
Vor deiner Rechten.
Ja du hast Recht,
Glätte sie nur
Du meine wirreglühende Sonne.

Rufe, locke alles heraus
Aus deiner Erde,
Du mein Lenz,
Du hast ja gleich zwei Sonnen
Und eine braucht man nur
Im Himmel.
Und diese beiden Sonnen
Erzählen sich mir,
Wie du aufgewachsen und wo
Gewachsen für mich,
Wie der heilige Wein Palästinas
In seinem heißen schmelzenden Purpur
Den Heiland mir ansagt,
Sein Seelenfrühlicht,
Sein wärmendes Wandeln.
O wie da alles aufsteht,
Feierlich, rauschend, vorbereitend!

O komm
Ich bin ja so schön nach dir!
O laß mich weinen,
Tränen der Braut.
Tränen du Böser,
Daß ich so lange warten mußte auf dich.
Das tut so wohl:
Meine Seele badet,
Dann kommt sie zu dir!
Ja?

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Brautmorgen

Des Erwachens Knospe schwillt,
Hochrosig tönt sich der regere Schlummer.
Zögernd, selig bang,
Lange, lange.
Weit offen die lauschende Seele.
War es, war es nicht?
Das schreckende Märchen,
So hold und so wild!
Ein leiser Blick stiehlt sich um.
Ja, es ist da
Und sieht doch gar nicht gefährlich aus –
Und wie ruhig es atmen kann!
Als sei nichts,
Aber auch gar nichts passiert.
War das da denn so furchtbar,
So unverschämt – und scheußlich,
So zu sich zwingend –
Und kehrte sich an nichts.
Möglich, daß nur's Dunkel so drauf wirkt.
Dieses gute schlummernde Kind,
Dieser schlummernde Friede
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Und wieder sieht sie starr und steif nach oben,
Wie die Toten ihre Heimat sehen.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Nun wird es sich regen das Kind,
Das Kind mit dem seidenen Schnurrbart.
Etwas müde, selige Sterne
Sind still noch im verwunderten Glück.
Ja, das, das ist die Liebe,
Die lebensinnige, seelenvolle Liebe,
So still, so traulich still,
So mit der vollen Seele angesprengt!
Ja, das andere – früher –
Wie für die Knaben –
Wie mochte man nur?
Nun kann man haben
Die liebe lange Nacht
In inniger Macht
Bezaubernde Gaben,
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Die sich nur bieten dem Mann,
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Und nach des Dunkels
Stürmender Wildheit –
Leisheit scheu und zart,
Unter der ein Schelm liegt verwahrt.
Ein bedeutsam lautlos sich Stehlen von dannen,
Daß man getrennt
Tummeln sich kann,
Und auf das Reich
Der nächtlichen Wildheit
Gebender Friede sich senke.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Getränkt das erste gierige Dürsten,
Der zueinander Gedrängten
Lebenbeherrschenden Kräfte.
Zerrissen
Der alles gewährenden Nacht
Magnetisches Netz.
Der zweiten Keuschheit
Köstliche Müdigkeit ruht
In dem wieder
Niedergeschwiegenen Blut,
Bis des Lebens innige Anmut
Wieder heiter steigende Kräfte gewinnt.
Und weiter sich spielt
Nach des Lebens lieblicher Weise.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Nun ruhig etwas Stille,
Etwas wie eine leise Feindschaft,
Bis freundlich suchend sich neigt
Liebender Überfluß hin,
Wie sich des Auges labendes Rund
Wendet zu frommen, dürstendem Mund.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
So schwellt geruhig hinan
Ihr lange anwogenden
Wellen des Lebens
Fremden schon anheimgegeben
Treiben weiter die Säfte gemeinsamer Kraft
Innig verbunden
Einem neuen Menschen zu,
Dem Kinde gemeinsamer Liebe.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Jauchzt mit den jungen,
Den seelelebendigen,
Liebenden Leibern,
Jauchzet euch Kinder,
Gespielen zu haben,
Gespielen zu sein
Fröhlich übertollenden Lebens,
Ehe die rottende Horde der Übel
Drückend sich sammelt in alten Körpern.
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
So nun sammelt euch wieder
An des blumenblau gemusterten Gartentisches
Morgenzartem Imbißbehagen.
Knusprige Brötchen
Sind gar leicht zu mahlen.
Der braune starke Seim der Schokolade
Gibt wieder steigend heißen Mut
Nicht mehr weichenden Augen,
Ruhende Röte erwärmt euer Leben
Schon wieder an,
Das zärtlich dankende Leben,
Das in der Vergangenheit Liebreiz
Wonnen der Zukunft erschaut.
So köstlich erneuert sich Jugend.
Herrscht gewichtig
In wiederverschwiegener Güte,
Kredenzende Hausfrau,
Mit des silberklirrenden Löffels
Blinkendem Zepter!

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Eine Liebe

Kein priesterlich Wort gab uns eigene Rechte,
Keiner Orgel Brust sprach kräftigen Segen,
In weichem Golde heilig nicht regten
Sich Kerzen, – uns schwiegen die weihenden Mächte.
Wir haben uns selber zusammen gefunden
In einsamen, kühn erglühenden Stunden,
Du mein Lieb von einst, du mein Lieb für immer.

Kein Schleier hat über der Feier gehangen,
Die Myrthe nicht knapp umgrünt deine Flechten,
Kein Gebetbuch geruht in deiner Rechten,
In schämiger Glut nicht standen die Wangen.
Keine Rose im eigenen Tau wie ein Märchen,
Kein Papa im Schwips, keine Mama im Zährchen,
Nur wir, du mein Lieb, du mein Lieb für immer.

Kein Vergißmeinnichtbach sind jene Zeiten,
Kein Hirtenlied bei blöder Flöte,
Nein, bebend und blutend stand alles in Röte,
Uns riß zueinander verzweifeltes Streiten,
Und Hader und Qualen, kampfdurchblutete,
Und Liebe, von innigen Lippen durchglutete,
Du mein Lieb von einst, du mein Lieb für immer.

Und käme ein Engel im weißen Gewande,
Und käme der weiße Engel gegangen,
Unschuldige Röte auf träumenden Wangen,
Und fände uns beide stehen im Leide
Und ständ' und spräche: »Ich nehme die Seele
Von euch, was vergangen, die brennende Fehle –
Dir und dem Lieb von einst und von immer!«

»Halt, Engel, halt ein! Die Hand von dem Leben,
Das uns in heißer Leidenschaft glühte,
Ein Scharlach im prächtig lohen Gemüte,
Mit schroffem Zorn und innigem Beben.
Ins graue Heute sehen die Tage
Wie eine Nordlicht blutende Sage,
Du mein Lieb von einst, du mein Lieb von immer!«

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Kind

Süßer Schwindel schlägt hinüber,
Heiße Blicke gehen über,
Und ein neues Leben rinnt.
Unserer Liebe starke Wonnen
Sammelt ein als starke Sonnen
In die Himmel seiner Augen
Unser Kind.

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Schönheit

Sappho an Chloe.
Freundin!
Arme, törichte Blume!
Wie du leuchtest für ihn.
Der dich zerwühlt, dich welkt.

Sieh, so einen Mann.
Den Knecht da!
Sein lautes rennendes Treiben.
Könnten wir so sein?
Nur ein Weib wandelt.
Es ist, und Schönheit weilt von dannen.
Rote Lockenährchen machen sich auf.

Duftet mein Blut dir auch wie mir deines?
Nein, Chloe.
Das tut es nicht
Du kennst nicht die Schönheit und ihre Sehnsucht,
Der Blumen suchenden Maienwind,
Du kennst ihn nicht.
Du durchstreifst mich ohne Seele.
Du glühst wo anders hin.
Pfui, schäme dich!
Du meine Entartete!
Wie anders könnte ich dich fühlen, du meine Verlaufene!
Hör': glücklich gleich den Göttern erscheint der Mann mir,
Der darf gegenüber dir sitzen ganz nahe
Dein lippenzwitscherndes Plaudern dir ablauschen,
Seelenanglühendes.

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Gestaltungen

Gretchen:
Du, du?
O diese Hand mit süßem Höllenfeuer!
Sieh mal, meine Seele,
Du hast sie geraubt,
Geraubt mein Beben deinem verlangenden Leibe
Mit mörderischem Kuß,
Du trauerndes Raubtier!

Hans,
Der Gürtler,
Mein Gespiele,
Wir Mädchen sind so streng,
Wenn wir umgangen werden
Von sehnend verehrender Scheu,
Betrachtend und treu
Und prüfen und prüfen.
Und wir warten kühl und kalt,
Als würden wir niemals welk und alt
Und warten, ob nicht einer kommt uns verführen.
Dann jubelt die Selige mit Zinken und Pauken
Und wirft sich stürmisch vergehend
An seine schwüle satanische Brust.

Herzhafte Buben, still emsige Mädchen,
Wie ein Ährenfeld blau mit Kornblumen-Augen,
So wär' es emporgewachsen um mich,
Hätte Mutter zu mir genommen
Und müder Arbeit
Erleichtert die Heimkehr.
Du hast mich aufgerissen,
Unerhört mich aufgerissen,
Offen stand ich im Staunen und Wunder,
Da du gekommen,
Da klopftest du an,
O dein verruchter, dein lieber Mund!
Da blutet mein Bruder,
Da schläft meine Mutter,
Da wimmert mein Kind.
Wer sogar die Leiber offen macht
Und guckt hinein,
Die Gott gerufen zu sich,
Was soll da heilig dem sein?

Was hast du nicht auch hineingeguckt
In meinen Bruder Valentin,
Wie dein Degen guckte hinein.
Da konntest du gleich auch noch sehen,
Was gegen dich er hatte und mich?
Was nicht in meine Mutter,
Die ich getötet durch dich
Und in dein Kind,
Dem du gestohlen den Vater?

Geh, der Rausch ist vorüber,
Die Tür ist zu,
Geh, laß mich, ich bete für dich.
Da ist nicht das stille, blöde,
Du hast mich zerstört,
So hast du kein Recht auf mein Leben.
Und doch hast du mir die große Liebe gegeben.
In Elend und Untat bin ich geworden.

Faust:

Teufel, du kannst mich nicht brauchen:
Zu hell sehen Sterne
Drohend und blutig
Nieder auf mich.
Ich muß sie waschen die Sterne
In meiner Seele
Jahrtausende lang.
Rein wollen sie werden,
Und ich habe besudelnd empört
Ihr zürnendes Leuchten.
Ich gehe sie waschen.
Kommt zu mir, ihr,
Henker der Himmel,
Tut mir die Liebe,
Bleibet bei mir,
Tötet mich nicht:
Zu kurz ist das Schwert, zu schnell ist das Rad.

Nein, bleibet bei mir,
Ob Völker greisen
Und Reiche lallen
Die letzten Seufzer.

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Serpentinreiterin

Fräulein Schumann gewidmet.

Ein sehniger Adel die junge Gestalt,
Den wippenden Zelter in leiser Gewalt,

Nun reitet sie rund in wendendem Kreis
Wie der steinerne Gast unirdisch weiß.

Männerseelen gerännen zu Eis,
Ein Don Juanblut treibt kühner und heiß.

Nun das da? Was für ein sonderes Ding?
Ein berittener Schmetterling!

Nun kommt von Farren ein Flöten und Flirren
Auftrachtendes Schlagen, farbiges Girren,
Ergießen und Flattern, ein brünstiges Blühen
Breithinschmausende Töne erglühen.
Grünleuchtendes Winden, purpurnes Schweifen
Kelche, die nach Blumen greifen.
Alle Leidenschaft angefacht.
Großgestirnte tiefblaue Nacht.

Der Pegasus, das Musenroß,
Wie's aufrecht in den Himmel schoß!

In tauschendem Rausch das mutige Leben,
Das Starke allein sich wissen zu geben.

Ein sehniger Adel die junge Gestalt,
Den wippenden Zelter in leiser Gewalt.

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Seegesicht

Die Küste ruht.
Weites Tritonengetut
Silberne Wunden der Flut
Tobende Augen der Wut.

Krähende Pausbacks auf steigenden Rossen,
Plätschernder Spielen purpurne Flossen,
Neckisch Bedräuen mit Zacken und Spießen,
Kräftig anfassendes Leiberumschließen.

Und sieh, eine Muschel fleischgelb und zart
Von Amorinen flüsternd bewahrt.
Hingegossen ruhende Linien,
Grüßender rauschender Palmen und Pinien.
Angeblühte rosige Brüste.
Lächelnde sonnengestreifte Küste.

Fürder kein Dräuen mit Zacken und Spießen
Müdhinlallendes Leiberumschließen.
Nickende Pausbacks auf schlürfenden Rossen. –
Grünhinflüsternde, finstere Flossen.

Erloschene Wunden der Flut,
Fernes Tritonengetut
Stierende Augen der Wut.
Die Küste ruht.

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Schaumgeboren

Flocken
Und Locken
Korallen
Und Lallen,
Spritzendes Tuscheln
In errötende Muscheln,
Rosenschein
Tief in die wogende Wiege hinein.
Und das Meer ganz von Sinnen
Weiß nicht, was vor lauter Jauchzen beginnen
»Ich bin da, ich bin da!«
Bittende Wellen
Langen und schwellen
»Ich bin da, ich bin da!«

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Wellenspiel

Heiteres Leuchten im braunen Gesicht,
Wählig der Himmel hinrollendes Licht
Prächtige Bläue so unten, so oben
Singender Jubel, freudiges Toben.

Greifende Arme ins tolle Gemisch
Kinder mit Flossen, zappelnder Fisch
Fassen und fliehen, krähen und haschen,
Taumeln und tauchen, spritzen und waschen.

Siehe der Väter verwunderlich Treiben
Wissen vor Freude nirgends zu bleiben
Greifende Arme ins tolle Gemisch
Fassen die Kinder, fassen den Fisch.

Schauen ihr lachendes Weltwunder an
Ja, so ein Vater, das ist euch ein Mann.
In seinem Kinde ist nochmal sein Leben,
Kann sich nun selber ja schwingen und heben.

Wie eine Sonne die selber sich scheint
Einmal rosig, das andere gebräunt
Wirft an das Licht sein fliegendes Wunder,
Das an der Brust hält glattzackigen Flunder.

Auf grünem Gestein rotflossige Hand
Goldüberrollt ins verschwimmende Land
Schauen zwei Augen,
Sterne stiller Freude
Ins verschwindende Weite.

Lustige Väter, junge berauscht
Schleudern mit Flossen ausspannender Hand
Schuppenumglitzerte Kinder krähend ans Land –
Mutter lauscht.
So ist es, daß die Erden
Von allem Wachsen schöner werden.

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Der neue Faun

Lau leuchtet die Größe des Himmels hernieder,
In weichem Lichte glänzen die Glieder.
Nur ist es verboten sie anzuschauen:
Mit männlichem Auge die badenden Frauen.

Kein knisterndes Schilf, kein kicherndes Lachen,
Die Augen der Badewärter wachen.
Da hab' ich nun mein Fernglas genommen
Und habe von ferne die Dünen erklommen.

Wie Kandidaten der Venus mit wallenden
Mänteln kommen an sie gegangen:
Ein Musenchor mit glatten abfallenden
Weißscheinenden Mänteln kommt es gegangen.
Ein Musenchor: wie große Vögel flatternd fallenden.

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Wintermeer

Meer, du rasender Greis,
Heldenlied, das über stürmender Harfe zieht
Von Bardenbärten wild und weiß.

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Vorfrühling

Weltanfassende, fröhliche Dummheit,
Sprießendes Singen seimigen Grases,
Wohligschelmisch Gewölk.
Weicher Schalmeientöne,
Sinniges Grübchen.
Am markig umwundenen Knie,
Ziehet's spielend hin:
Fromm in Sonne,
Atmende Auen.

Reime und Maße,
Tabulatur der Stände
Gezählt am peinlich
Gekrümmten Finger –
Das ist vorüber.
Blöde zwinkernd
Putzt die stechenden Brillengläser
Heisere Gescheitheit.
Melodische Seele der Welt,
Frühling, Schalmei,
Spiele, spiele uns alle hin
In alles Schönheit tanzendes Leben.
In das muntere Gesetz
Alle Sterne strahlenden
Liebenden Reigens.

Warum kommen nur die Menschen nicht,
Wollen sie nicht?
Und zwingen zum Tanz? ...
Nun –
Und die spatzschreienden Hecken
Und die paarenden Tiere sagen:
Die Welt geht weiter.
Auf vermoderter Triebe Rost
Immer wieder nachquillend
Tauender Teufel bereuender Frost.

Auf der grünen weiteblauen
Himmelswiese
Dauern hin, spielend versonnen,
Weltverlorne Lichtungen,
Locken rötlich träumende Kindesköpfe.
Gelbes rotes strotzendes Feuer
Roter Blumen.
Blitzelt auf bräunlichen Ständern
Suchend wach ...
Entgilbender Himmel –
Ist es nicht wärmer schon oben?
Da Gott Vater erst
Und erste Welt;
War das nicht so wie himmlische
Weltanfassende Dummheit.

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Tastende Tage

Die Äste in Flammen, die Wipfel entlaubt
Am Kreuze das friedenumsprühete Haupt.

Ein Sehnen und Dehnen, wie Mädchen es haben,
Renettenrot in die Lüfte gegraben.

Ein streckendes Zittern, ein schwellendes Glühen,
Des scheinenden Baumes Adern erblühen.

In gereiztem Scheine Feier-Weh,
Flammt Ziegelglut auf Erdenschnee.

Die versteinerte Glut, ein Liebesgedicht,
Fällt rosig warm auf der Kälte Gesicht.

Einsamkeit der Einsamkeiten,
Welt und ich: wir beide schreiten.

Haltende Hände leise schweben
Zu der Sonne goldenem Geben.

Im schmelzenden Schnee was heimlich geht,
Ob schon der Frühling im Felde steht?

Apostelhäupter im Abendscheine:
Der Kartenspieler trübe Gemeinde.

Die Äste entflammen, die Wipfel entlaubt
Am Kreuze das friedenumsprühete Haupt.

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Mailieder
Maienwind, Garten, Selige Grüße, Glück, Lichtregen, Baum, Samenzeit

1. Maienwind

Mutwillige Mädchenwünsche
Haben Flieder
Niedergebogen,
Blauen und weißen.
Wie Tauben sind sie weitergeflogen,
Mit Wangen, wilden und heißen.
Hoch in warmen, schelmischen Händen
Haschender Sonne
Geschwungene Strahlen.
Hellbehende Wonne
Weißer Kleider
Weht.
Mutwillige Mädchenwünsche
Haben sich Flieder
Niedergebogen,
Blauen und weißen, –
Sind weitergezogen ...

2. Garten

Sieh mal, Hold, da unser Garten
Kann Liebseelchen nicht erwarten.
Kuck', die wilden Blüten fliegen
Dir ans Knie,
Ans fein behende,
Nehmen lächelnd,
Leuchtend wie die Wolke oben,
Dich bei Händen.
Wollen dir im Haare liegen,
Tief ins gold'ne Nest.
Hasche sie!
Halt' sie fest!

3. Selige Grüße

Bläulicher Flieder.
Ist das ein Grüßen!
Wirbelnde Lieder
Wehen herüber, –
Stürben lieber.
Seligsein – und das heißt büßen.

4. Glück

Das ist dir gar ein glücklicher Mann,
Der nicht mal mehr sich freuen kann,
So glücklich ist er.
So kommen jeden Morgen wir her,
So kommen uns alle Tage daher.

5. Lichtregen
Leuchtende Tropfen:
Leid,
In das ein Lied
Verklärend sieht.

6. Baum

In den Himmel greifen und wachsen,
Erde ziehen und schwellend fühlen
Treue Bitternis
Saftatmenden Bodens.

7. Samenzeit

Samen warm in tiefer Luft.
Zweier Odem durchschauernder Duft.
Schweigendes Sagen,
Seligsein,
Feuchtleuchtende Sterne
Schauen drein.
Glückes Röte auf träumenden Wangen
Über Nacht aufgegangen.
Schlummernde Seelen die Traum führen,
Tauige Welten in sich spüren
Besamte.

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Der Tag und die Sonne

Die Sonne:

Bin von Seimen überfließend!
Tag rings in Runde gießend,
Wohin meine Blicke schenkten.
Alles sprießend!

Der Tag:

Tagvergießerin,
Blumensprießerin,
Traubensüßerin,
Erdengrüßerin,
Glutansauserin,
Licht-Erbrauserin,
Raumaufspalterin,
Kraftzaumhalterin,
Siehe dein Sohn!

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Nachtigall

Graue Melodie.
In dir singen Erde und Himmel
Und sind Frühling.

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Der Sonne Geburtstag

(Bei Goslar.)

Die Schieferdächer zottig und breit,
Noch wacht kein einzig Haus,
Zartklare Gegend und Einsamkeit,
Da jubelt ein Vöglein sich aus.

Die Sonne zu grüßen, so steigt es hinan
In reiner und reineres Blau,
Bis man es nicht mehr sehen kann,
Nun jubelt die Himmelsau.

Die Schieferdächer zottig und lang,
Schroff ragt ein Berg einher,
Die Mondsichel zart und morgenbang,
Da Wolkenfleisch, blühend und schwer.

Die Lerche hat die Sonne gesehn
Und sinkt nun wieder zu Tal,
Das hören die Morgenwinde und wehn,
Froh glühen die Wölklein zumal.

Kirschbäume stehn und richten sich aus
Und schauen stumm sich um,
Wie Kinder stehn mit Spruch und Strauß
So köstlich blöd und dumm.

Siehe, da blitzt es freudig erhellt,
Da hebt es sich und steigt,
Das liebeleuchtende Antlitz der Welt,
Und unsre Seele schweigt.

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Waldesruh

Siehe, da ruhet Das
Und ist alles.
Saft träumt.
Prinzeßlein spielt
Und weiß von keinem Schloß,
Von Morgen nicht und Abend.
Männlein schlagen Purzelbaum,
Drollig vergrämte
Purzelbäume schlagen sie
Über braunweitgreifende Wurzeln.
Und essen Wurzeln,
Trinken Quell,
Und schlafen zwischen Wurzeln in Nischen.
Listig behutsam, tappen beschleichende Finger
Lichtlang die schlanken grauen Stämme,
Die Zweige spannen.

Was war das?
Ein Dunkles?
Nur ein Gedanke.
Wie gar heiter ruht das Blau
Wie das was ist.

Verwunderte Gegend lieblicher Ode,
Bangen,
Wohliges Drängen,
Frühes Fleisch
Duftiges Erliegen.
Graue zottige Bärte fahren
Über zerrieseltes Leuchten,
Stöhnende Wonne des Wachseins
Ein rauschendes Duften:
All das perlende Moos.

Vier Schwingen tauschen
In blauen Bahnen
Ein rüstiger Anruf
Beieinander,
Fort sind beide –
Da –
Dort!

Pfade spielen,
Warnender Pfiff,
Springende Bogen,
Ein Strom von Hirschen
Raschelt tiefer hinab.
Ein spähender Pfeil,
Trifft sie das schauende Licht
Meines heiligen Auges.

Herbsthoher Dom
Hohe Weihrauchscheine,
Leuchtende Geister
Schwingen leicht
Hin die prallen, blauen Strahlen.
Eine graue Leiche
Halten sie hochgebahrt
Und singen Requiem ...

Heiter ruhet,
Heiter ruhet das Blau,
Wie was ist,
Taten schlummern
Immer.

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Hagel

Schwer Verheeren
Wirft der Himmel,
Eingefrorener Zähren
Eisiges Gewimmel.

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Der schlafende Blitz

Ganz durchzottet
Die heiße lungernde Luft:
Brünstiges Moos.
Und in ihrem Schoß
Da schläft ein bleicher Blitz:
Das kühlende Schwert
In der Scheide des Rächers
O wärest du nieder,
Du bleicher röchelnder Blitz –
Dann wär's vorbei!
Der Odem der Natur
Ginge wieder frei!

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Abendröte

Sieh da droben die Rosen! Ein glüher Jubel
Die Wangen der Nacht
In Scharlach und Purpurpracht.

Nun ist da droben Hochzeit:
Die Königskinder des Himmelreiches.

Strenge Augen erster Schönheit,
Frieden frierend,
Wie vor kämpfend heißen Rosen
Wunden an den schweren Schmuck goldspielender Brokate
Des Samtes tiefenweiches Blut,
Gebettet in des Schnees nachtgeflammte,
Flockenzarte Wärme: den hehren Hermelin.

Die Kränze nehmen sie von herben Scheiteln ab
Und heben Bechertau an ihres Lebens
Rötlich reine Kelche,
Und verwunden
Die Verklärung
Saftigherber Früchte.

Des strengen Lagers scheue Falten warten ...

Wie entsetzlich ist Schönheit! ...

Wie eine Siegesfahne hält
Der Himmel
Des Lebens leuchtendrote Brunst mit aller seiner Adlermacht.
Der Sieger sinkt.
Die Nacht fällt in den Wein.

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Nacht

Dunkel
Vor Gefunkel.
Ihr loses Haar.
So müde
So Friede
Und wunder- wunderklar.

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Herbstmorgen

Vater, herrlicher Vater,
Soll ich meine Seele dir senden,
Was soll ich mit ihr,
Ich verstehe sie ja nicht mal zu halten,
Nicht zu gestalten?
Und sie liebt dich so,
Und ich treibe sie weit,
Weit ab von dir,
In Nesseln und in Sumpf,
Und ihre scharfen Sinne
Wurden dumpf.
Wie dieser blaue,
Rüstige Morgen,
Wie er sich öffnet
Deiner starken Sonne
Freundlichem Gold,
So auf zu dir.
Und wie jung und weiß umflimmert
Die Herbstblumen bunte
Kinderwelt
Hier auf dem Schulhof,
So sollen munter
Meiner Seele
Ewige Jugendkräfte
Wandeln vor dir.

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Regentropfen

Regentropfen warm und groß
Machen aus der Nacht sich los,
Regentropfen warm und groß.

Da die Nacht steht ganz in Glanz,
Einen Augenblick da stand's,
Ein Geisterantlitz, da entschwand's.

Da, ein Blitz hat Licht gemacht,
Ganz in Glanz da stand die Nacht,
Da, ein Blitz hat Licht gemacht.

Helle wird im Lied das Leid,
Leuchtet auf wie ein Geschmeid,
Leuchtend wird im Lied das Leid.

Und da steht es in der Nacht,
Still in seiner Geisterpracht
Steht sein Antlitz in der Nacht.

Liedertropfen warm und groß
Lösen aus dem Leid sich los,
Liedertropfen warm und groß.

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Leidensantlitz

Ein bleiches Antlitz leidet hin Im Lebensleide bebt sein Sinn, Die Schmerzen aller im Gesicht, Mag es das eigen Dasein nicht. Zu eigenem Weh die fremde Lust, Wie schlägt sie herb dir auf die Brust: Zu eigener Lust das fremde Leid, Vergällt zerschreckt dir deine Freud'.

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Krank

Leidendes Gewand, Kränklich heiße Hand, Weher Sterne Flirren. Tiefversunkener Brand, Bang verblichen Band, Wie ein Rauch mag irren.

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Wein

Du mein Wein, Adelsblut der Natur,
Nicht wahr, du lebst,
Du fließendes Juwel?
Wenn du dich im Lenz erhebst
Und an die Fässer pochst,
Willst du hinaus,
Unband du,
Hinaus zu den Deinen,
Die da blühen und innig duften
Auf sanfterlesenen Hängen um braunes Gemäuer.
Wie's da rüttelt dein Feuer,
Dein Leben!
Wie viel Geschlechter hast du schon selig gemacht:
Männer mit reinheitstarrenden Ehrenkrausen
Auf rankendem, schwarzdamastenem Taft,
Du glutetest ihnen die kühnen, hellen Augen,
Die weit die Lande umfassen
Und folgen den palmenzuwinkenden Schiffen,
Wagemutigen Meeresboten,
Die den gedankenglutenden Westen,
Den süßentzündeten Süden
Mit stählernem Norden
Tauschen wollen.
Du nährst die schwimmende Träne des Mannes,
Der allüberwindenden Stärke,
Die Träne, die nur Sieger fühlen ...
Und an die klar gestaltete Glut
Deiner rebkrausen Ratskellerfenster,
Die tief in die Seele
Scheinen festliche Andacht,
Schlug das welterobernde Lachen
All dieser sieghaft heitern Geschlechter.
Du aber throntest
Hoch auf mächtigem Rund
Deines flüssigen Reiches:
Eine bübisch lächelnde, schelmische Sonne.

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Ein Stück Düsseldorf:
Städtedichtung, Kein Denkmal, Heines Geburtshaus, Ein Denkmal, Geranienrote Dächer, Jesuitenkirche, Kneipe

Städtedichtung

Zu Düsseldorf am Rheine,
Jan Willem sitzt zu Pferd,
Wo bitterschön der Heine
Den Hippogryphen seine
Wildhufend graziosen
Gambaden meisternd lehrt.

Kein Denkmal

Henri der stechendweiche,
Den man so hoch verehrt,
Daß hin zu seinen Streichen
Nie mag ein Denkmal reichen,
Henri, der bitterhöhnend
Den frumben Rhein empört.
Der hat den Rhein besungen,
Wie niemals ist gehört,
Sein Lied ist hingedrungen,
Hat roh dich hoch gezwungen
In deiner breiten Jacke,
Dich, Spießer, aufgestört.

Heines Geburtshaus

Ein leichtsinnkrankes Höfchen,
Ein Bäumlein und ein Hahn,
Das Häuslein da ein Zöfchen,
Hecktisch Champagnerschäfchen –
Das Bäumlein will nicht wachsen,
Dir Hahn kein Morgen nahn.

Ein Denkmal

Jan Willem vorm alten Schlosse
Im Markte sonnig blank,
Auf Cinquecentorosse
Ein Medicäergenosse,
Zu Füßen, Preis des Volkes,
Der Grünfrau Kranz als Dank.

Geranienrote Dächer

Vom nahen Holland fanden
Die Bürger froh sich ein,
Die Giebelguirlanden,
Die sich zum Willkomm wanden.
Nach 70 Prunkkasernen
Nun neuer Jugendschein.

Jesuitenkirche

Die blauen Wolken oben,
Die duften wundersam,
Und haben sich verschoben
Ganz hoch sich aufgehoben –
Bunt in die Bilderscheiben
Die klare Sonne kam.
Hoch der Altäre Prunken
Wölbt sich wie Wolken hin,
Im Dunkel goldene Funken.
Abseits Gebet, versunken,
Krauswilde Schmiederanken
Ein Licht im Dämmern drin.
Ein Licht, wie droben knistert
Wo strahlend steigt ein Schatz,
Ein Licht hienieden flüstert
Wo mildiglich es düstert:
»Maria Schmerzensmutter,
Gib mir am Kreuze Platz!«

Kneipe

Zu Düsseldorf am Rheine,
Da musiziert ein Haus,
Wie wirft es seine Scheine
So spät und ganz alleine
Hin über weiche Fluten
Und in die Nacht hinaus.

Und in dem alten Hause
Ein Trio findest du,
Trepphoch die Bauernklause:
Das Auge bohrt das grause –
Das ist allein das Eine –
Die Geig' geht immerzu.

Ein jammerstumm Gequäle,
Von allen Lastern krank
Hintastend Blickgeschwehle
Ein Ächzen in der Seele –
Gesund nur ist die Fiedel,
Und Hölle schlürft den Trank.

Ein Barde da der zweite,
Die Feder am Barett,
Tritt hin zu seiner Seite,
Sein Wams spannt in die Weite:
Ein deutscher Strom sein Singen,
Ein Strom nur etwas fett.

Sonst recht ein Minnesänger
Aus bunter Ritterzeit,
So recht ein Herzbedränger,
Ein Güldendankempfänger
In blauen Lockenprächten –
So frank, so frei, so weit.

Des Sinnes frohe Freite
Das blaue Auge warm,
Und ist ein Hochgeschreite,
Viel kühne Nackenbreite,
Die Glieder Mannesblüte,
Leicht, gut und ohne Harm.

Und neben Mährens Sohne
Am kleinen Tisch zu dritt,
Der trägt die Bürgerkrone,
Von Leichtsinn keine Bohne,
Der pustet Klarinette,
Trinkt dann gemessen mit.

Schwarz Buckel mit Manschetten
Setzt zu den Gästen sich,
Goldköpfig hochadretten,
In Themis Wagenwetten,
Als Advokat verschlagen,
Hochausbesitzerlich.

Agrarierzähren flossen
Als wie ein goldner Bach,
Noch eilig hingegossen,
Um zweie wird geschlossen,
Die Kellner gehn und räumen
Man fährt aus jähen Träumen –

Jach empor.

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Zwei Weise:
1. Seeräuber, 2. Page und Prinzeß

1. Seeräuber

Herzogstochter:
Hilfe! Hilfe! Allvater! Allvater!
Seeräuber:
Ist der für Weiber da? Lästere nicht!
Herzogstochter (lauter):
All–va–ter.
Seeräuber:
Daß ich nicht lache.
Was willst du denn mehr?
Denn sieh, der Schrecken der Meere kommt zu dir,
Dich in seine Klippenarme zu nehmen,
Die – Wotan sei Dank – noch jeden Feind mir erwürgt haben,
Daß seine Wangen blau wurden,
Wie der lachende Himmel der Heerfahrt.
Sieh, ich komme dich nehmen,
Wie du dastehst
Ohne Mahlschatz.
Denn du berauschest wie haßaufdampfendes Männerblut auf scharfer Wehr,
Wie Wogenschaum jauchzend in blendender Sonne.
Flutende Krone.
Herzogstochter:
Vater! Hakko, Hakko
Bruder! Eddo!
Seeräuber (zeigt lachend auf sein Schwert):
Hier sitzen sie daran,
Sie hören dich bloß nicht.
(Sie anfassend.)
Aber Täubchen bin ich dir nicht mehr als alle zusammen?
Komm!

2. Page und Prinzeß
Page:
O, Prinzessin,
Eine Flamme
Eine bange Flamme,
Steigt mein Herz
Auf zu dir.
Sieh, ich weiß
Das wird nicht lange dauern,
Es muß ja sein,
Dann, dann – o ich sterbe gern für dich.
Sieh, dann betest du
Aus dem schönen, schönen Buche,
Das dir der Mönch gemalt hat –
Denn du kannst ja lesen
Und ich bin so glücklich,
Wenn ich das nur weiß.
Sieh mal, liebe Prinzessin,
Wie du nun die Hand mir auf die Locken legst
Das macht mich – so stolz.
Denn wie du nun sanft mir tust,
Daß mich alles durchrieselt,
Ja da greift dann der Henker hinein,
Wenn er so weit ausholt
Und einen Streich zieht, der dann
Ganz von Blut wird.
Und nun liege ich da auf der Heide,
Wie lauter Blumen,
Die ich früher mal weggenommen habe.
Und du, du Prinzessin,
Mußt die Stelle gut merken,
Weißt du!
Die Blumen, die ich dir da brach,
Die mußt du dir dann selbst wohl brechen.
Nicht?
Das tust du doch.
Siehst du, ich habe sie ja alle
So recht von Herzen
Mit meinem Blute getränkt
Für dich.
Man erfüllt ja einen letzten Wunsch.
Nicht erst in den Kerker,
In das dumpfe Grab meines jungen Lebens:
Ach nein, sogleich hinaus
In die eben erst erwachte Sonne,
Die golden lächelt,
Wie der Kronreif, der so fein dein Haupt umhegt,
Hin in den klaren Morgenwind
Unter die arglosen Lieder der Vögel,
Denen wir früher zusammen so gerne zugehört
Und dann für dich in den Tod.
Du brauchst mich nicht so traurig anzusehen,
Glaub' mir nur, ich sterbe sehr gern.
Ich sehe ja in seinem Gesicht
Deine Augen.
Und so kann ich hinüber gehen.
Ist das nicht schön?
Prinzessin (weinend, küssend und immer wieder streichelnd):
Liebster.

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Tamerlan

Unwirtlich
Leben soll kommen.
Munter will ich es haben,
Munter von zuckenden Toden,
Denn das nur ist echt.
Reiche will ich zusammen mir reißen,
Wie einer, der friert,
Um sich versammelt die Decken.
Meinen kleinen häßlichen
Braunen Körper
Den will ich verstecken
Unter tausend großblumigen Decken.
Die Blumen sind rot,
Die großen Blumen
Vom Blute der Männer.

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Salome

Meines Blutes böser Reigen,
Mordend, flehend.
Sollst dich einem König zeigen –
Mordend flehend.
Sollst umschlingen,
Und umzwingen
Dir ein Haupt,
Schwer von strengem Haar umlaubt.
Dieses Haupt hat sterben müssen,
Nun kann meine Inbrunst küssen
Hassend heute, morgen klagend,
Drohend es im Herzen tragend.
Meines Blutes böser Reigen,
Mordend, flehend ...

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Vagantenweihe

Zugvögel ziehn in grauem Ernst,
Da stehst du Walter nun und lernst,
O vanitatum vanitas.
Die Jahre welken 's greise Haupt.
Fast steht der Hain schon blattberaubt –
Wie kalt des Regens dünnes Naß!

Und doch Kopf oben! unverzagt,
Der Jugend Rosen unbenagt,
Trotz vanitatum vanitas.
Sie regen sich voll dunklem Duft
In ewig blauer Feierluft:
Der tiefe rote Kuß macht das.

Ich hab' viel Marterbilder hier,
Sind gar geringe Kirchenzier!
Und voll von Pein und vanitas.
So mager, leer und dintenvoll,
Der Saal, darin Latein erscholl,
Ein Männlein da, das Leder ganz.

Die Sonne leuchtet treu und warm,
Da leuchtet Lieb' mir schon im Arm,
O iuventutis sanitas.
Die wieder weichen Lippen los
Wie Elfenbein, die Hand im Schoß;
Von blauem Glanz die Augen naß.

Und dann ein Blick aus warmem Lid,
Der wieder tief ins Traumland flieht,
Der vanitatum vanitas.
Des Odems Duft durchgraust mein Mark,
Das weiht den Mann, das macht ihn stark,
Ja bis zum Gotte hebt ihn das.

Und meidet mich die Klerisei,
Weil meinen Wirbel floh die Weih' –
Nur vanitatum vanitas.
Das ist ja nur der pure Neid,
Der hüllt sich dann in Kreuz und Leid
Und donnert los im Lügenbaß.

Das Altarbild gar lieb und hold,
Erhellt von zartem Lichtergold,
Das, Himmel, ist nicht vanitas.
Das ist ein Tag, der ewig steht,
Mir niemals aus dem Sinne geht,
Ein Tag im Wald im weichen Gras.

Das alles war so ernst, so tief,
Wie sie so himmlisch lag und schlief,
Trotz vanitatum vanitas.
Und Blumen frisch und Amselschlag,
Der weihen Ruh' ich denken mag,
Des weichen Golds im grünen Gras.

Ein Ruf, von wo, der sich verlor,
Da fährt sie scheu vom Grund empor:
Dein Schrecken, Kind, ist vanitas.
Die Locken fahren wild herum,
O Gott im Himmel, war das dumm, –
Ich nenne meine Weihe das.

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Mein Kreuz

An meinen Werken bin ich aufgenagelt,
Ich bin so tot, wie sie lebendig sind.
Mein Blut ist all in sie hineingeflossen.
Zerwühltes Himmellager. Schwefelwerk
Baut heiß und gleißend, schwer und schwarz sich auf.
Ich bin so tot, wie sie lebendig sind
Und fühle hinter meinem Haupte rascheln
Wie welken Kranz den Saft der mir entstieg.
Der mich verließ
der treulos floß hinüber.
Wie eine Schmähschrift
Zischelt sich's ins Ohr mir:
Ich bin so hoch, wie die da niedrig sind.
Und bin so ganz verkehrt an jedem Sein,
Ein Spielzeug strenger Himmel, das zerbrochen
Von Anbeginn.
Und mürrisch läßt
Es mich im Winkel – und schwingen blühend
Hin hohe Reigen. Frageliebesblick
Munterer Weltenmädchen
Plaudert.
Und wie ich niederschaue totverloren,
Da wiehert auf das Kaffeehaus und reicht
Aus spitzem Keil, dem tintengiftumgrünten –
Aasfliegen strotzen so im Schillerpanzer –
Mir einen Wisch mit Lauge.
Von Doktor So und so.
Und Jüngerfrauen,
Die stehn gar mildiglich verwundert, unverwandt
Zu mir empor zu schauen.
Dann ruft der Topf sie
»Leben Sie recht wohl, Herr Hille!«

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Verwalte dich selbst

1.
Bist du da, aus weißem Scheitel
Wilde Würde auszuscheinen
Wie die Kerzen, die so eitel
Prunkgemächer zeigen,
Der Gardinen leichter Reigen,
Tische hell gleich lichten Steinen.
Doch das Dunkel will nicht weichen.
Nicht einmal aus dem Gemach.
Nicht die müde Würde,
Nicht des Amtes tief begrüßte Bürde
Müd und matt,
Da man nichts getragen hat.
Ich will Taten,
Taten will ich tun.
Neue Welten tragen.
Schreitend Berge überragen,
Dann bei anderen Menschen ruhen,
Die wie sie auch durchs Leben rollen,
Steigen wollen.
Nichts Eingewickeltes, kein Ehrenkleid
Und keines Ordens nichtiges Geschmeid,
Ich tue nur, verwalte nur mich selbst allein
Und fange an, ein Mensch zu sein.
Ein Mensch, der von der Erde, von dem Himmel
Nimmt und ihnen wiedergibt
Bei dem alldrängend Geistesteilchen wimmelt
[91] Die leuchten wie sie ihn genippt.
Ein großer, der das Ganze zieht aus Teilen
Es gibt ein Fallen, das Gesetz und Weitereilen.
Da ist alles Sehnen
Und das wird treiben,
Da gibt es kein weltüberschreitendes Wähnen
Unfertiges Bleiben.
Da ist kein hohes Weltüberschreiten
Das rasend bewunderte Hütebegleiten
Die Straßen entlang auf beiden Seiten.

Alles nur kein plumpes Graus
Zurück das alles und da wenn ich winke
Lallend stotternd genug das Gebraus.

Bist du da, aus weißem Scheitel
Milde Würde auszuscheinen,
Wie die Kerzen die euch eitel
Prunkgemächer zeigen,
Der Gardinen leichte Reigen,
Tische hell gleich leichten Steinen?

2.

Nein,
Sei und strahle
Die durch dich gegangene Welt
In deinem Striche weiter.
Dann steigen dir von deiner Gäste Mahle
Blitzende Pokale
Dir ferner Liebe Feuerwein.
Blutdunkel schmiegend wärmt.
Und dieses Blut wie Wangen fahl gehärmt,
In nah' erloschener Augen neu Geleucht.
Wie eine Mutter die an ihrer Liebe säugt
Das schlummerspielend ungesorgte Kind,
So fühlst du die von dir schon alle steigend sind.

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Aus den Liedern des betrunkenen Schuhus:
1. [Was die Gelehrten reden, ist nur Kohl], 2. [Des Urwalds Riesen splittern]

(Im Kirchturm.)
1.
Was die Gelehrten reden, ist nur Kohl,
Denn eine taube Nuß ist ihr Symbol,
Wie diese ist ihr Schädel hohl,
Der Schweine Leder ihr Idol –
Der Weise weihet sich dem Alkohol.

Bim, bim, bim, bim,
Bin bös, bin schlimm,
Kommen gelaufen und ärgern einen.
Immer sind sie auf den Beinen,
Mag's nun regnen, mag die Sonne scheinen,
Und ist ein Gegröhle, ein Weihrauchgestänker,
Hol' sie der Henker!

Sonst ist alle Zeit
Hier oben Einsamkeit,
Denn der früher hier heraufgekrochen,
Hat den Hals gebrochen.
Wie ich im Nu – kiwitt, kiwitt,
Geh' mit, geh' mit –
Den letzten Rum gestohlen,
War er noch da, sich Schnaps zu holen.

Gluck, gluck, –
Dann tat es puck!
Im Turmgebälk und Branntewein,
Da muß man schon ein Schuhu sein.
Nachts lassen sie mich hier in Ruh',
Und wenn sie dann die Klöppel schwingen,
Die dröhnenden Dinger wie Donner singen,
Da seh' ich zu
Und schlürf' in langen Zügen
Aus allen meinen Krügen
Kognak, Korn und Aquavit
Und habe mein Vergnügen.
Wenn wohle Glut die Nacht bezieht,
Das ist mir mehr wie Morgenrot,
Und morgen sind viel Häuser tot.
Grgsgi,
Der Teufel hole sie!
Dreck! Komm, Karlineken, komm,
Mach' mich fromm,
Daß ich in den Himmel komm!

2.
Des Urwalds Riesen splittern
In Nacht durchflammenden Gewittern.
Es heult wie Knäul von dem Wirt geschoben,
Auf stillen Straßen mit wilden Messern toben;
Dann bin ich in meinem Element,
In meinen Augen einsam brennt
Das Menschen hassende Temperament
Melancholie.
Das düstere Gestirn Genie
Flammt
Verdammt
In meinen zwei Pupillen.
Donner groß und hoch der wilde Willen.

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Dem Hohen

Weltatmender, der du Geister,
Urfunken der Liebe,
Mit dem Brandmal der Geburt
In Leiber schließest
Und schleuderst fort den Schlüssel.
Und so finden sie sich
Und du fühlst sie
Und schwellend, voll brausender Güte,
Zieht deiner Welle göttliche Flut
Schwellend entgegen
Mit ganzer Seele dir Zudürstendem ...
Oder sie verlieren die einsamen Schritte
Und du wirst kalt mit ihnen
Kalt wie das, was nicht du ...
Überwonniger,
Freiheiteingeborener;
Jedwed' Lob verhöhnt deine ragende Fülle!
Denn es begrenzt die ewigen Glieder
Der stehenden Tiefe, der steigenden Geister,
Der fallenden;
Wärmende Werke hegen
Im quellenden Schoße der Seele,
Das weckt dein Leben!
Gnadenquillend erwachend
Stürzt auf uns ein
Höhenwärts wirbelnder Segen.
Wie sollen wir zählen
All deine ragenden Wipfel?
An allem lebst du empor!
Wie sollen dich wir halten?
Fassen wir dieses:
Entschwebt nachlachend uns andres.
Was sollen wir glauben?
Da unser Auge und Antlitz schon lügen!
Was sollen wir forschen?

Dein Wille geschehe ...
Wir wollen nur lieben wie du.
Dann lieben wir dich.

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Jesus

Über seelenbange Wangen weinten
Warm verdüsterte Himmel heißes Blut.
Über dürrer fremdschmachtender Erde
Gingen wilder Missetaten büßend helle Beschwerde.
Fühle über mir das dornengroße
Güte glühende Haupt
Umfangen ...
Von mir.
So spräch' meine Seele,
Himmelerquickend
Den seligen Tau
Überquellender Liebe
Auf das dornenhohe
Tauschmachtende Haupt,
Du Welt Hinliebendes,
Du Welthinliebendes
Dich weinen
Hin
In Jubel
Dich!

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Karfreitag

Karfreitag
Karfreitags Krone. Heldenkönig! Einsames Haupt.
Verstoßen. Erheben
Die feige Flucht verdammender Hände.
Ein suchender führender Quell.
Wenn ich erhöht sein werde, will ich alle zu mir ziehen.
Und die Welt, die schwere Welt, die leichtsinnschwere Welt,
Fast schon oben, reißt ab, eine Wunde reißt auf,
Der Seele, Wunde des Leibes, Wunde des Todes:
Vater verzeihe ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.
Zum schmerzlichen Hohn der Dornenkrone
Fallen kühlende Tropfen fühlender Größe.
Dem bedeutenden, einsamen Menschen an seinem Tage nahe sei,
So ist stiller Freitag, so ist Ostern
Trauerhelles Opferglück.
Abschiednehmendes Wiedersehn.

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Blutende Eiche

Heinrich von Kleist.

Blumen sind hervorgebrochen,
Die zittern voll Blut
Und können nicht sagen,
Was da war ....
Klagende Farben ....
Blutende Eiche.

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Lord Byron

Antonius-Bakchos,
Ein ewiger Etonboy,
Erzog dich die Schönheit
Zu weicher Kraft und zu starker Schwäche.
Eine Schicht Held und eine Schicht Unart.
Tagumdrehender Freund der Natur,
Freund der Nacht –
Früh zogst du dir den Schnee aufs lockige Haupt
Und fielest vor deinem Tode als Held
An deines Leibes eigenem Mute.
So recht deinen eignen Tod
Bist du gestorben,
Eigen im Opfer
Nervöser Held.
Deiner Knabenschmerzen holder Trotz,
Sinnenstarke Knabenträume,
In königlichen Willens freien Stolz gefügt
Ragen deines Fühlens Bildnisreihen,
Empörung gegen die Satzung, die anders gewendet,
Du selber verehrtest!

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Arnold Böcklin

Zum 75. Geburtstag des toten Meisters, am 16. Oktober.
Er ging dahin wo seine Werke wohnen. –
Mit angetürmtem Nacken ihm zur Seiten trabt der Eroberer.
Aus tiefem Sande grinsen fremde Zeichen:
Gebeine sind es, die so leuchtend bleichen.
Vor rohen Hufen knirscht die heiße Wüste;
Grün steigt ein Hügel auf und ruht
In Blumenkühle aus vom heißen Gleißen.
In träger Schräge ruht ein alter Faun
Und glotzt in Weiten, die wie bald verloren ihm,
Mit schwerem Auge, fremdbekümmert.
Ein Fäunlein, goldnes Stroh im roten Nacken,
Reckt tief zum Quell die drallen Bäcklein nieder.

Genug gesehn! Ich will mir selber lauschen;
Da kommt ein Wald, der soll mir rauschen!
Wie klopft des Mittags Angst! –
Gescheckt, erschreckt
Die starren, steilen Stämme.
Hoch und tückisch,
Das seltsam bösgedrehte Horn voraus:
Das Einhorn ...
Sinnig-wild
Aufblickt des Märchens üppig-fremdes Auge. –

Da von der Rechten schwellend atmet's Raum,
Hebt grüne Wipfel hoch noch über die blauen
Und bietet Erde, bietet Himmel, Sträuße, Schaum
Und schlägt lustkreisend einen Purzelbaum:
Und blickt wie Angst, wie Trauer der Unendlichkeit,
Wie Irrsinn, wie wehlachend Spotten:
Das wilde Element! –
Und Abend wird's; das Meer ging ferne schlafen.
Ein braunes Glöckelhäuslein.
Da steht, geneigt
Das weiße, stille Haupt, der braune Mönch und
Geigt und streut wie Blumen nieder
Zu Füßen der Maria späte Glut. –
Auf Zehen, seine Wangen voll und fromm,
Ein Büblein lugt; leis zittert seiner Schwinge
blaugrüner Reif ...

Er ging dahin, wo seine Werke wohnen;
Sie leuchten heißer auf in ihrer Seele Saft,
Die Urgeburten dieses großen Lebens!
Ein frohes Tosen wiehert der Stromsturz
Nieder; die Wälder öffnen atmend
Befreite Brust.

Die großen stummen Seelen bitten
Der ungeheuren Dinge und der wilden Welt:
»Du bist nun da; so löse uns die Lippen;
Du weißt uns alle träumen unser Brausen!
Des Lebens Wein in heitrer Andacht trinkst
Du prüfend und bei hohem Lächeln neigt
Sich leicht dein Manneshaupt, da dir Freund Hein
Auf seiner Fiedel so Wundersames geigt.« –

Dein Gruß: im Feiern neigt er sich dem Tode;
Des Wageblutes Scharlachstürme lodern;
In bleicher Stille ein zypressendichter Schlaf –

Er ging dahin, wo seine Werke wohnen.

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Krol Duch

So ein Menschensinn,
Ihr wißt ja nicht,
Wie groß der ist,
Wie gewaltig und fest!
Weilend und eilend
Ein Proteus.
Überallhin, überallhin
Reichen reine Kräfte,
Die sich der Triebe begeben.
In zarten Farben
Atmet der Geist ein seliges Leben,
Bange vor Fülle.
Alles ist von Blumen zu,
Wo gibt es ein Ende?
Über alles rieselst du hin,
Göttlicher Geist,
Und schaust dein selber
Beschwichtigtes Schicksal,
Und freust Dich,
Eines gewaltigen Vaters der Dinge,
Der nirgends wohnt,
Um so glutender naht seine Kraft
Den wachsenden Söhnen,
In ihnen wächst er drängend
Über die Erden,
Neu sie erschaffend,
Unverlassen,
Anders gestaltet,
Kann er die Welten
Und ihr buntes leuchtendes Leben
Ruhend aus sich tun.
Sein Sein schon ist Leben.
Farbige Weihe,
Ungeheure Angesichter
Her zu mir gestellt
Aus der Unendlichkeit,
Und starke deutliche Hände
Mit festen brüchigen Daumennägeln,
Knoten an den Gelenken
Und blauen täglichen Ärmeln,
Oder ziegelroten
Und breitem, weißen, lässigen Aufschlag,
Die kommen mir aus dem klaren,
Dem Blicke weichenden Himmelsgewölbe.
Ein Wortbauer,
Gestalten sinnend,
Gesetze gewinnend
Von hüben
Und drüben,
Zuwartend,
Rein mich putzend
Und liebend, liebend.
Die brennende Sehnsucht
Zum weiteren
Leben und Tod
Und Sterne
Und Sonnenbahnen
Aus meinem helleren,
Tieferen Geiste zu lesen,
Sie wird gestillt nach Gesetzen
Zur Zeit.

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Für einander

Ein Kreis von Erde das ist ein Zauberkreis
Über alle Hexenkunst.
Diese deine Erde drängt sich dir empor
Und aufsteigt deines Geistes Domes Chor.
Du wirst von ihr: dein Leben
Wird sie rauschend überschweben.
Und von ihr grüßen
Hoch in frohem Wipfelhaupte.
An weitem, blauen, heiterreifen Himmel.
Und willst du ruhen,
So schlägst du aus der Brust
Dir der Erde breite, warme Falte;
Wie ein Krieger seinen Mantel schlägt,
Den feldgewohnten,
In fest geronnen scharfer Nacht
Um seines Heldenherzens müd' Erkalten,
Daß frischer Morgenwind
Noch die Glut mag finden und erwecken.
Die wachen Sterne aber hüten treu
Im Lebenslager all den starken knappen Heldenschlaf.

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Kosmos

Elementarlied.
So leichthin lächelnd – Gesetz darin.
Und es ist eine Welt geronnen.
Den Göttern ist eine Welt gelungen,
Wie mir die meine.
Und ihre Qual,
Denn die haben sie.
Qualen tragen die Schönheit.
Ungeheuer.
Und schaffe nicht auch ich?
Dein blühendes Schicksal.
Dein blauer, tauender Frieden-Himmel lächelt
Schmerzlich geschlossen,
Und peitscht mich wieder hinweg von mir.
Und all meine Lieder trinken bitteres Wasser.
Ruhlos peitschenden Mißklang.
Und röten gereizt üppige Gewitterblumen
Zu hohen Ahnungen auf.
Ihrer Kelche verwegen schwellenden Purpur:
Tief in die Brust.
Brennt nicht ihr böses Feuer
Das böse Feuer des schwarzen Gewebes,
Und ich finde nicht Ruh
In allen den wandernden Wogen
Des auseinander-
Geratenen Meeres.
Und es wälzt mich meine lechzende Seele,
Wie der heiße Leib der Höhe
Rötlich ruhlos
Welkt zusammen die wuchtenden Wälder
Grellaufschreienden Gestades.

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Meine Erde:
[Meine Hände flammen nach dir], 1. Boden, 2. Weltschwellendes Lied, 3. Auf Mutterschoß

So ein verliebter Tor verpufft. (Goethe, Faust.)

Meine Hände flammen nach dir.
Sieh, wie die Sonne streichelt
Die lieben Bäcklein,
Die schämig tiefer erglühenden Bäcklein
Liebfrommer Erde.

Wie so im Wundergrausenden
Dampfe des Lebens
Sinnen hoch ... träumerisch ... zwei Seelen der Seele.

Du Goldkerl du,
Du Prachtlump du,
Du dumme, dumme Erde,
Racker du!

Und Kuß auf Kuß, hungrig trinkend,
Rafft empor sie
Vom tiefabhangenden Haar
An das goldkräftig hingerissene,
Torheit strahlende
Antlitz der Liebe.

Die Menschen nennen das
In ihrer Seelen Schläfrigkeit
Dann gemächlich einen schönen Tag
Und stopfen dazu die lange Piepe
Mit Pastorentabak.

Was wissen die von unserer Liebe!

Es lächelt tief in den grämlichen Falten
Mühender Erde.

Meines Traumes jähe Frische
Lacht hell auf meinem Schlaf
Und hat ... was an der Hand, –
Dich!

1. Boden

Siehe ich bin eine traurige Erde,
Größemüde sinnende Landschaft,
Tuend ruhende Schwere!
Wie von Werken
Trauriger Wein.
So verlorenes Stärken:
Was?
Schwarze Vögel,
Wie ein Trauerband gezogen
Um leisblaue zarte Schultern
Sehnenden Himmels,
Mit so nahen spähenden Augen,
Die was Schnelles sagen,
Kommt mir geflogen,
Die fragend, kündend.
Fichtenzweige sind getüpfelt.
Wie taubes Gold in welker Hand,
Das bietend keinen Nehmer fand.

Flog mal an geschecktes Licht,
Ein verstecktes Kindsgesicht,
Flog mal an.
Ist wo verhalten Lieb in linder Luft
Listigen Taumels wonniges Leben,
Flüsterndes Sprühen
Verstohlen hinüber –.

2. Weltschwellendes Lied

Über grüßende Klüfte und Büsche zieht
Und junge Vögel wiegende Wipfel
Zwei gelbe Falter ...
Ein Haschen, ein Fühlen,
Vorüber ...
Das währt, das währt.

Seliger Flug,
Hier in den Himmel
Die beiden es trug:
Mit vier Blättern
Zwei Blumen.

Was so schwer in der Erde,
So ganz schwer –
Aller Frühling schweigt
Und singt sein leuchtend schwellendes Reifen.
Allmenschen.

Braunes Mühen,
Perlen des Fleißes,
Rosen auf greifenden Knäufen.
Bilder rohrleichter Hütten.
Hurtige Schultern des plaudernd
Kindlich treibenden Wichtes
Tragen über das Tal zu anderem Hofe
Ziegen und Frucht –
Grüne Weiten.
Ziegenerstiegene.

Schmerzen wühlen
Schmerzen, seliges Sichlegen ins Grab –
In Erde all:
Schwanken der Seele zur Höhe –

Die Lüfte sind müde
Schwer vom Fremden,
Vögel darin,
Schwarze Vögel mit harten, bohrenden Seelen
Dunkelrunden Augen,
Blankem bereitem Schnabel.
Schwarzer Scharen fliegendes Fragen,
Zusammenrufen
Dunkelbeutefroher Ruf.

3. Auf Mutterschoß

Betende Hände,
Gottbetroffene Jungfrau,
Flattern und Beben,
Heiliges Lallen:

Mein Werk ist träg in der verdürstenden Geister
Verdürstetem Greifen.
Dunkelruhen!
Gebären. Arbeit,
Bang, groß,
Seelen in hastender Arbeit.
Alle halten zusammen und – haben nichts.
Qualen die furchtbar sind.
Unerhörte Worte
Unerhörter Dinge.
Und es sollen Frühlinge sein,
Und – Trauer ist Jubel.
Ein Brausen in lichtentschmetterndem Ringe.
Und fern, wie sehr,
An goldbraunen, reifen, jubelnd roten, blühenden Wangen.
Starkes Gekicher.
Tänze gell wie Sonnenlohen.
Tamburin, wirbelnd
Wie goldumzügelte
Blumen der Sonne.

Schlummre, Frühling,
Im Dunkel einer Trauer,
Und wie ein Kind
Sprießt du immerzu
Violette Blumen des ersehnten Herbstes
In vergessen geschlossener Hand.

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Waldstimme

Wie deine grüngoldenen Augen funkeln,
Wald, du moosiger Träumer,
Wie so versonnen deine Gedanken dunkeln,
Saftstrotzender Tagesversäumer,
Einsiedel, schwer von Leben!

Über der Wipfel Hin- und Wiederschweben:
Wie's Atem holt
und näher kommt
und braust,
Und weiter zieht
und stille wird
und saust!
Über der Wipfel Hin- und Wiederschweben,
Hochoben steht ein ernster Ton,

Dem lauschten tausend Jahre schon
Und werden tausend Jahre lauschen.
Und immer dieses starke, donnerdunkle Rauschen.

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Waldnacht

Ist das eine rüstige Nacht.
Da fühlt man sich.
Wie meine Schritte treffen!
Und allen Boden wecken wollen.
Und er gibt Antwort.
So weit.
So klar.
Man meint: es ist Wort.
So grau und fein und deutlich.
Und riecht wie ein Kristall.
Die graue Perle der feinen, rüstigen Nacht.
Die nichts gibt, nichts nimmt, sein läßt.
Und sehe ganz deutlich meines Atems, meines Lebens Baum
Und stoße ihn vor mir aus.
Ja, das tut wohl.
Da könnte man immer sein.
Immer gehn.
Immer Leib haben.
Als könne der nicht von uns lassen.
Licht ist nicht zu sehen.
Nicht oben.
Nicht unten.
Das machen meine Augen, meine klaren gesunden Augen.
Juhu!
Und habe mich je im Grübeln gekrümmt?
Komme ja hin.
[108] Komme überall hin.
Es wird wärmer.
Wohl nur von mir aus.
Ich bin ja alles hier.
Und wie eigen, warm vor Leibhaftigkeit die große, weiße Wolke leuchtet.
Wo kommt sie her?
Was scheint sie an?
Ist ja nirgends Licht zu sehen.
Nirgends Licht, nirgends!
Auch eigen?
Wie ich.
Und lockt so stark, so wollüstig wie sonst des
Weibes schwellend uns empörender Frieden.
Und so keusch wie nur die weite Welt.
Das ganz Durchdrungene.
Ich lese mich zurück, lese mich weiter, lese mich
aus allen nahenden, beflissen farbigen Mantelgestalten des Haines.
Kein Lied fällt nieder.
Kein Vogeltraum.
Wir selbst sind Leben.
Eigenes Leben.
Und einen Rausch habe ich.
Höher als der von blödem Gegorenen.

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Pfingstgewitter

Löwe, Adler ihre stürzenden Grausamkeiten sind mehr als
Lammverspeisen und Verzehren von Ziegen. Sie haben Sein.
Sein der Höhe.
Ihr fragenden Grausamkeiten halte ich in mir, ein geduldiger Löwe.
Ich stöhne den Rager, den Weltvergießer
Ich brülle den Reißenden.
Bin Gewitter wie das, das da oben kommt

(Fernes Donnern. Leiser Blitz)

Ich behalte meine Blitze:
Zerrissener Himmel
Gewaltiges Wort.
Und ist da oben wer Schriftgelehrter:
Mag sein Gewand zerreißen.
Bardenwart der!
Ja, ja du Bardenwart der Lüfte, und wenn du noch so brummst.
Ragender,
Weltvergießer,
Frierst du nicht, so oben?
Wirst du nicht wahnsinnig,
Da so gar nichts dein ist.
Wer alles hat, hat wieder nichts.
Sollen wir?
Dir Gesellschaft leisten?
Mit dir spielen?
Bist du nicht Kind?
So mußt du es werden.
Und besonders wir Dichter.
Wir?
Was weiß ich von anderen,
Bin ich nicht auch wie du?
So eigen allein!
Ob auch nicht ganz
So mächtig.

Ich will dich unterhalten:

Weiße Flammen taumeln,
Tanzen der jauchzenden Feuerreigen
Glühender Welt.
Leuchtende Gewitter blühen,
Klaräugige Stürme, Wolkenjäger
Wischen den sprühenden Schweiß
Von hämmernder Stirn.
Und wilder Segen ist,
Himmeltaumelnde Trunkenheit,
Zausen starker Neckerei.
Dankbar blüht da Lächeln aus tauig taumelndem Grunde.
Safttollende Kelche strotzend frischer Feuer bluten.
Weiß geschürzte Reigen,
Drängend leuchtende Gewitter
Drücken ihrer schwellenden Früchte
Berauschend erquickenden Saft
Auf diese weiß geschürzten selig auf-
schmachtenden Reigen,
Warme Wolken gleiten glückleuchtend spazieren.
Umtaumelnd Mutwill, fromm die Erde, fürchtende Freude.
Wie sie ausbricht, die jubelstrotzende
Leidenschaft zusammenziehender Höhen.
Nachtigallenstürme aus wonnewankenden Wäldern.
Weichstark dringen klingender Seele –
Jubelnd stirbt sich's am Lied.

Adler schreien und schlagen nieder
mit jauchzendem Gefieder
Das dunkelgolden streitende Gewühl des Gewölks.
Silberscharf
Zackt das Wort der Höhenleidenschaft
Hin zu Tal,
Und der Erde reife Zeilen
Sind gesättigt, und ist ein Spiel.
Frommer Mutwill
Auf zu lachend starkem Vater.
Und Schläge
Tollender Zärtlichkeit
Schallen ....
Rasendes Rauschen
Seliger Kräfte.
Wonne entwurzelt das Herz der Welt.
In traufender, strahlenschüttender Wollust vergeht die Sonne.
Zitternd am Tage entschlafend.
Blutende Wunden suchen sich
Zu süßmundenden Küssen,
Wohlige, rosige, ziehende Wunden. –
Weltenblüte
Verrucht vor Güte,
Flammende Wildnis
Ungezügelter Kräfte.
Blitzrankende Augen,
Leuchtende Dornen,
Scharfe Wildheit, bang, zerstörend,
Grausam scheu.
In Baum und Tier und mir
Lauschende Adern,
Wasserantlitz, wollust-klar,
Zitternder Zweige schauerndes Haar
Und aus Tollnis springende,
Wilde
Gebilde.
Spiel der Himmel,
Blumen und Blitz.
Leichtes Licht
Wie kriegende Kinder –
Springt und flimmert
Von Wolke zu Wolke.
Treu aufsteigende Flammenbäume
Unzerstreuet,
Ein Gebet –
Steht der Wald
Aufgerichtet.
Und des Himmels Liebe:
Morgenröte des Hasses
Auf geschliffener Schneide:
Sich anlachender Schwertblitz,
Fern aufgerichtet steht
Waffen auf den Wald gestützt
Mir des Blitzes Sohn
In Antlitz.
Und ist alles
Unzufrieden Blut,
Gattung der Welten.

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Tatkraft

Ich habe nicht traurig zu sein, nicht hilflos zu tragen.
Stark heiter. Das hab ich zu sein. Was lasse ich
Mir von jedem Wind die blöden Kohlen wieder
Anfachen, die mir in den Lenden stecken.
Ich verbiete mir, mich aufzubringen, traurig zu sein.
Ich verbiete mir, mich zu hassen.
Wann meine Lippen was tragen, was suchen sie:
Staub.
Ich verbiete mir von meiner Seele zu nehmen und nicht ihr zu geben.
In der Einsamkeit, eine wehe Sonne, da will ich leuchten lernen.
Erst Fertige gehören hinaus.
Die Flammen des Geschlechts sind dann eine Sonne geworden;
Eine weise Sonne für alle.
Dann werbt um mich.
Alle.
Mann und Weib.
Gleich.
Die hohe Leidenschaft, die Liebe zu allen Geschwistern
des Odems brennt glühender, inniger.
Mehr als Rauschvergehen ist Rauschtun.
Allen.
Daß sie ihn mitnehmen.
Als Weisheit entfalten.
Alle sollt ihr dann werben um mich.
Nun, altes Mütterchen,
Keinem versage ich mich.
Deine welken Wehen, ich verstehe.
Stille sie.
Und euch ihr Barden, wie werde ich dann euch erst lüften.
Ihr Unfertigen, die ihr euch an Unfertige kauert.
Wollt ihr auseinander.
Auseinander sage ich.
Ich will euch helfen, eure Blöße zu verdecken!
Ihr müden, mürrischen Felsen, die ihr die Nässe liebt!
Und dann meint: Ihr seid Gärten.
Es gibt nur einen Stern für uns.
Den Mannesstern.
Den grauen Stern der Tatkraft.
Und hoch lodert aller Welten suchendes Können in einer klaren, blanken, aller Kräfte Wirbel ruhig lachenden Flamme.
Das will der Weltvater von allen.
Ach ihr Schelme!
Ihr Träumenden!
Ihr leichtgewandigen, zierlichen Flammen!
Wie so schelmisch ihr tanzt – Barden auf Kugeln.

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Wachstum

Ich will nun innerer Herrscher werden.
Mag Inneres mich als Sklave schlau umschleichen.
Es stockt der Schritt, so nur sich etwas regt.
Da draußen, wo nicht reicht das Sein.
Also weiter wachsen!
Haben's gut die Pflanzen!
Weh und quälend wächst, was ein Mensch ist, in sich hinein.
Immer mehr hinein. Nicht hinaus wie die Pflanzen.
Wie eine Traumeswand mit Händen unserer Seele wir schieben. –
Aus grellem, fürchterlichem Urgebilde.
Da sollen wir denn hausen, in rundergossenem Kerker.
Eingekerkert.
Und nun freie klare Luft der großen Wirklichkeit.
O Traum, du furchtbar naher Nachbar.
Und wild, ganz anderer.
Und was werden dann für andere kommen. –
O Welt, bist du furchtbar:
Denn du hast einen Sinn.
Und den erfüllst du und marterst uns zu deinem Leben.
Und darum Geschlechtsfeste, denen Fleisch wächst.
So, nun, ihr schweren, scheuen Kymren Schöße,
Sollt ihr euch schwingen wie üppig bleiche Sterne,
Wie Anemonenseelen.
Äolsharfenglutend.
Maskenzug.
Cider.
Wollt ihr Cider dazu trinken?
Ernst berauscht sollt ihr Kinder wollen,
Nichtsverhohlen, verstohlen, insgeheim.
Nein, Kinder des Volkes. –
Zugewollt; wie einen Becher euch dem Vaterlande zugetragen.
Der heilige Gral.
Und wollt ihr nicht?
Wollt ihr nicht die Wonneströme durch eures
Lebens Ströme fließen lassen, so lebt euch geistig,
Frei und geistig aneinander hoch.
Und fallt ihr:
Nicht gar so schlimm,
So fallt auf Blumen ihr und Kräuter hin.
Und eine Nachtigall fliegt weg.
Und sprengt ein paar Wipfel weiter ihr Liederherz.
Des Dichters weihefarbne Sehnsucht
Sind die Erfüllung der Völker, das Lied der Welt.

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Brennende Einsamkeit

Brennende Einsamkeit
Schreit,
Gestalten kommen hervor, wo Völker modern,
Winkend die Fackeln der Himmel lodern,
Und da ich noch suche die Weite,
So schmiegt es sich mir an die Seite
Und lacht mir so nah' mit lebendigen Sternen,
Wie du sie nicht fandest in müdesten Fernen.

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An Gott

Deine Himmel sind mir viel zu süß:
Gib mir, mit freier Brust zu ragen,
Mit dir die Welten zu ertragen,
Wo du bist!

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➷ Heinrich Hart über Peter Hille (reich illustriert)

www.zeno.org/Literatur/M/Hille,+Peter/Gedichte/Blätter vom fünfzigjährigen Baum

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Erstellt am 26.01.2013 - Letzte Änderung am 27.01.2013.