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Wege zu geistiger Politik

Beiträge zur politischen Problematik der Gegenwart
Herausgegeben von KARL FRANK
Erstes Heft:

Das Erlebnis des Staates in der deutschen Jugendbewegung

Von
FRIEDRICH BAERWALD

1921
Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte m. b. H. in Berlin W 8

I. Auflage 1. bis 3. Tausend
Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, vorbehalten. Für Rußland auf Grund der deutsch-russischen Übereinkunft. Amerikanisches Copyright 1921 by Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte m. b. H. in Berlin W 8 - Gedruckt in der Buchdruckerei der Landesaufnahme. Berlin S 59, Urbanstraße 71

Inhalt
    [07] Geleitwort der Schriftensammlung
    [08],[09]
  1. [10] Die Bedeutung der Jugendbewegung innerhalb der deutschen Entwicklung
    [11],[12],[13],[14]
  2. [15] Das Bewußtwerden der deutschen Staatsanschauung in der Jugend
    [16],[17],[18],[19],[20],[21],[22],[23],[24],[25],[26],[27],[28]
  3. [29] Die Einstellung zum heutigen Staat
    [30],[31],[32],[33],[34],[35],[36],[37],[38],[39],[40],[41]
  4. [42] Die Aufgaben einer politischen Jugendbewegung
    [43],[44]
  5. [44a] Das Grunderlebnis einer politischen Jugendbewegung
    [45]
    Eigenwerbung: [46], [47], [48], [49], [00b]
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[07]

Mag auch alles so verhängt und dunkel sein, daß wir nicht in die Zukunft zu blicken vermögen, das eine bleibt mir sicher: Deutschland kann nicht untergehen. Und ich gründe diesen Glauben nicht wie die Prahler auf die Überzeugung von unserer Vollkommenheit und unseren Leistungen; sondern gerade aus dem Bewußtsein, daß wir uns noch nicht erfüllt haben, wächst mir diese Gewißheit. Das Deutschland, das wir im Herzen tragen, ist noch nicht Gestalt geworden.

Otto Braun

 

Zum Geleit

Die Schriftenreihe „Wege zu geistiger Politik”, die mit dem vorliegenden Heft zum ersten Male vor die breitere Öffentlichkeit tritt, ist eine völlig neuartige Erscheinung in der politischen Publizistik der Gegenwart. Sie ist herausgeboren aus dem leidenschaftlichsten Erleben des Krieges, der Revolution und der geistigen und politischen Not, in die das Schicksal unser Volk hineingestoßen hat. Sie setzt sich zum Ziel, die wertvollen politischen Kräfte, die in der deutschen Jugend ruhen, zur Klarheit der politischen Zielsetzung und zur Kraft des politischen Willens zu führen, um so dem Werk der nationalen Wiederaufrichtung zu dienen.

Freilich ist es mit einer solchen allgemeinen Zielsetzung nicht getan. Das Grundsätzliche bedarf der stärkeren Konkretisierung und Begründung.

Über die drängenden politischen Sorgen des Alltags hinaus gilt es zu erkennen, daß unser Wiederaufstieg als Volk eine Erneuerung des politischen Geistes der deutschen Nation zur Voraussetzung hat. Diese Erneuerung, deren wir bedürfen und deren Dringlichkeit an jedem neuen Tag neu erwiesen wird, ist aber nur möglich von der deutschen Jugend her. Je mehr es sich zeigt, daß es den verschiedenartigen Kräften, die sich heute vergebens darum mühen, unser nationales Schicksal zu meistern, allzuoft an schöpferischer, politischer Kraft gebricht, je klarer es zutage tritt, daß mit den ererbten Programmen und Dogmen der Parteien die Fülle der politischen Probleme nicht zu lösen ist, um so mehr wird auch die Tatsache deutlich: wir werden nicht eher zu einem nationalen Wiederaufstieg kommen, als daß Geist und Charakter unserer deutschen Politik erneuert werden durch die lebendigen Kräfte der jungen Generation.

[08]
Noch sind diese Kräfte allzusehr zersplittert, noch sind sie zu stark in gegenseitigen Widerstreit verkettet, und noch fehlt ihnen die so notwendige Klarheit der politischen Zielsetzung. Dazu kommt, daß, so wie die Dinge heute liegen, die deutsche politische Jugendbewegung im Zustand einer geistigen Krisis sich befindet. Trotz mannigfacher und wertvoller Ansätze kommt sie aus der Gebundenheit an das Alte noch nicht los. Sie erkennt nicht, daß es für sie darauf ankommt, eigene geistige Bedeutung und Selbständigkeit zu erringen und so ein politischer Machtfaktor in Deutschland zu werden. Man streitet noch zu viel über alte, längst verklungene Schlagworte und vergißt darüber das wirklich Positive und Neue, vergißt die politischen Aufgaben, die der jungen Generation gestellt sind. Soll die deutsche Jugend jedoch diesen Aufgaben gerecht werden, so muß sie heraus aus ihrer eigenen Bewegtheit zu klarer, bestimmter und positiver Einstellung den politischen Dingen gegenüber, damit sie zu politischem Willen und zu politischer Tat gelange und so als Jugend der geistig-politischen Erneuerung den Weg bahne.

Dazu aber tut not: Einsicht in die politische Problematik der Gegenwart, Verständnis für ihre tiefere geistige Lagerung. Allerdings ist es darum heute in Deutschland schlecht bestellt. Denn wer im Vordergrund des politischen Lebens steht, wer bei aller Mitarbeit in einer politischen Partei sich doch einen offenen Sinn für die großen nationalen Notwendigkeiten der Stunde bewahrt hat, der wird gar oft das Empfinden haben, daß in den politischen Kämpfen der Gegenwart allzusehr um Vergangenes und Nichtwirkliches gestritten wird. Historische Gespenster, Schatten und Schemen, die schon längst ins Grab gesunken sind, ringen miteinander und nicht der Geist, nicht das Blut unserer Tage. Gewiß, historische Traditionen sind auch im politischen Leben wertvoll und notwendig. Doch auf die Dauer ist es für unsere nationale Zukunft ein unerträglicher Zustand, wenn die politische Romantik, die in allen Parteien herrscht, die Erkenntnis der Probleme und Forderungen der Gegenwart unterbindet. Parteiprogramme und Parteiideologien, die ihren tiefsten Ursprung in der Vorkriegszeit haben — und für welche trifft dies nicht zu? —, können keine Lösungen für die heutige politische Fragestellung bieten. So ergibt sich als eine der Aufgaben der politischen Erneuerung, der wir zu dienen bestrebt sind: die politischen Probleme sind von Grund aus neu zu durchleben und neu zu durchdenken.

Doch nicht allein Inhalt, sondern auch Geist und Methode der Politik bedürfen der Erneuerung. Wir brauchen in diesem Zusammenhang nicht auf den geistigen Niedergang des politischen Lebens [09] einzugehen. Er ist uns allen schmerzlich bewußt. Wir heben nur hervor: es ist für die Charakteristik unserer politischen Verhältnisse außerordentlich bezeichnend, daß wir Deutsche als ein Volk mit so wertvollen und unvergänglichen geistigen und kulturellen Traditionen nicht vermocht haben, eine eigene politische Kultur zu gestalten und herauszustellen. Daran krankt heute unser politisches Leben. Diese Wunde gilt es zu heilen, wollen wir jemals den engherzigen Rahmen der gegenwärtigen Politik überwinden und zu neuen und besseren Formen gelangen. Hier steht es in erster Linie der jungen Generation zu, durch Versachlichung und Vergeistigung der Politik, Schöpfer und Träger einer neuen, lebenskräftigen politischen Kultur zu werden.

Alle diese Ziele, die wir bis jetzt skizziert haben, werden nur dann erreicht werden, wenn die deutsche Jugend erfüllt ist von einem starken und lebendigen politischen Willen. Wir würden uns selbst Lügen strafen, wollten wir behaupten, sie wäre heute schon von einem solchen beseelt. Aber es gilt für sie mit aller Deutlichkeit zu erkennen: alle großen politischen Zielsetzungen können nur erreicht werden, wenn sie von einem unbeugsamen Willen verfolgt werden. Und so wollen auch wir dazu beitragen, diesen Willen zu erzeugen, zu beleben, zu stärken.

Diese Gedankengänge bilden das geistige Fundament der Schriftenreihe, und diesen Zielen will sie dienen. Sie geht in ihrem sachlichen Ursprung zurück auf die demokratische Jugend- und Studentenbewegung, in der die Mehrzahl der Mitarbeiter und auch der Herausgeber tätig sind. Mitarbeiter und Herausgeber wünschen und hoffen, daß von dieser Schriftenreihe neue geistige Antriebe auf sie ausgehen werden und in ihr das Bewußtsein gestärkt und lebendig erhalten wird für die Mission, die ihr innerhalb der deutschen politischen Jugendbewegung zukommt. Doch darüber hinaus wendet sich die Schriftenreihe an die gesamte politische Jugendbewegung, an alle Jungen in der Politik und will so ein Mittel sein, um die aktiven jungen Politiker einander zu nähern und geistig auf einer Plattform zu einen.

Und so möge denn diese Schriftenreihe hinausgehen in dieser furchtbaren und zerrissenen Zeit als ein Zeugnis der politischen Kraft, die in der jungen Generation lebt, von den Jungen gewertet als ein starker Weckruf: „Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag!”

Berlin, im Juni 1921

Karl Frank

[10]

I. Die Bedeutung der Jugendbewegung innerhalb der deutschen Entwicklung

Ein Versuch, staatliche Dinge in Deutschland einmal losgelöst vom Zwang drängender Tagesereignisse in Beziehung zu unserem Schicksal als Volk überhaupt zu setzen, muß notwendigerweise mit dem Zweifel an der Möglichkeit einer solchen Fragestellung in unseren Tagen beginnen. Denn wenn wir uns ein Bild davon machen wollen, wie die deutsche Jugend vom Staat, seinem Wesen und seiner Aufgabe denkt, wenn untersucht werden soll, inwiefern man angesichts unserer Not von einem einheitlichen Erlebnis ihrer Wirkungen in der Jugend als solcher zu sprechen berechtigt ist, kann das nur geschehen im vollen Bewußtsein aller Enge und Sorge, die heute unser Schicksal bedeutet. Tatsache aber ist, daß wir als Volk von 60 Millionen, inmitten einer großen Entwicklung begriffen, zurückgeworfen sind unter schwerem Verlust an Menschen und Reichtum; daß wir als starkes Volk, jeglicher Wehr bar, keinem Feind in seinem Vernichtungswillen Einhalt gebieten können; daß Selbständigkeit in Dingen der auswärtigen Politik unmöglich ist; daß endlich als beschämendstes Erlebnis unsere inneren Zustände ein trauriges Bild von Rückgang, Unfähigkeit und Richtungslosigkeit sich darbieten.

Hat es angesichts dieser Verhältnisse überhaupt Sinn, tiefer über die Zukunft unseres Staates nachzudenken, bleibt es nicht doch Hirngespinst, ledig jeder Beziehung zur Wahrheit, wenn wir nach den Möglichkeiten deutscher Zukunft fragen, bleibt uns anderes als die Sorge für das unerbittliche Heute und Morgen?

Die Antwort auf diese Frage liegt nicht in den Dingen, sondern in den Menschen. Irgend etwas lebt in unserem Bewußtsein auch nach Erkenntnis des Zwangs unserer Umstände, das weiß, daß unser Weg als Staat und Volk in der Geschichte noch nicht vollendet ist, wenn auch von außen gesehen fast jede Bahn versperrt bleibt. Denn eins beweist die Geschichte: ein Volk geht erst unter, wenn sein Willen zum Leben besiegt ist. Knechtschaft und Bedrückung können wohl den [11] Aufbau des Volkes im Staat zerstören, aber sie bleiben unwirksam, solange in den Menschen selbst Kraft und Gestaltungsmöglichkeit weiter wirken. Und so wird auch uns Deutschen die Gewißheit, daß die Frage unseres Daseins ihre Antwort nur in der Kraft unseres Willens zur Zukunft finden kann. Wenn wir diesen Willen irgendwo in Deutschland nachweisen können wenn es uns gelingt, Kräfte aufzudecken, die Gestaltungsfähigkeit in sich tragen, dann wissen wir gleichzeitig damit, daß all unserer Not die Hoffnung entgegengesetzt werden darf. Aber besteht dieser Wille auch in Wirklichkeit? Wo fand er schon seinen Ausdruck?

Wir werden uns die Antwort nicht zu leicht machen. Nicht darauf kommt es an, daß in beliebigen Beschlüssen, Reden oder Leitsätzen dieser Willen zur Zukunft verkündet wird. Im Gegenteil, all diesen Äußerungen muß Mißtrauen entgegengesetzt werden, weil durch Worte leicht Lebendiges und Schöpferisches vorgetäuscht werden kann. Was uns allein Gewißheit gibt, ist Werk, Schöpfung, Erlebnis, das sichtbar wird, vereinzelt vielleicht und äußerlich gesehen ohne Zusammenhang und Richtung. Es kommt darauf an, zu finden, wo in Deutschland Tat und Gestaltung sich verwirklicht, in der eben besser als in Worten der Wille zur Zukunft zu uns sprechen kann.

Es liegt sehr nahe, anzunehmen, daß ein solcher Zukunftswille im Umsturz des Kriegsendes sich offenbart hätte. Hier war ja die geschichtliche Gelegenheit zum Ausspruch eines neuen Staatsgefühls, hier erschien die Möglichkeit für das deutsche Volk, einmal aus eigener Kraft aus seinem Wesen selbst heraus die Richtung seines Geschickes, die Art seines Staatslebens zu ordnen und zu gestalten. Aber wie stellt sich dieses an sich Mögliche zum Wirklichen, das sichtbar wurde? Die Antwort darauf kann nicht nüchtern und rückhaltlos genug gegeben werden.

Wir haben Demokratie im gebräuchlichsten Wortsinn bis zur letzten Folgerichtigkeit. Aber wo wurde sie schon wahrhaft lebendig? Wurzelt sie schon heute in Bewußtsein und Sinn des ganzen Volkes, wie das doch für jeden Staat notwendig ist? Was bleibt uns nach Enttäuschung aller Völkerbundshoffnung? Erwies der herkömmliche Sozialismus irgendwelche Kraft oder Fähigkeit, uns zu retten? Was erfüllt wurde, war schon überlebt im Augenblick seiner Entstehung. Lange Gefordertes kam in seiner Verwirklichung zu spät und konnte nicht mehr befriedigen.

Das muß alles ohne jeden Versuch der Verschleierung gesagt werden. Erste Voraussetzung jedes Neuwerdens ist Mut zur ganzen Wahrheit.

[12]
Und trotzdem dürfen wir das Bestehen eines wirklich zukunftskräftigen Willens nicht übersehen. Er konnte nur im Gewirr aller äußeren Ereignisse nicht erkennbar hervortreten und sich auswirken. Denn wenn wir auch gezwungen sind, das Neue, das der Umsturz uns brachte, nicht überzubewerten, so wissen wir doch, daß hinter aller äußeren Unklarheit und Richtungslosigkeit hier sich in manchen Äußerungen und Anzeichen, in mancher Bewegung ein ursprüngliches Staatsbewußtsein regte, dem die Möglichkeit des Ausdrucks hätte gegeben werden können, wenn nur die rechten Menschen und Einrichtungen zur Stelle gewesen wären, ihm dazu zu verhelfen. Das aber war nicht der Fall. Es erschienen auf dem Plan die alten Führer, Gruppen und Schlagworte, die alte Art des Kampfes, des Politiktreibens, der Zerfahrenheit. Und die ungeheure Gefahr bestand und besteht noch immer weiter, daß diese alten Gewalten, die zäh ihrer Herrschaft verwachsen sind, ein tiefes Sichregen deutschen Staatsgefühls, ja Lebensgefühls überhaupt, einfach nicht aufkommen lassen. Dann aber müßte die Frage, ob in Deutschland in Bewegungen und Richtungen Kraft zur Zukunft vorhanden ist, jenseits von allen Parteien und Dogmen einfach verneint werden. Und damit wäre über unser Schicksal als Volk entschieden. Denn wenn wir die Parteien und Interessenverbände in ihrer heutigen Gestalt ansehen, wenn wir die Tiefe der Verwirrung ermessen, in die wir durch sie geraten sind, dann erscheint es ausgeschlossen, daß aus diesen Gruppen selbst der Wille zu unserer Zukunft auch in Tat und Gestaltung wirksam werden kann.

Wenn überhaupt ein Ausweg noch möglich ist, dann wird er von den Trägern der jetzigen Parteien nicht gesehen. Und von selbst ergibt sich dann die Frage: gibt es denn noch außerhalb der Parteien Menschen, Richtungen und Kräfte, die vielleicht von sich aus fähig sind, all diese Wirrnis zu überwinden? Darauf antworten wir: so wenig in den alten Parteien die Zukunftskraft sichtbar ist, so viel und stark aber lebt sie in der deutschen Jugend.

Diese Antwort kann nicht überraschend kommen. Den alten Menschen ist eine Welt zusammengebrochen. Nur die Jungen sind fähig, diesen Einsturz alles Gewohnten, diesen Wechsel aller Maßstäbe durch eigene Gestaltung zu überwinden. Das ist ein geschichtlich notwendiger Vorgang, der an sich selbstverständlich ist. Und deshalb kommen wir zu der Frage nach dem Erlebnis des Staates in der deutschen Jugendbewegung. Wenn wir finden, daß bei diesen jungen Menschen etwas Ursprüngliches erlebt wird, wenn wir feststellen können, wie aus diesem jungen deutschen Bewußtsein heraus zur Staatsgestaltung [13] geschritten werden muß, wenn wir Weg und Ziel anzudeuten in der Lage sind, dann ist nicht nur die Frage beantwortet, die wir zu Beginn stellten, ob es noch Sinn hat, an eine deutsche Zukunft in weiterem Sinne überhaupt zu denken, dann werden wir auch eines Tages die Kraft finden, unser Volk aus dem Bewußtsein der Jugend heraus wieder zu der Einheit zu führen, die Voraussetzung seiner Wiedererhebung ist.

Je enger unser Spielraum als Volk wird, je stärker wir uns gehemmt fühlen werden, desto größer wird die Bedeutung der Jugendbewegung, desto wesentlicher ihre Einstellung und ihr Erlebnis. Wir müssen ganz klar erkennen, daß die Gegenwart uns nichts erfüllen kann. Um so mehr müssen wir unser Bewußtsein auf die Zukunft einstellen. Man hat im Krieg so oft vom notwendigen Durchhalten gesprochen. Das Wort ist auch heute noch notwendig. Denn nur durch Wissen um unsere innere Kraft können wir dem Druck der Zeit standhalten.

Und so stellen wir uns die Aufgabe, es klarzulegen, wie die deutsche Jugend den Staat will und ersehnt. Nur wenn wir das erkannt haben, können wir die Aufgaben einer Bewegung zu umreißen suchen, die aus dem Staatsbewußtsein der Jugend heraus auch die Wege der Staatsgestaltung selbst zu suchen bereit ist.

Aber bevor wir uns an diese Aufgabe machen, die uns im Abschnitt über das Bewußtwerden der deutschen Staatsanschauung in der Jugend beschäftigen soll, müssen noch einige grundsätzliche Fragen behandelt werden. Sie betreffen die Art der jugendlichen Einstellung zur Politik und die Möglichkeiten der Handlungen und Betätigungen einer politischen Jugendbewegung, sowie ihre Stellung zu den gegenwärtigen Parteien.

Ganz allgemein wird ja in der Jugendbewegung der heutige Parteibetrieb abgelehnt. Wir sind kaum in der Lage, zu verlangen, daß hier eine Änderung der Gesinnung in der Art eintreten soll, daß die Jugend sich für Politik im üblichen Parteisinn einzusetzen beginnt. Was aber gefordert werden muß, ist, daß die Jugendbewegung ein Gefühl für die Aufgaben in bezug auf den Staat bekommt, die doch kraft unserer Entwicklung nur von ihr vollbracht werden können. Die Jugendbewegung, die entstand, als Ausbruch der Ursprünglichkeit inmitten einer Umwelt der Entfremdung von Seele und Heimat, die für den einzelnen Menschen in Gestalt der Gemeinschaft die Möglichkeit der Entfaltung seines eigenen Wesens schuf, muß erkennen, daß es jetzt darüber hinaus ihre Pflicht ist, ihre Gesinnung, Richtung und Anschauung als Staatswillen von eigener Kraft und Einstellung in die Wirrnis unserer Gegenwart als Überwindung und Lösung hereinzustellen.

[14]
Dazu aber gehört eben eine gewisse Klarheit und Zielsicherheit, ein Bewußtwerden seiner Ziele und Wege, die bisher noch wenig sichtbar geworden ist, Um es kurz zu sagen: es ist Verantwortlichkeitssinn für das Volksganze notwendig. Und wenn wir damit verlangen, daß die Jugend aus der Fülle ihrer Erlebnisse heraus nun zur notwendigen politischen Einstellung gelangen muß, so ist damit wirklich nicht gemeint, daß hier Parteipolitik getrieben werden soll. Im Gegenteil, Aufgabe der politischen Jugendbewegung, wie wir sie im folgenden in ihren Bewußtseinsgrundlagen, in ihrer Einstellung zum heutigen Staat, in ihrem Weg und Ziel zu zeichnen versuchen werden, ist, das deutsche Staatsbewußtsein, das, wie wir nachweisen werden, etwas durchaus anderes ist, als die in fremden Völkern geborenen Begriffe von Individualismus und Sozialismus, die in ihrer Gegensätzlichkeit unsere ganze Entwicklung zur Einheit und damit zum Aufstieg zu hindern scheinen, klar zum Ausdruck zu bringen. Sie macht ja damit nichts anderes, als das nach außen zu stellen, was in ihr unbewußt und unklar schon immer lebendig gewesen ist. Und es wird nach dieser Klarheit der Tag kommen, an dem erkannt wird, daß durch die deutsche Jugend die deutsche Einigkeit wieder möglich ist.

Hat das, was wir hier einmal vorläufig ganz allgemein als Aufgabe einer politischen Jugendbewegung gezeichnet haben, noch irgend etwas mit Parteipolitik zu tun? Droht hier Verkümmerung des Menschlichen, wenn wir uns unserer Pflicht dem Volk gegenüber bewußt werden und um die heute noch fehlende Klarheit ringen? Nein, das glauben wir nicht. Auch in einer Jugendbewegung kommt die Zeit, wo es einfach die Geschichte fordert, daß aus dem bloßen Fühlen heraus sich das klare Wollen entwickelt. Das ist doch erst menschliche Vollendung, wenn im Leben der Zusammenklang von Wollen und Empfinden gelingt. An dem Tag wird die heutige Parteipolitik überwunden sein, an dem andere Menschen da sind, die Fähigkeit in sich tragen, selbst den Staat zu gestalten. Das ist doch die Aufgabe einer politischen Jugendbewegung, Menschen aus dem tiefen Erlebnis unserer Not als Einzelne und als Volk heraus den erkennbaren Ausweg finden zu lassen. Parteien an sich sind nicht das Übel. Mangelhaft sind nur die Menschen, die heute in ihnen arbeiten. Das kann anders werden, wenn die Jugendbewegung dazu die Voraussetzungen schaffen will.

Wir haben bis jetzt die Notwendigkeit einer politischen Jugendbewegung innerhalb der heutigen Entwicklung Deutschlands nachgewiesen und ihre Aufgaben ganz allgemein umrissen. Jetzt müssen [15] wir immer deutlicher ein Bild des Bewußtseins und, des Lebens dieser Jugendbewegung aus dem Gesamtereignis der allgemeinen Jugendbewegung herausarbeiten. Wir beschäftigen uns deshalb nun zunächst mit dem eigentlichen Erlebnis des Staates in der Jugendbewegung. Was wir da finden werden, gibt uns die Grundeinstellung, mit der wir dann an den heutigen demokratischen deutschen Staat herangehen können, um zu untersuchen, wie sich dieser Staat der Wirklichkeit zu dem verhält, was in der Jugend als Sehnsucht geschaut wird. Dann erst können wir den Weg erforschen, den diese Jugendbewegung zu gehen hat. Unsere Arbeit ist deshalb schwer in eine feste Gestalt zu bringen, weil die Dinge, mit denen wir es zu tun haben, selbst noch schwankend und schwer faßbar, oft mehr geahnt als wirklich sind. Aber genau, wie wir versuchen werden, innerhalb unserer Arbeit von einer allgemeinen notwendigerweise noch etwas breiten Grundlage zu immer größerer Klarheit zu gelangen, ebenso hoffen wir, daß es mit den Dingen selbst gehen wird: aus dem noch” ungespaltenen aber lebendigen deutschen Staatsbewußtsein, das wir nun gleich seinem Inhalt nach untersuchen werden, zur Staatsgestaltung selbst zu kommen, in voller Klarheit der Mittel und Wege zum wahrhaft Deutschen Reich, das in der Jugendbewegung als Sehnsucht lebendig ist und das inmitten aller äußeren Bedrängnis nur von ihr verwirklicht werden kann.

II. Das Bewußtwerden der deutschen Staatsanschauung in der Jugend

Alle Geschichte lehrt, daß Staaten auf Macht aufgebaut sind. Bei ihrem Entstehen waren es nicht irgendwelche Anschauungen, die sich hier zur Gestalt durchgerungen haben, sondern es war Gewaltanwendung, hervorgegangen aus Kraft und Willen von Klassen und Eroberern, die zur Auswirkung kam. Das was dann darüber hinaus beim Aufbau an völkischem Eigenwert sichtbar wurde, war ursprüngliche Lebensäußerung, nicht Ausdruck einer Anschauung, die zielhaftem Wollen entsprungen wäre. Erst später, nach langer Entwicklung, wenn die Völker zur Bewußtheit erwachen, wenn sie beginnen, sich als eigen und anders einer Umwelt gegenüber zu begreifen, wird die Einstellung zum Staat selbst als Frage durchdacht. Das ist der Augenblick, an dem notwendigerweise Staatsanschauungen entstehen müssen. Es beginnt ein Ringen der Gesinnung, der Wertmaßstäbe, der Zieleinstellung, aus dem dann innerhalb eines Volkes etwas einheitliches an Auffassung über staatliche Dinge hervorgeht. So hatten die Griechen und Römer [16] ihre eigene Anschauung vom Staat, so die Engländer und nachher die Franzosen. Und jede dieser Anschauungen war verschieden, und zwar deshalb, weil sie in ihrem Wesen nichts anderes war als Ausstrahlung eben griechischer, römischer, englischer, französischer Art.

Man wird einwenden, daß es nicht immer notwendig sei, daß diese Anschauungen völkische Verschiedenheit aufweisen. Und gibt es nicht in der Tat hinter allem völkischen Denken noch etwas allgemein menschlich Gültiges? Gewiß, das ist unbestreitbar. Aber alles Denken tritt doch nur in Erscheinung, geschaut durch die Seele eines einzelnen Volkes. Was uns hier vor allem angeht, ist ja auch nicht das Gedankliche an sich, sondern die Welt- und Staatsanschauung, wie sie uns gerade durch das Erlebnis eines bestimmten Menschen entgegentritt, der in seinem Volk verwurzelt ist. Und deshalb kann auch eine solche Anschauung nie etwas anderes sein als ein Gleichnis der Volksseele, eine der Arten, unter welcher sie Gestalt wird.

Und jetzt können wir die Frage stellen: haben wir heute in Deutschland eine solche Staatsanschauung? Einen Staatswillen, der auch in den letzten Entfaltungen seines Bewußtseins nichts anderes ist, als Äußerung eben eines ursprünglich deutschen Lebensgefühls? Wenn wir die Dinge von außen sehen, muß diese Frage zunächst verneint werden. Denn das, was wir auf der einen Seite als Sozialismus, auf der anderen Seite als Individualismus vertreten sehen, hat seinen Ursprung nicht bei uns. Es sind übernommene Anschauungen aus anderen Lebensbezirken herbeigeholt. Und wenn sie auch in der langen Zeit ihrer Wirksamkeit deutliche Züge unseres Wesens angenommen haben, so daß man berechtigt ist, von einem deutschen Sozialismus zu reden, im Gegensatz zum französischen, von einem deutschen Liberalismus im Gegensatz zum englischen, so ist doch der Kern aller dieser Einstellungen nicht deutschem Volkstum entwachsen. Nun berechtigt schon die Tatsache dieses wesentlichen Fremdseins an sich, wenn nicht zu einer Ablehnung, so doch zu einem gewissen Mißtrauen. Die völlige Unfähigkeit aber dieser Gegensätze, dem Volk ein einheitliches Bewußtsein zu geben, muß die Forderung ihrer gänzlichen Überwindung durch die eigene deutsche Staatsanschauung entstehen lassen. So möglich vielleicht auch in irgendwelchen Fragen der Tagesgestaltung ein Zusammenwirken von Individualismus und Sozialismus auf kurze Zeit hinaus möglich ist und auch ausgeführt wird, ebenso unlösbar erscheint doch die wesentlichste Aufgabe und Voraussetzung des Staatsaufbaus, nämlich der Einheitlichkeit des Staatswillens, wenn wir über den engen Kreis Individualismus oder Sozialismus nicht hinausgelangen können. [17] Das brauchte eigentlich gar nicht weiter bewiesen werden. Es wird jedem sofort klar, wenn er sich vorstellt, zu welchen Folgen die Auswirkung des Individualismus wie des Sozialismus schon in der heutigen Wirklichkeit geführt hat. Die Gegensätze sind so groß geworden, daß kein Ausgleich, sondern nur Vernichtung des einen oder anderen noch möglich scheint. Und wirklich, wenn wir uns immer an nichts anderes als an das unerbittliche Entweder-Oder des Sozialismus und Individualismus klammern, bleibt jeder Ausweg verschlossen. Auf keinen Fall aber retten wir uns dadurch, daß wir versuchen, diese Gegensätze, die sich notwendigerweise ausschließen, doch irgendwie zu etwas Gemeinsamem zusammenzufügen. Daraus entsteht nichts als ein unklares und schwankendes Gebilde, das nie Kraft haben kann, dem ganzen Volk ein einheitliches Staatsbewußtsein zu geben. Staatsanschauungen sind nur Ergebnis ursprünglicher Einstellung. Auf anderem Wege kann das Volk nie von ihnen ergriffen werden.

So müssen wir jetzt nochmals an unsere Gegenwart mit der Frage herantreten, ob denn nicht hinter Sozialismus und Individualismus in ihrer Gegensätzlichkeit noch etwas anderes lebendig ist, das nur nicht hervortreten kann und nicht wahrgenommen wird im lauten Geschrei des Tagesstreites: eben die deutsche Staatsanschauung selbst in ihren Grundzügen und ihrer Reinheit.

Wir werden im folgenden den Beweis ihres Bestehens in der deutschen Jugendbewegung antreten. Aber zuvor noch muß bemerkt werden, daß wir jetzt keineswegs in unserer Betrachtung von einer Staatsanschauung reden wollen, wie wir etwa wünschten, daß sie in der Jugendbewegung lebendig wäre; wir wollen hier keine Forderungen aufstellen, sondern einfach klarlegen, in welchen Lebensäußerungen dieser Staatswillen heute sichtbar ist, ganz einerlei, wie wir nachher sein Wesen werten wollen. Und die Schwierigkeit unserer Aufgabe besteht darin, daß wir es nicht mit nach außen hin erkennbaren Anschauungen zu tun haben, sondern mit einer unbewußten Einstellung zum Leben selbst, mit der Lebensgestaltung, hinter der wir dann die Staatsanschauung im Keime entwickelt finden werden. Das, was uns entgegentritt, ist seinem Wesen nach noch nichts Feststehendes, noch nichts, was durch das Bewußtsein schon Gestalt gewonnen hätte, und doch ist es Grundlage und Ausgangspunkt der deutschen Staatsanschauung. Nur wenn wir das erkennen und mit Willen entwickeln, können wir die rechte Einstellung zum Staate finden und untersuchen, welcher Staat der Wirklichkeit am meisten Fähigkeit in sich birgt, jenes bis jetzt nur Geschaute auch Tat werden zu lassen. Dies zu vollbringen, ist die Aufgabe einer politischen Jugendbewegung. Und so müssen wir [18] uns auf die Suche begeben nicht nach irgendwelchen schon verkündeten Zielen, sondern den Gleichnissen des Staatsbewußtseins in der Wirklichkeit selbst. Wir müssen gemeinsame Erlebnisse in der Jugendbewegung auf ihre Bedeutung hin für den darin verborgenen Staatswillen prüfen. Drei Erlebnisse aber sind es, die wir im großen unterscheiden können: das Führertum, das Volkstum und die Gemeinschaft. Hier ist die Stelle, an der wir bei unserer Untersuchung wirksam ansetzen können. Nun befassen wir uns zunächst mit der Sehnsucht nach dem Führer, die in der Jugendbewegung lebendig ist.

Führer

Wenn wir jetzt vom Führer reden, müssen wir uns darüber klar sein, daß es nicht unsere Aufgabe ist, hier irgendwelche nur gedankliche Begriffsbestimmungen zu geben. Dieser Versuch müßte schon daran scheitern, daß das wesentliche des Führertums nur im ganzen erlebt werden kann und deshalb kaum in der Gestalt bloßer Worte wiederzugeben ist. Wenn wir den Führer, wie er in der Jugendbewegung lebt, begreifen wollen, müssen wir versuchen, gewissermaßen von außen her seine Ausstrahlung auf Mensch und Umwelt zu betrachten. Und gerade weil wir es mit ungestaltenen, nicht ganz greifbaren Dingen zu tun haben, die die Betrachtung unendlich erschweren, müssen wir um so mehr Klarheit wenigstens der Frage anstreben, deren Antwort im folgenden versucht werden soll. Wir fragen: warum sind heute so wenig Führer im Staate selbst wirksam? Wie ist das Verhältnis von Volk und Führer? Kann ein Staat dem Führer zum Aufstieg verhelfen? Neigt die Jugendbewegung mehr dem Helden oder dem Führer zu?

Das Fehlen der Führer in der Politik.
Die Sehnsucht der Jugend nach Führern läßt sich am leichtesten dadurch erklären, daß heute die führenden Menschen an der Lebensgestaltung einen geringeren Anteil haben als die große Masse der Durchschnittsköpfe. Es erscheint kein Raum mehr in unseren Einrichtungen für die Entfaltung des Wesens eines Führers. Aber woran liegt das? Nicht daran, daß es keine Führer mehr gäbe. Die sind da, unabhängig von irgendwelchen Umständen, die vielleicht ihr Emporkommen hindern können, die aber doch gar keinen Einfluß auf die Fähigkeit des Führerseins an sich haben. So wenig das Führertum durch irgendeine Erziehung entwickelt werden kann, wenn nicht in der Seele des einzelnen seine Voraussetzungen schon vorhanden sind, ebenso ausgeschlossen ist es, daß äußere Hemmnisse die seelischen Fähigkeiten des Führertums [19] von vornherein vernichten könnten. Also weder die Einrichtungen selbst, noch das Fehlen von wirklichen Führern kann uns die ausreichende Erklärung der Tatsachen geben, daß im heutigen Staat keine großen Führerpersönlichkeiten wirksam sind. Deshalb müssen dafür die heutigen Menschen selbst verantwortlich gemacht werden, weil sie in ihrer Seele die Fähigkeit zur Hingabe, wenn nicht zum Erlebnis überhaupt, verloren haben. Führertum verlangt Opfer. Wer aber will heute Opfer bringen?

Der Wille hierzu ist in den jungen Menschen wieder lebendig geworden, und deshalb sind auch aus ihrer Mitte heraus schon wieder Führer wirksam gewesen. Die Jugend weiß, daß der Sinn des Lebens nur darin bestehen kann, alles Wertvolle aus der Seele des Menschen heraus zu letzter Entwicklung zu bringen. Und wenn das für den einzelnen Menschen schon als gültig anerkannt ist, so auch für die Gemeinschaft. Hier kommt es auf den Aufstieg des Führers an. Untersuchen wir nun zunächst, wie dieser Führergedanke in der Jugend erlebt wird.

Führer und Volk.
Der Führer ohne Volk — eine Erscheinung, die im Leben unendlich oft wirksam werden kann, ist für unsere Betrachtung in bezug auf staatliche Dinge bedeutungslos. In der Geschichte kann der Führer nur im Zusammenwirken mit dem Volk tätig werden. Aber welcher Art ist nun dieses Zusammenspiel von Führer und Volk? Der Führer sieht im Volk die Möglichkeit, seine in ihm ruhende Gestaltungskraft zu entfalten und damit dem Volk selbst die Richtung zu geben. Nicht notwendig aber ist es, daß der Führer den Weg, den er das Volk führen will, von vornherein kennt. Was ihn zum Führer macht, ist nicht irgendein Wissen um schon bestimmte Ziele. Wesentlich für ihn ist die Fähigkeit zur Gestaltung, zum Einfluß, zur Wirkung überhaupt, ganz unabhängig zunächst von der Gestalt, in der diese Möglichkeit sich dann verwirklicht. Denn das Erlebnis der Richtung kann ein ganz zufälliges sein. Es kommt dem Führer aus den Umständen, aus den äußeren unvorhersehbaren Anlässen, die ihn zur Tat aufrufen und deren Eintreffen vorher gar nicht geahnt werden konnte. Im Erleben dieser Notwendigkeit gibt der Führer dem Volk dann die Richtung. So fassen wir zusammen: das Sein des Führers liegt in der an sich unbegreiflichen Möglichkeit von Gestaltungskraft in seinem Wesen. Es verwirklicht sich aber seiner äußeren Richtung nach immer nur aus dem Erlebnis des Tatsächlichen im Volke heraus. Führer und Volk sind voneinander abhängig und untrennbar. Kann ein Staat dem Führer zum Aufstieg verhelfen? Nun wird man sagen, die Tatsache dieser Sehnsucht nach [20] dem Führer ist etwas seinem Wesen nach völlig unpolitisches, das mit Staatsanschauungen doch kaum etwas zu tun hat. Freilich, zunächst ist dieses Sehnen nichts anderes als der Ausdruck dafür, daß die Jugend sich auf die Suche nach eigener Lebensgestaltung begeben hat. Aber es kommt der Augenblick, an dem diese allgemeine Lebensgestaltung auf den Staat übergreift und auch hier nach Verwirklichung ihres Wunsches strebt, wo an die Staatsform die Forderung gestellt wird, Möglichkeiten zur Entfaltung des Führertums zu geben. Da aber muß gefragt werden, ob es überhaupt möglich ist, einen allgemeinen Maßstab aufzustellen, durch welchen man feststellen kann, wer Führer ist und wer nicht. Das ist schlechthin unmöglich. Das Führerhafte ist durchaus unabhängig von der Richtung, die der Führer im einzelnen Falle einschlägt. Es ist eine innere Eigenschaft des Menschen selbst, zu deren Feststellung irgendwelche Einrichtungen des Staates, irgendwelche vorher bestimmbaren Ordnungen nicht aufgestellt werden können. Dieses Selbstverständliche wird von uns nur deshalb überhaupt zur Sprache gebracht, weil in der Jugendbewegung manchmal die Meinung auftaucht, man könne den Staat von vornherein auf die Führer einstellen. Das aber führt in der Wirklichkeit zum Gegenteil dessen, was erstrebt ist. Was aus der Wertsetzung des Führertums heraus verlangt werden kann, ist ein Staat, in dem er in Tat und Wirkung sichtbar wird, der ihm auch die Möglichkeit bietet, an der Staatsgestaltung selbst teilzunehmen. Und daß sich bei seinem Aufstieg nicht irgendwelche Klassenschranken aufbauen, die seine Entfaltung hindern. Wie diese Art der Auslese möglich sein kann, das hat uns erst im Abschnitt über die Einstellung zum heutigen Staat zu beschäftigen.

Führer und Held.
Der Führer kann nur aus der Gemeinschaft emporwachsen. Wir haben gesehen, daß zu seinem Wirken der Zusammenklang von Führer und Volk notwendig ist. Anders beim Helden. Dieser ist um seiner selbst willen da; alle Entwicklung zielt nur darauf ab, ihm zu dienen. In der Jugendbewegung ist das aber nicht der Fall. Hier ist der Führer in allem seinem Wirken, so hoch er auch stehen mag, doch immer Diener der Gemeinschaft, in der er wurzelt. Und auf der anderen Seite wird die Gemeinschaft erst lebendig um den Führer herum. Es ist ein Verhältnis gegenseitiger Bedingtheit.

Wir haben bisher das Bild des Führers in der Jugendbewegung entwickelt, ohne auf die einzelnen Richtungen einzugehen. Das soll nun hier geschehen. Der Wandervogel zum Beispiel, der entstand als Ausbruch echten Lebensgefühls gegenüber einer entwurzelten [21] Umwelt, schuf in der Art seines Zusammenlebens deutlich das Bild des Führers, wie wir es zu zeichnen versucht haben. Die weiße Ritterbewegung fühlt sich selbst als Führerbewegung. Sie ging hervor aus der Pfadfinderorganisation, gegen deren äußerliches Vorgesetztentum sie sich auflehnte. Und endlich, das Ziel der freideutschen Jugend ist doch das Emporkommen einer Führerschicht innerhalb des Volkes, der Aufstieg von Menschen jenseits von Bürgertum und Arbeiterschaft, die in ihrem Sein eben den neuen in seinem ganzen Wesen einheitlichen und wahrhaften Menschen darstellen sollen.

Wir finden damit, daß in großen Richtungen der Jugend bewegung die Wertsetzung des Führertums eine durchaus einheitliche ist. Das ist aber der erste Schritt zur Erkenntnis der Staatsanschauung in der Jugend.

Wir gehen nun weiter in der Betrachtung der deutschen Jugendbewegung in bezug auf ihren Staatswillen. Es tritt uns ein Ereignis entgegen, das wir in seiner Bedeutung genau abwägen müssen, das Erlebnis des Volkstums. Hier ist eines der Gebiete, bei denen man das neue, das die Jugendbewegung an Gesinnung und Einstellung gebracht hat, am besten feststellen kann. Was uns so wesentlich erscheint, ist die durchaus neue Wertung, der neue Sinn, der dem Volkstum beigelegt wird, und zwar in der Jugend ganz allgemein, bei Wandervögeln, Jungdeutschen, Pfadfindern und anderen. Wenn wir die Staatsanschauung der Jugend kennen lernen wollen, so kann das gar nicht anders geschehen, als durch die Frage, wie das Völkische in seiner Beziehung zum Staat aufgefaßt wird.

Volk

Wir suchen nun zunächst danach, welchen Sinn wir dem Erlebnis des Volkstums in unserer Zeit beilegen können. Es ist notwendig, darüber zu sprechen. Auch früher war man patriotisch, das heißt, man war bereit, sich für den Staat, wenn es notwendig war, zu opfern. Man liebte auch sein Land und dessen Geschichte. Heute aber greift das Erlebnis des Völkischen noch viel weiter zurück bis an die Wurzeln des Seins selbst, es wird zu einer der wesentlichsten Fragen des Lebens überhaupt. Aus dieser tiefen Auffassung heraus wurde schon 1913 der übliche von oben her geleitete Patriotismus der Völkerschlachtsfeiern abgelehnt. Gerade in dieser Auflehnung zog ja die Jugend zum hohen Meißner. Was aber ließ die Jugend zu diesem Erlebnis gelangen?

Der Sinn des völkischen Erlebnisses.
Es zog die Jugend fort aus einem Dasein, daß sich immer mehr vom [22] wesentlichen entfernte, dessen Formen immer mehr der Veräußerlichung verfielen und in denen das ursprünglich Seelische sich nicht mehr entfalten konnte. Aus einem Zuviel an nur Gedanklichem, aus einem Übermaß von Verfeinerung heraus sehnten sich diese jungen Menschen zurück zur Ursprünglichkeit. Und das war der Augenblick, an dem das Völkische erwachen mußte. Es stand nicht auf als Bewußtsein, sondern im Erleben von Heimat und Mensch. In Feld und Wald, auf dem Land überhaupt, da war ja noch das andere Leben, das man als echt und wahrhaft empfand. Da war die Wirkung der vernichtenden Mechanisierung noch kaum sichtbar. Hier fühlte man plötzlich wieder Verwurzelung. Dies alles ist so in Worten gesagt unvollkommen, weil die Fülle des Inhalts nicht ausgedrückt werden kann, aber um so mehr das Gefühlsmäßige betont wurde gegenüber dem Rationalismus. Je stärker nun der Subjektivismus in der Jugend sich durchrang, im Gegensatz zu dem noch herrschenden Zeitgeist des Rechnens und der Maschine, um so tiefer wurde erkannt, welche Bedeutung das Volkstum für den einzelnen hat. Alles, was von außen her kam, in Gestalt von überkommenen, engen Systemen und Anschauungen, alles Starre und Fremde, das von der Seele Besitz zu ergreifen drohte, wurde abgelehnt und nur auf das Einfache und Ursprüngliche geachtet. Das aber fand man nirgends mehr als im alten Lied, in der alten, einfachen Kunst, in der Schlichtheit des Lebens. Und so erwachte in mancherlei Gestalt eben ein neues Volksbewußtsein. Volk und Menschheit. In neuerer Zeit versucht man immer Volk und Menschheit gegenüberzustellen und dabei der Menschheit einen höheren Wert zu geben. Aber nicht nur das. Wenn auch starke Richtungen, wie wir gesehen haben, die Bedeutung des Volkstums erkannten, so gab es doch auf der anderen Seite wieder Anschauungen, die das Bestehen von wesentlichen Unterschieden zwischen den Völkern leugneten und aus diesem Grunde das Aufgehen aller Völker in einer übergeordneten Menschheit forderten. Aber das ist mit dem überwiegenden Bewußtsein in der Jugendbewegung abzulehnen. Das Volkstum ist nicht irgendein Begriff beliebig faßbarer Eigenschaften, vielmehr die Art der Einstellung zu den Dingen und ihrer Gestaltung selbst. Es ist etwas, was hinter allen überhaupt denkmöglichen Gegensätzen innerhalb eines Volkes doch noch als Einheitlichkeit in der Art, die Welt zu sehen, bestehen kann. Es ist einfach eine Grundtatsache unseres Lebens, ganz unabhängig von jeder Äußerung, die die Seele nachher in irgendeiner Gestalt wirksam werden läßt. Das Volkstum lebt, es ist kein Begriff. Es verwirklicht sich in Domen, Bildern, Schauspielen, Tonstücken. Es lebt in Philosophie, Technik und Politik. Das bewahrheitet sich schon daran, daß es doch [23] ganz unmöglich ist, Staatsformen von einem Staat auf den anderen zu übertragen, ohne daß das Bild sich dabei vollständig ändert. Und wenn es solche Menschen gibt, die das Bestehen dieses Völkischen leugnen oder nicht verstehen können, so liegt das daran, daß sie sich in ihrem Leben selbst eben von ihrer Seele entfernt haben und in ihrem wurzellosen Dasein das beste Bild einer absterbenden, an Übermaß von Mechanik hinsiechenden Zeit darstellen.

Aus diesem Gesichtspunkt heraus wird uns auch klar, warum denn diese Menschen der Menschheit an sich einen höheren Wert zugestehen wollen. Sie greifen, um sich den fehlenden seelischen Inhalt zu ersetzen, zu gedanklichen Abstraktionen. Denn die Menschheit ist doch nichts anderes als die rein gedankenmäßige Vorstellung der Gesamtheit aller Menschen. In der Wirklichkeit gibt es keinen Menschen, der nur Mensch und nicht auch völkisch wäre. Der Begriff der Menschheit entsteht dadurch, daß man sich das Unterscheidende wegdenkt und dann noch eine Gemeinsamkeit an Sittengesetzen und menschlichen Eigenschaften überhaupt feststellt. Und es gibt auch in der Tat ein Gebiet, in dem das nicht nur zulässig, sondern sogar notwendig ist: im Glauben. Aber in der Politik darf der Begriff der Menschheit gar nicht verwandt werden. Wenn man hier versuchen wollte, Volk und Menschheit gegenüberzustellen, so würde man die größten Fehler begehen. Politik ist Handeln angesichts der Wirklichkeit. Irgendwelche gedanklichen, dem Leben selbst nicht entsprechenden Vorstellungen haben hier keinen Sinn.

Der Wertmaßstab in der Politik. Wenn wir so das Verhältnis von Volk und Menschheit betrachtet haben und die Menschheit als Wertmaßstab der Politik ablehnen mußten, so bleibt uns nur noch die Aufgabe der Untersuchung, inwiefern man die Schaffung der Möglichkeiten für die Entwicklung des Volkes als Ziel der Politik und damit als Wertmaßstab bezeichnen kann. Sollte es nicht doch besser sein, ein allgemeines Ziel, zum Beispiel Gerechtigkeit, aufzustellen? In der Tat scheint es ja im ersten Augenblick wie eine Beschränkung, wenn wir nur an die Entwicklung des Volkes als Aufgabe der Politik denken. Aber das ist ein Irrtum. Gerechtigkeit muß verlangt werden, aber nicht als Ziel der Politik, sondern als die Art, in der sie betrieben wird. Die Forderung der Gerechtigkeit richtet sich an die Menschen, die heute den Staat gestalten. Politik ist Handeln, das auf sachliche Entwicklung eingestellt sein muß, daß also nur im Volke selbst und um des Volkes [24] willen sich verwirklichen kann. Man treibt nicht Politik, um einem Gedanken zum Durchbruch zu verhelfen, sondern um dem Volk die Möglichkeit seiner Entfaltung zu geben. Dadurch erst wird es ja fähig, alles Wertvolle, das in ihm als Möglichkeit ruht, zu verwirklichen.

Wenn wir so für die Politik als Wertmaßstab die Möglichkeit der Entwicklung des Volkes erkannt haben, so muß noch einiges zur Abgrenzung und Klärung gesagt werden. In diesem Ziel liegt keinerlei freiwillige Beschränkung. Die läge nur dann vor, wenn wir etwa das deutsche Volk als im Wert am hochstehendsten bezeichnen wollten. Diese Einstellung, die nichts als eine Verkennung der Umwelt wäre, wird in der Jugend auch allgemein abgelehnt. Für uns ist das deutsche Volk ein Wert, weil wir Deutsche sind. Damit ist doch noch nicht gesagt, daß den anderen Völkern ihr Wert abgesprochen wird, sondern nur, daß dieses andere eben nicht unser Wert sei. So kann aus diesem Wertmaßstab der Politik kein Chauvinismus folgen. Im Gegenteil, die richtige Durchführung dieses Gedankens führt dazu, in jedem Volk einen Wert anzuerkennen, für jedes Volk damit auch die Freiheit seiner Entfaltung zu fordern, so daß dann sich uns die Menschheit nicht als die rein gedachte Gleichsetzung aller Menschen an sich darstellt, sondern daß ihr Wesen gerade in der lebendigen Verschiedenheit des Inhalts an sich gleicher Werte erscheint.

Auch in bezug auf das Erlebnis des Volkstums sind wir berechtigt, von einer starken, wenn auch oft noch unbewußten Einheitlichkeit der Einstellung in der Jugendbewegung zu sprechen. Uns darf hier die Ablehnung des Völkischen in der proletarischen Jugendbewegung nicht täuschen. Diese Verneinung ist ja in ihrem Ursprung durchaus begreiflich. Diese Jugend konnte noch nicht von sich aus die Kraft finden, sich aus der Herrschaft der aus anderen Zeiten überkommenen starren Dogmen zu lösen. Ihre Einstellung zur heutigen Gesellschaft verhindert sie, zu erkennen, daß das Volkstum nichts ist, das für irgendwelche zu verwerfenden Zustände verantwortlich gemacht werden kann. Wenn einmal auch hier die Zeit kommt, an der die proletarische Jugendbewegung wirklich versucht, einmal ganz ursprünglich und einfach die Dinge zu erleben, dann wird gerade sie es sein, die erkennt, welche Bedeutung das Erlebnis des Volkstums gerade für die von der Mechanisierung am meisten Betroffenen hat. Denn gerade durch dieses seelische Erlebnis, durch das Erwachen des Bewußtseins einer Verwurzelung, durch ein neues Heimatgefühl kann die seelische Not besser als durch irgendeine Gewaltanwendung gemindert werden. Wenn wir so Jungdeutsche, Wandervögel, Pfadfinder, Freideutsche betrachten, so finden wir auch hier eine der Grundlagen für eine eigene Staatsanschauung. [25] Nur ein Staat, der vom Willen eines seines Wertes bewußten Volkes getragen wird, kann die Staatsanschauung der deutschen Jugend verkörpern.

Nachdem wir so die Lebensäußerung von Führer und Volk als grundlegende Erlebnisse in der Jugendbewegung erkannt haben, bleibt uns noch die Aufgabe, hinter den Sinn desjenigen Gedanken- und Gefühlsinhaltes zu kommen, der mit dem Wort Gemeinschaft umschrieben wird. Auch dieser Begriff ist in fast allen Richtungen lebendig und wir glauben, daß gerade hier die stärksten Möglichkeiten liegen, die gemeinsame Einstellung klar zu erkennen.

Gemeinschaft

Der einzelne und die Gemeinschaft.
Inmitten des Getriebes der Großstadt ist der Mensch einsam geworden. Er lebt in der Masse, aber das Gefühl eines echten Verbundenseins mit der Umwelt ist verloren gegangen. Das kommt von der schicksalhaften Entwicklung unserer Zeit, die alles lebendige gleichmacht, in der einzig und allein der Erfolg gewertet wird. Es hat wenig Sinn, die Notwendigkeit dieser Lebensgestaltung zu umgehen. Man überwindet nicht dadurch das Problematische, indem man es flieht. Großbetrieb und Massenarbeit sind nicht mehr in unsere Wahl gestellt. Wir müssen sie als notwendig erkennen und vielleicht ihre Wirkungen bedauern. Aber es ist unmöglich, heute wieder zur Einzelarbeit zurückzukehren. Das bedeutet aber für den einzelnen eine tiefe, seelische Umstellung. Das Verhältnis zum Werk ändert sich. Die Arbeit erscheint nicht mehr als Ergebnis nur eigener Anspannung. Das Werk und seine Zwecke sind für den einzelnen an seiner Stelle unüberschaubar. Alles ist nur Glied eines größeren Ganzen. Nichts bleibt selbständig. Und damit wird das einzelne selbst ersetzbar und wesenlos. Wo kann aus dieser hier auftauchenden seelischen Not der Ausweg kommen? Nicht von außen her, nur durch das Bewußtsein der Menschen selbst wird dem Leben ein neuer Inhalt gegeben. Der Sozialismus in altem Sinne ist nichts als die Anerkennung der Mechanisierung, von ihm aus kann für den einzelnen Menschen keine Rettung seines Selbst erstehen. Also können wir das Erwachen der Gemeinschaft in der Jugendbewegung begreifen: der einzelne, der im Übermaß der äußerlichen Gleichmachung sein Ich zu verlieren drohte, der bewahrt es in der Gemeinschaft, die ihn ergänzt und gleichzeitig hebt und ihm Richtung verleiht, [26] die er aus sich selbst zu leben nicht mehr die Kraft hat. Hier findet er neue Heimat, neues Verwachsensein mit Mensch und Werk.

Der Sinn der Gemeinschaft.
Bis jetzt haben wir die Gemeinschaft nur in ihrer Aufgabe dem einzelnen gegenüber betrachtet. Nun fragen wir, was ist denn die Gemeinschaft ihrem Wesen nach? So wenig wir bei Führer und Volk hier eine den Inhalt ausschöpfende Antwort zu geben vermochten, ebensowenig kann dies hier in bezug auf die Gemeinschaft geschehen. Wir können sie vielleicht dadurch am besten mit Worten erklären, daß wir sagen, daß sie der Ausdruck des Bewußtwerdens einer gleichgerichteten inneren Einstellung bei verschiedenen Menschen bedeutet. Wie das vor sich geht, welche Deutungsversuche gerade darüber in der Jugendbewegung aufgetaucht sind, das alles kann uns hier, wo es uns um das Ereignis an sich zu tun ist, gleichgültig bleiben. Wenn wir festgestellt haben, daß das Wesen der Gemeinschaft im innerlichen gleichen Bewußtsein ihrer Glieder besteht, so liegt eigentlich dann schon der weitere Inhalt mit eingeschlossen. Wir denken an die Möglichkeit eines durch die Gemeinschaft zu erfüllenden Werkes, die in jeder Gemeinschaft verborgen liegt. Eine Aufgabe erwächst, wird erkannt, und schließlich wird ihre Verwirklichung zum Sinn der Gemeinschaft selbst erhoben. Der einzelne tritt zurück, das Werk allein wird das Wesentliche, die Schöpfung, die aus der Gemeinschaft erstehen soll, hat den Vorrang vor den Gliedern der Gemeinschaft, die sie schaffen.

Wenn wir so die notwendige Art unserer heutigen Arbeitsweise betrachten, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß es kaum möglich sein wird, diese Mechanisierung zu ändern, ohne die Voraussetzungen unseres Massenlebens selbst, das uns Schicksal bedeutet, zu zerstören, dann erkennen wir den Wert und die Bedeutung, die in der Gemeinschaft für das Leben des einzelnen liegen. Hier in diesem Abschnitt berührt uns nur die Tatsache des Bestehens dieses Bewußtseins in der Jugend überhaupt. Später werden wir versuchen müssen, wenn wir die Folgerungen für die Wertung des Staates zu ziehen haben, zu untersuchen, ob es möglich sein kann, dem Erlebnis der Jugend auch in der Wirklichkeit zum Ausdruck zu verhelfen.

Individualismus und Sozialismus.
Es ist ganz bezeichnend, daß wir in der ganzen Jugendbewegung keine ausgesprochen individualistische Einstellung wahrnehmen können. Wohl haben wir, was die Art des Denkens anbetrifft, einen äußerst starken Subjektivismus, aber das äußert sich nur in der Ablehnung aller von außen kommenden Gedanken, die eine Herrschaft über die Seele der Jugend beanspruchen, nicht etwa aber im Individualismus als Anschauung. Man kann geradezu [27] die Jugendbewegung als Empörung gegen diejenigen Menschen ansehen, die in den Ibsenschen Dramen ihre Verkörperung gefunden haben. Und das war Individualismus in äußerster Prägung. Daraus aber, daß diese Art Mensch abgelehnt wurde, folgt nicht, daß nun der Sozialismus im alten Sinn in der Jugendbewegung lebendig sei. Wo wir heute den Sozialismus in der Jugend bei den Proletariern vertreten sehen, muß auffallen, welch ein Unterschied hier sich in dem, was gefühlt wird und dem, was dann in Form von Dogmen geäußert wird, besteht. Für diese Jugend ist der Sozialismus nicht das, was er für Marx und Engels war, nämlich die notwendige und deshalb auch gewünschte Ablösung des Kapitalismus, nicht etwa durch seine Umkehrung, sondern durch eine geschichtlich notwendige Änderung der Organisation, durch den Sozialismus. Heute aber steckt hinter dem Sozialismus in der Jugend einmal die Auflehnung gegen den Individualismus der Alten, auf der anderen Seite aber Empörung gegen die Mechanisierung. Da aber muß in äußerster Klarheit erkannt werden, wie sich hier die Einstellung zum Sozialismus selbst mit der Zeit geändert hat. Wenn er bei Marx eine objektive Notwendigkeit des geschichtlichen Vorgangs war, ist er in der proletarischen Jugend nur eine subjektive Notwendigkeit, er erscheint hier nur als Mittel zur Überwindung der seelischen Not, das gefordert wird, weil noch kein anderer Weg sichtbar ist. Aber man muß erkennen, daß Sozialismus in marxistischem Sinne nur gesteigerte Mechanisierung bedeutet, die doch gerade die proletarische Jugend so schwer empfindet. Die Mechanisierung durch die Sozialisierung auszutreiben, ist ein Versuch, mit untauglichen Mitteln unternommen. Wir erkennen hier also deutlich, daß unter den Formen einer sozialistischen Dogmatik etwas Neues, nämlich die Lebensform der Gemeinschaft genauso erstrebt wird, wie in aller anderen Jugend auch. Aber läßt sich nicht einheitliches Bewußtsein leicht erzielen, wenn starke Gleichheit der Einstellung festgestellt werden kann und man nur noch über den äußeren Weg streiten muß?

Und so sehen wir hier erst die wahre geschichtliche Bedeutung der Gemeinschaft, deren Sinn im Werk, deren Aufgabe in der Verwurzelung des einzelnen inmitten gleichgerichteter Menschen liegt. Diese Lebensäußerung, die in der Jugend entstand, ohne Bewußtsein ihres Wertes zunächst als ganz ursprüngliches Erleben, sie bedeutet eine Überwindung von Sozialismus und Individualismus zugleich und damit ein Heraustreten aus den unerbittlichen Gegensätzen, die unsere Zeit beherrschen. Dabei ist sie nichts anderes als das Wiedererwachen [28] alter Formen, die im deutschen Recht und in der deutschen Stadt des frühen Mittelalters schon lebendig gewesen waren. Und wenn damit auch nicht gesagt werden soll, daß wir für unsere Zeit ihr Wiedererstehen im äußeren Sinne verlangen, so muß doch die Bedeutung dieser Formen für das Bewußtsein erkannt werden. Hier war es unsere Aufgabe, das Bestehen dieser Anschauungen zu zeigen. Später werden wir uns bemühen müssen, sie auch mit Bewußtsein in unser staatliches Leben einzuordnen. Dann erst ist die Staatsanschauung der deutschen Jugend auch lebendig geworden.

Zuvor aber wollen wir noch kurz das Gefundene zusammenfassen. Bei unserm Überblick über die deutsche Jugendbewegung sind uns die Lebensäußerungen von Führer, Volk und Gemeinschaft begegnet. Damit ist selbstverständlich die Jugendbewegung ihrem Inhalt und ihrer Bedeutung nach noch nicht ausgeschöpft und kaum Vollständiges über die Staatsanschauung selbst gesagt. Aber was wir in notwendiger Beschränkung hier gefunden haben, das gibt uns doch die Grundlage, von der aus wir zu einer Einstellung zum Staat aus dem Bewußtsein der Jugend gelangen können.

Wir erkennen aber schon jetzt, daß aus diesem Staatswillen heraus manche Gegensätze, die heute die Welt zu zerreißen drohen, durch etwas Neues überwunden werden können. In der Jugend besteht eine Gesinnung, die von sich aus etwas durchaus anderes darstellt als Individualismus oder Sozialismus, die eine neue Einstellung zu der Frage Internationalismus und Nationalismus gefunden hat. Und all dies ist kein Verwischen bestehender alter Gegensätze, sondern es ist das Heraufkommen einer neueren Richtung, die hinter allen alten Anschauungen sich eben als neues Staatsbewußtsein herausstellt.

Es ist uns gleichgültig, wie man nun von irgendwelchen Gesichtspunkten diese Staatsanschauung, die sich in Führer, Volk und Gemeinschaft ihre Sinnbilder geschaffen hat, einordnen will. Wir haben die Tatsache ihres Bestehens erkannt und wissen, daß hier in noch ungeprägter Gestalt etwas Ursprüngliches unserm eigensten Wesen als Volk entsprungen ist, sich durchringt.

Im folgenden wollen wir nun den Weg zu gehen versuchen, der von einer politischen Jugendbewegung beschritten werden muß, aber auch nur von ihr allein begangen werden kann: aus der Staatsanschauung der Jugend heraus, durch das Erlebnis des Staates in der deutschen Jugendbewegung die Einstellung zum Staat selbst klarzulegen, um [29] Richtungspunkte für unser Handeln zu erhalten und durch den jungen deutschen Geist wieder zu einer Einheit von Staat und Volk zu gelangen.

Wir fragen nach der Staatsgestaltung durch das erwachte deutsche Staatsbewußtsein.

III. Die Einstellung zum heutigen Staat

Alles, was bis jetzt von uns vom Staatsbewußtsein in der deutschen Jugendbewegung gesagt wurde, war unabhängig von der Frage der Möglichkeit seiner Verwirklichung. Die Einstellung an sich wurde klarzulegen versucht zunächst ohne Berücksichtigung der Frage, ob überhaupt in irgendeinem Staat eine solche Anschauung je durchgesetzt werden kann. Ganz allgemein haben wir festgestellt, daß die Lebensäußerung: Führer, Volk, Gemeinschaft Gleichnis einer in der Jugendbewegung bestehenden Staatsanschauung ist. Damit ist uns aber der Ausgangspunkt gegeben, von dem aus wir jetzt die Untersuchung fortführen können zu der Frage, wie diesem Fühlen auch Ausdruck gegeben werden kann. Hier erst beginnt die eigentliche Aufgabe der politischen Jugendbewegung, bei der Gegenüberstellung von Bewußtsein und Wirklichkeit.

Denn eines muß klar hervorgehoben werden: alle Politik, auch wenn sie von der jugend betrieben wird, kann nur im Hinblick auf das tatsächlich Gegebene vorgehen. Man muß erkennen, wie alles in Wirklichkeit bedingt und verknüpft ist. Alles Staatsbewußtsein kann uns nicht helfen, solange es nicht in Berührung mit der Umwelt den Weg seiner Verwirklichung gefunden hat. Ohne die Erkenntnis dieser Notwendigkeit, ohne den festen Willen, auf den Grund der Erscheinungen zunächst unabhängig von Wunsch und Sehnsucht vorzudringen, hat eine politische Jugendbewegung einfach keinen Sinn. Gewiß soll uns auch im folgenden kein Kleinkram beschäftigen. Aber wenn die Jugendbewegung noch so unklar erscheint, so kommt dies vor allen Dingen durch ihre Unfähigkeit, aus dem Bereich der bloßen Fragestellung herauszutreten. Wir haben im vorigen Abschnitt uns die Grundlagen einer Anschauung geschaffen, von der wir glauben, daß sie großen Teilen der Jugendbewegung gemeinsam ist. Nun sehen wir uns den heutigen demokratischen Staat an und fragen, ob in ihm die Möglichkeit vorhanden ist, dem Staatsbewußtsein der Jugend Ausdruck zu verleihen. Das müssen wir tun, ganz einerlei, zu welcher Stellungnahme wir nachher [30] kommen. In der Politik kann ein bestehender Zustand in der Bewertung nicht einfach übergangen werden. Hier besteht der Vorrang des Seienden vor dem Werdenden.

Und wenn wir so einmal aus dem Bewußtsein der Jugend heraus uns den heutigen Staat ansehen, soll nicht übersehen werden, daß alle Rechtsform, alle äußere Ordnung in ihrer Bedeutung nicht zu hoch eingeschätzt werden darf. Es ist ganz verkehrt, wollte man sich nur an die Verfassung eines Staates bei seiner Beurteilung halten. Viel wichtiger ist es, zuzusehen, wie sich das Leben hinter all diesen Formen abspielt. Man muß prüfen, ob es nicht auch hinter einer bestehenden Verfassung ausreichende Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Am Ende sind es ja doch nur die Menschen, die sich der Rechtsformen bedienen, um ihre Zwecke in irgendeiner Hinsicht und Ordnung durchsetzen zu können, und nicht sind es umgekehrt die Gesetze, die ein Eigenleben führen und ihre Schöpfer selbst unter ihre Herrschaft bringen. So werden wir nicht daran vorübergehen können, uns als politische Jugendbewegung mit der Demokratie auseinandersetzen zu müssen. Denn Demokratie in ausgeprägtester Form, das ist es ja gerade, was heute in Deutschland Staatsrecht bedeutet.

Formale Demokratie?

Wir müssen nun zunächst versuchen, das Wesen dieser Staatsform zu umgrenzen. Ein Urteil über sie kann niemals gefällt werden, wenn man nur die Wirkung der Demokratie in unseren Fragen beobachtet. Man muß sich mit der Erscheinung an sich auseinandersetzen.

Was ist Demokratie?
Wenn man die Fülle der heute bestehenden und wirksamen Verfassungen überblickt, könnte man den Eindruck gewinnen, als ob es unendlich viele Möglichkeiten des Staatsaufbaues gibt. Wir begegnen Monarchien, Republiken, Rätestaaten, wir finden Parlamentarismus und manche andere Form. Und doch lassen sich alle diese vielen Erscheinungen als Ausstrahlungen zweier großer Gesellschaftsinhalte begreifen: der eine ist eine Gesellschaft, in der das Vorrecht der Herrschaft einzelnen Klassen allein zusteht, der andere aber ist die Gesellschaft, in der der Staat Ausdruck der Macht und des Willens des ganzen Volkes ist. Und diesen letzten Staat können wir zunächst einmal ganz allgemein als Demokratie bezeichnen. Freilich ist damit noch nicht viel gesagt. Wir müssen später versuchen, hier dieser allgemeinen Gestalt eine fest umrissene Bestimmung zu geben. Aber auch jetzt schon können wir aus unserem Begriff manches ableiten. Wenn in der Demokratie das ganze Volk Träger der Macht ist, dann ist [31] die Folge davon, daß die Führer dem Staate erwachsen können, gleichgültig, aus welcher Klasse sie stammen, dann ist es ersichtlich, daß der Mensch nicht nach den Umständen seiner Geburt gewertet wird, sondern nach dem, was er in der Gesellschaft leistet, und es ist weiterhin als Folge aufzustellen, daß Demokratie immer nur da möglich sein kann, wo das Volk zur Bewußtheit und damit zur Reife gelangt ist. Wir haben aber gesehen, daß mit dem Bewußtwerden des Volkes gleichzeitig ein Erlebnis des Volkstums in neuer Weise sich vollzieht. So können wir zusammenfassen:

Demokratie ist der vom Bewußtsein des ganzen Volkes getragene Staat, in dem der Wertvolle, unbekümmert von gesellschaftlichen Schranken sich durchsetzt, in dem der Mensch nach seiner Leistung, nicht nach seiner Geburt gewertet wird, und dessen Politik als Wertmaßstab die Schaffung der Möglichkeiten für die Entwicklung des ganzen Volkes aufstellt.

Das ist eine Umgrenzung, die es mehr auf das Tatsächliche absieht. Rein gedanklich ausgedrückt bedeutet dies alles den Grundsatz der Gerechtigkeit, aus dem sich dann die Forderung gleicher Entwicklungsmöglichkeit für alle ableitet. Es wird später unsere Aufgabe sein, diesen Inhalt auf das genaueste mit dem Staatsbewußtsein der Jugendbewegung zu messen und zu werten. Jetzt aber muß eine Gegenüberstellung versucht werden auf der einen Seite des Wesens der Demokratie, und auf der anderen Seite derjenigen Zustände, die wir in der sogenannten westlichen Demokratie vor uns sehen.

Die westliche Demokratie.
Wenn man die Demokratie angreift, dann verweist man immer auf die Zustände in den parlamentarischen westlichen Ländern. Und in der Tat scheinen ja diese Länder auf den ersten Blick bis in die letzte Folgerichtigkeit hinein in ihrem Staatsrecht demokratisch zu sein. Hier ist dem Volk durch das allgemeine Wahlrecht Einfluß auf die Politik gegeben; hier hat das Parlament die Macht, von sich aus der Regierung die Richtung zu verleihen. Aber wir müssen uns darüber klar werden, daß das alles bis zu einem gewissen Grade nur äußerliche Anzeichen sind. Es muß mit allem Nachdruck betont werden, und wir legen auf das nun kommende das äußerste Gewicht: ein Staat wird noch nicht dadurch demokratisch, daß er allerlei äußere Formen der Demokratie annimmt (formale Demokratie); sondern erst in dem Augenblick beginnt die demokratische [32] Entwicklung, in dem der Staat in seinem Aufbau, in der Zusammensetzung seiner Gesellschaft den Aufstieg und die Auslese der Wertvollen ermöglicht; die Demokratie wird erst dann wahrhaft lebendig, wenn das ganze Volk in seinem Bewußtsein und Willen den Staat als seinen eigenen empfindet. Sind nun die westlichen Länder in diesem Sinne wahrhaft demokratisch, bedeutet dort die Demokratie anderes als nur äußere Form? Das muß angesichts der Tatsachen einfach verneint werden. Es ist keine Demokratie, wenn unter Verkündung des Grundsatzes der Gleichheit die Gegensätze zwischen Arbeitern und Unternehmern immer größer werden und gar kein Versuch gemacht wird, hier Auswege zu finden. Es ist keine Demokratie, wenn in diesen Ländern ein Schulwesen besteht, das wohl den Reichen die Möglichkeit völliger Ausbildung gewährt, den anderen aber den Zugang zum Wissen versperrt. Und es ist vor allem keine Demokratie, wenn ein politischer Zustand aufgerichtet wird, dessen Grundlage die Knechtung des größten mitteleuropäischen Volkes ist. Dies alles steht nicht nur im Gegensatz zu dem, was wir als Wesen der Demokratie erkannt haben; es widerspricht auch in seinen Wirkungen allen Grundsätzen, die je von Denkern und Staatsmännern für die Demokratie aufgestellt wurden. Und es braucht kaum ausgesprochen zu werden, daß ein solches Zerrbild aller Demokratie aus dem deutschen Staatsbewußtsein der Jugendbewegung heraus abgelehnt werden muß.

Die deutsche Demokratie.
Nach allem Vorausgegangenen erscheint es zunächst begreiflich, wenn in Deutschland die Einführung der Demokratie vor allem in Teilen der Jugendbewegung mit Mißtrauen beantwortet wurde. Man sah eben in den westlichen Ländern unter dem Vorwand der Demokratie Zustände, die mit dem Staatswillen der Jugend nicht vereinbar waren, und man befürchtete, daß eben solches für Deutschland bevorstehe. Aber wir haben gezeigt, daß diese formale, rein äußerliche Demokratie einen Widerspruch darstellt zum Wesen und Grundsatz der Demokratie selbst. Deshalb muß auch ganz deutlich erkannt werden, daß eine Ablehnung zum Beispiel der französischen Demokratie niemal seine Ablehnung der Demokratie selbst bedeutet. Hier muß in der Jugend Klarheit geschaffen werden. Nie werden wir zu einem einheitlichen Staatsbewußtsein kommen, wenn schon zu Beginn Mißverstehen und Verwechslungen herrschen. Unsere deutsche Not kommt nicht daher, daß wir [33] Demokratie haben, sondern sie erwächst, ganz abgesehen von den Gründen der Niederlage, aus durchaus anderen Ursachen. Sie kommt aus der wirtschaftlichen Entwicklung zum Großbetrieb und der dadurch bedingten Mechanisierung, aus dem heutigen Massenleben, aus dem Entwurzeltsein, aus all diesen unzähligen Gründen, deren völlige Aufzählung nicht möglich ist. Und ganz unabhängig davon, ob wir nachher aus dem deutschen Staatsbewußtsein der Jugend heraus die Demokratie bejahen können oder nicht, müssen wir erkennen, daß mit der Einführung der Demokratie in Deutschland dem Volk nicht etwas Vollendetes schon gegeben wurde, sondern daß uns hier die Aufgabe gesetzt ist, in langem Ringen, in langsamer Arbeit aus diesem Staatsrecht einen wirklich deutschen Staat erstehen zu lassen. Hier ist die Möglichkeit, dem Staat das Gepräge eigenen Wesens zu geben, zum erstenmal in der Geschichte Deutschlands vorhanden, und man kann deshalb nur im Bewußtsein einer ungeheuren Verantwortung an die Wertung unseres heutigen demokratischen Staates herangehen. Denn die Demokratie ist heute in Deutschland weit von letzter Verwirklichung entfernt. Wir aber fragen, kann die Jugend in voller Überzeugung aus ihrem innersten Staatserlebnis heraus diese Gestalt des Staates billigen? Wenn ein Wust von Nichtverständnissen beseitigt sein wird, wenn in der Jugend das schlummernde Staatsbewußtsein zur Klarheit erwacht, wenn die ganze Jugendbewegung sich selbst ihrem Wesen nach begreifen lernt, wenn erkannt wird, daß ihr junger Staatswille allen Erscheinungen des Individualismus wie des Sozialismus fremd ist, dann wird die Zeit kommen, wo aus der Jugend heraus ein politisches Wollen nach Verwirklichung streben wird, wo der Kampf beginnt um den wahren deutschen Volksstaat, um die deutsche Demokratie. An diesem Tage wird auch die Bedeutung einer demokratischen Jugendbewegung erkannt werden.

Die deutsche Demokratie

Wir haben gesehen, daß wir, nachdem uns die Grundlagen der Demokratie gegeben wurden, nun erst die Möglichkeiten dieser Staatsform zu entwickeln haben. Auf unseren Willen allein kommt es an, und aus der Demokratie heraus kann dann unsere Forderung sich verwirklichen. Wir müssen eben immer mehr begreifen lernen, daß wir [34] heute nur die allgemeine Voraussetzung der wahren Demokratie besitzen, und man muß nun untersuchen, wie aus dieser bis jetzt noch unvollendeten Gestalt in langer Arbeit der deutsche Volksstaat verwirklicht werden kann. Wir werden zunächst, aus dem Grundsatz der Demokratie heraus, Forderungen für die Gegenwart aufstellen und dabei weniger an das Äußere des Staatsaufbaues denken als an das dahinterstehende Leben selbst. Dann können wir untersuchen, wie sich diese Wünsche, die dem innersten Wesen der Demokratie entspringen, zu der Staatsanschauung der Jugendbewegung verhalten.

Die Demokratie in der Erziehung.
Wir sahen in unserer Begriffsbestimmung der Demokratie, daß sie dazu führt, daß der Wertvolle, unbehindert von Geburt und Vorurteilen dahin gestellt wird, wo er für das Ganze des Volkes am meisten leisten kann. Nun fragt es sich, wie dieser Grundsatz in das Leben selbst einzuführen ist. Wir müssen uns dabei von vornherein klar werden, daß es sich jetzt hier um Dinge handelt, die in ihrer Ausführung nicht unmittelbar wirksam werden können, sondern die zu ihrer Durchsetzung eine gewisse Zeit brauchen. Denn wie ist es denn heute noch? In unseren Tagen ist Bildung noch überwiegend eine Geldfrage. Und je mehr sich unsere Armut als Volk in ihrer nackten Deutlichkeit zeigen wird, je mehr man sich nach raschem Erwerb umzusehen gezwungen wird, desto größer wird hier die Gefahr, daß Reichtum allein zum Wissen verhelfen kann. Damit aber wäre gleichzeitig bedingt, daß die überwiegende Zahl der in der Gesellschaft führenden Menschen nach ihrer Geburt und ihrem Vermögen gewertet werden. Das aber wäre die Verhöhnung jeder Demokratie. Deshalb ist eine der Hauptforderungen, die wir stellen müssen, die Einheitsschule. In ihr allein ist ja allen die Möglichkeit der Entwicklung gegeben. Hier können Begabungen sichtbar werden, deren Aufstieg auf höhere Stufen erfolgen kann, ohne daß auf irgendeine Herkunft Rücksicht genommen wird. Aber diese rein äußerliche Fassung der Möglichkeit der Entwicklung für alle genügt noch nicht, da auch hier immerhin noch der Ausweg besteht, daß Reichtum eine Vorrangstellung nicht sichert, daß er unbegabten Kindern einfach durch Geldzahlung den weiteren Besuch auch höherer Schulen offen hält. Wir sehen damit, daß es mit der Durchführung des Grundsatzes an sich noch nicht getan ist. Es muß hinzutreten eine ganz strenge Art der Bewertung der Begabung der einzelnen Kinder. Die Erzieher müssen neben den Eltern einen viel stärkeren Einfluß auf die Berufswahl erhalten, weil sie viel besser die Notwendigkeiten der Allgemeinheit berücksichtigen können. Das alles im einzelnen aufzuführen, ist keineswegs Aufgabe dieser Schrift. Hier soll nur gezeigt werden, [35] wie die Demokratie im Leben selbst wirksam werden kann. Es gehört allerdings ein gewisser Mut dazu, sie auch richtig anzuwenden. In den Scheindemokratien des Westens hat man sich niemals dazu aufgerafft. Und immer wieder muß betont werden, daß diese Gestaltung im Leben selbst erst wahre Demokratie bedeutet. Hinter bloßem Parlamentarismus kann sich unendliche Klassenherrschaft und Bedrückung verbergen.

Wenn so als eine der Möglichkeiten, die Demokratie wahrhaft lebendig zu machen, die völlige Unabhängigkeit der Erziehung von Geld und Geburt gefordert wird, so ist darin keineswegs etwa eine oberflächliche Gleichmacherei enthalten. Im Gegenteil, hier wird gerade dem Zustand ein Ende gemacht, daß ungleich Begabte durch den Geldbeutel ihrer Eltern nun doch in bezug auf die Möglichkeiten der Bildung gleichgestellt werden. Also der heutigen Gleichmacherei wird die Wertung des Menschen nach seiner Begabung und seinen inneren Fähigkeiten entgegengesetzt, und eine Folge davon ist sinnvolle Abstufung nach Bedeutung und Können. Wir werden nachher untersuchen, ob nicht in der Frage der Erziehung die Forderungen auf den Grundsatz der Demokratie mit der Staatsanschauung der Jugendbewegung gleichlaufen. Zunächst aber wollen wir nun aus der Fülle der möglichen Beispiele heraus noch etwas genauer die Folgerungen aus der Demokratie für die Wertung der Leistung ziehen.

Die Demokratie in der Wertung der Leistung.
Wir haben in unserer Begriffsbestimmung der Demokratie es als ihr Wesensmerkmal bezeichnet, daß die Richtung und der Wertmaßstab der Politik nur durch die Möglichkeiten der Entwicklung des Volkes bestimmt wird. Daraus kann gefolgert werden, daß in der Demokratie die Leistung für das ganze Volk vor allem gewertet wird. Jeder einzelne muß daraufhin geprüft werden, was er für die Gesellschaft leisten kann. Darnach erst ist ihm der für ihn notwendige Platz gegeben. Hier liegt keinerlei Beschränkung in der Entfaltung des eigenen Lebens. Nur der Grundsatz ist ausgesprochen, daß jeder an der Stelle arbeiten soll, an die er durch sein Können gehört. Dem einzelnen und der Gemeinschaft ist dadurch in gleicher Weise gedient. Diese Forderung ist gerade in unserer Zeit aus dem Wesen der Demokratie heraus zu erheben. Man wird sich bald überlegen müssen, ob es angesichts unserer Not sich nicht ergibt, daß eine völlige Verschiebung der Berufe einzutreten hat. Es muß durchdacht werden, ob nicht im ausgedehnten Maße eine Entwicklung zum Bauerntum wieder einsetzen muß, ob nicht die [36] übergroße Zahl der Hochschulbesucher in anderen Gebieten der Betätigung besser wirksam werden könnten. Dabei ist Voraussetzung einer solchen Umstellung eine ganz andere Bewertung jeglicher Arbeit. Hier ist die Stelle, an der durch die Demokratie die meisten Vorurteile überwunden werden können. Aber nicht nur die Umschichtung der Berufe selbst folgt aus dem Grundsatz der Demokratie. Darüber hinaus greift sie auch vor allen Dingen ein in die Art des Zusammenwirkens der Arbeitenden innerhalb eines Betriebes. Hier wandelt sich das Verhältnis der Uberordnung in das der Einordnung unter das gemeinsame Werk. Anfänge dazu sind in Deutschland schon in mancher Beziehung gemacht. Und wenn sich nicht alles gleich ändert, so muß immer wieder bedacht werden, daß jeder wirklich ernste und verantwortungsvolle Fortschritt sich nur langsam durchsetzen kann. Es ist leichter, das Unmögliche zu fordern, als das Mögliche zu verwirklichen. Das alles kann hier nur andeutungsweise hervorgehoben werden, um zu zeigen, wie sehr die Demokratie in das Leben selbst eingreift und es gestaltet, wenn man sie nur mit Willen durchführt. Eine Fülle von Aufgaben tut sich hierauf. Wir denken hier vor allen Dingen an die ungeheuer wichtigen Siedlungsfragen, deren im Grunde demokratisches Wesen noch gar nicht recht erkannt wurde. Dann auch an das Problem der Selbstverwaltung in den Einzelstaaten und der damit verbundenen Möglichkeit einer Umgestaltung der deutschen Staaten innerhalb des Reiches. Und auch hier wird es nachher unsere Aufgabe sein, zu untersuchen, inwiefern die Forderung der Demokratie nach Wertung der Leistung der Staatsanschauung der Jugend entspricht.

Demokratie und Erlebnis des Volkstums.
Wir kommen bei der Besprechung des Verhältnisses von Volksbewußtsein und Demokratie zu einer Frage, an deren völligem Mißverstehen nicht nur in Teilen der Jugend, sondern auch im Volk überhaupt man ermessen kann, welche Berge von Nichtwissen und Nichtverstehen zu überwinden sind, will man heutzutage das Wesen der Demokratie klarlegen. Man hat scheinbar die einfache Wahrheit vergessen, daß Demokratie zur Voraussetzung das Erwachen des Volksbewußtseins hat. Die Demokratie ist doch nicht ein Zustand, der in irgendeiner Zeit beliebig eingeführt werden könnte. Sie ist dann erst überhaupt ihrem Wesen nach denkbar, wenn sie vom Willen des ganzen Volkes getragen wird. Nun aber sind doch der Wille des Volkes, den [37] Staat von sich aus zu gestalten, und sein Erwachen zum Bewußtsein seines Wertes nichts als zwei Seiten ein und derselben Sache. Und mithin ist die Demokratie nie etwas anderes, als der Ausdruck dafür, daß ein Volk als ganzes beginnt, national zu fühlen. Eine Demokratie, deren Volk sich nicht als eigen und wertvoll erkennt, dessen Wollen noch nicht erwacht ist, hat es in aller Geschichte nie gegeben. Man denke nur an die Griechen! Es gibt einen Augenblick in der Geschichte des Volkes, an dem die Demokratie einfach notwendig wird, das ist der Tag, an dem durch das Volk das Bewußtsein seines Wertes und seiner Bestimmung geht. Es ist das Erlebnis ihrer ganzen Geschichte überhaupt, das da plötzlich den Massen bewußt wird und die Demokratie unvermeidbar macht. Am 1. August 1914 war über die Notwendigkeit der Demokratie für das deutsche Volk entschieden. Alles, was nachher kam, konnte dieses einmalige und wunderbare Ereignis, das durch nichts in seinem Wert getrübt werden kann, nur in seiner Bedeutung und Wirkung verstärken.

Die Notwendigkeit der Demokratie.
Ganz unabhängig davon, ob wir nun wirklich in der gleich folgenden Untersuchung aus dem Staatsbewußtsein der Jugend heraus die Demokratie bejahen müssen oder nicht, können wir jetzt schon feststellen, daß die Demokratie innerhalb der deutschen Geschichte eine Notwendigkeit bedeutet. Das Volk ist durch das Kriegserlebnis endgültig zum Bewußtsein seines Wertes gelangt. Seine Reife ist in unendlichen Leiden im Felde und in der Heimat erwiesen. Lassen wir uns doch nicht durch die Krankheitserscheinungen der Niederlage täuschen. Und räumen wir vor allen Dingen mit der falschen Vorstellung auf, daß wir nur durch die Demokratie zu Fall gebracht worden seien. Es ist erbärmlich, angesichts der Größe unseres Unglücks, nach Schuld zu suchen. Wenn doch alle erkennen wollten, daß unsere Niederlage durch gar nichts anderes herbeigeführt wurde, als durch den Verrat der Fürsten von Österreich und Bulgarien und vor allem durch die Tatsache, daß die ganze Welt, von den Amerikanern bis zu den Negern, gegen das deutsche Volk standen, daß des Sieges Kraft der in ihm ruhenden Möglichkeiten wert gewesen wäre, aber dessen Erreichung doch fast nur durch ein Wunder sich hätte vollziehen können. Also auch hier müssen Mißverständnisse über Mißverständnisse weggeräumt werden, damit erkannt wird, daß die Demokratie durch das Bewußtwerden und Erwachen des ganzen Volkes kommen mußte.

Wir haben damit zu zeigen versucht, daß die Demokratie nichts ist, was nur am Äußeren des [38] Staatsaufbaues haftet. Sie greift ins Leben selbst als gestaltender Grundsatz ein. Sie wirkt nicht nur organisatorisch, sondern auch schöpferisch. Damit ist aber das eigentliche Wesen der Demokratie als Lebensform überhaupt erkannt. Ihr staatlicher Ausdruck kann verschieden und wechselnd sein. Es kommt auf den dahinterstehenden Aufbau der Gesellschaft und des Lebens an. Und weiterhin haben wir gesehen, daß wir durch das im Weltkrieg erwachte deutsche Volksbewußtsein gar keine Wahl mehr haben, ob wir die Demokratie annehmen wollen oder nicht. Sie ist uns zur notwendigen Art unseres Zusammenlebens als Volk geworden. Daran kann kein Wunsch etwas ändern. Uns bleibt jetzt nur noch die wichtige Aufgabe der Untersuchung, wie sich das Staatsbewußtsein der Jugendbewegung zu dieser nun einmal gegebenen Demokratie stellt. Immerhin wäre trotz aller äußeren Notwendigkeit dieser Staatsform eine innere Ablehnung durch die Anschauung der Jugend möglich. Wir aber werden jetzt den Nachweis bringen, daß die deutsche Jugendbewegung, wenn sie sich einmal aufrichtig prüft, wenn sie ehrlich manche unklaren Vorstellungen überwindet, und auf den Grund der Dinge selbst vordringt, aus ihrem innersten Wesen heraus die deutsche Demokratie bejahen muß. Und deshalb kann eine politische Jugendbewegung, die sich aus ihrer Mitte heraus entwickelt, niemals etwas anderes sein, als eben eine demokratische Jugendbewegung.

Demokratie als gestaltendes deutsches Staatsbewußtsein

Bei unserer Betrachtung der Jugendbewegung fanden wir in den Erscheinungen von Führer, Volk und Gemeinschaft die Gleichnisse einer gewissermaßen noch unbewußten und unklaren deutschen Staatsanschauung.

In unserer Begriffsbestimmung der Demokratie konnten wir feststellen, daß ihr Wesen in einem Staat beruht, der vom Volksbewußtsein getragen wird, in dem der Wertvolle aufsteigt, in dem der Einzelne nur nach der Leistung, nicht nach der Geburt, bewertet wird.

Wir müssen nun die einzelnen Ereignisse, die uns als Staatsbewußtsein der Jugendbewegung entgegentreten, mit dem Wesen der Demokratie kurz gegenüber stellen.

Der Führer in der Demokratie.
Aus unserer Betrachtung des Führertums der Jugendbewegung mußten wir den Schluß ziehen, daß kein Staat Ausdruck des Bewußtseins der Jugend sein kann, der in seinem Aufbau das Lebendigwerden des Führertums unmöglich [39] macht. Keine Art des Klassenstaates kann also die Sehnsucht der Jugendbewegung erfüllen. Denn hier werden Schranken gesetzt, hier kann der Wertvolle sich nicht entwickeln, da der Mensch nicht an sich, sondern die ganzen Umstände seiner Herkunft gewertet werden und einzelne Schichten das Vorrecht der Herrschaft allein besitzen. Aber gerade das Wesen der Demokratie ist es, das dazu führt, daß in ihr sich das Führertum entwickeln kann. Selbstverständlich nicht in der Art, daß es in Staatseinrichtungen gefördert würde; es hat nur die freie Möglichkeit der Entfaltung; es allein hat die Staatsgestaltung in den Händen. Selbst in der Demokratie bildet sich so ein Kreis von Herrschenden, eine gewisse Aristokratie. Aber das ist eine Aristokratie auf demokratischer Grundlage. Und grade das ist es, was in der Jugendbewegung, vor allen Dingen bei den Freideutschen, ersehnt wird.

Nichts ist falscher als die Vorstellung, als ob die Demokratie schrankenlose Massenherrschaft bedeute. Im Gegenteil. In Klassenstaaten sind die Gewalthaber, einfach um sich zu erhalten, genötigt, oft den Launen des Volkes nachzugeben. In der Demokratie, in der die Führer aus der Gemeinschaft des ganzen Volkes erwachsen sind, in der die Gleichheit in der für alle bestehenden Möglichkeit des Aufstiegs liegt, aber tritt ein neues Gefühl in die Beziehung zwischen Führer und Volk: das Vertrauen. Auf dieses und auf die eigene Verantwortung stützen sich die Führer in der Demokratie, wenn sie die Staatsgestaltung in die Hand nehmen. Und in der Demokratie verwirklicht sich das Führertum durch die Möglichkeit seiner Auswirkung an der ihm gemäßen Stelle, ohne daß auf Geburt Rücksicht genommen wird.

Damit aber ist erwiesen, daß in der Demokratie die Sehnsucht nach wahrem Führertum seinen Ausdruck findet,und das deshalb in bezug auf das Führertum die Demokratie aus dem Staatsbewußtsein der Jugend heraus bejaht werden muß.

Das Erlebnis des Volkstums in der Demokratie.
Wir haben schon mit allem Nachdruck betont, daß Demokratie mit dem Erwachen des Volksbewußtseins überhaupt erst möglich wird. So können wir nur noch feststellen, daß auch in bezug auf das Erlebnis des Volkstums in der Jugendbewegung die Demokratie als der nach außen hin sichtbare Ausdruck angesehen werden muß. In der Demokratie kann jedes wahrhafte Volksempfinden [40] lebendig werden. Die Sehnsucht aus dem Wesen des Volkes heraus den Staat zu gestalten, ist ja schon ihrer ganzen Art nach rein demokratisch. Der Staat soll der Ausdruck des Bewußtseins des ganzen Volkes sein. Das aber ist doch nichts anderes als Demokratie, das hier gefordert wird! Und so muß die Jugend grade auch aus ihrem Erlebnis des Volkes heraus zu einer Bejahung der Demokratie kommen.

Die Gemeinschaft in der Demokratie.
Aus dem Grundsatz, daß der einzelne nach seiner Leistung gewertet wird, folgt der Gedanke, daß auch in der Demokratie der Vorrang des Werkes, der allgemein notwendigen Arbeit vor dem einzelnen besteht. Wir haben aber aus dem Bewußtsein der Jugend heraus gefunden, daß dies das Wesen der Gemeinschaft bedeutet. Wie die Demokratie schon im kleinsten Betriebe die einzelnen unter das gemeinschaftliche Werk unterordnet, so schafft sie in immer größerem Aufbau schließlich die ganze Volksgemeinschaft, deren Aufgabe in der Entfaltung aller in ihr möglichen Werte besteht. Der einzelne wird eingeordnet und erhält den Sinn seines Lebens durch die ihm eigene Arbeit, die in ihrer Wirkung nichts als ein Teil des Gesamtwerkes ist. Wir haben schon gesehen, welche Bedeutung dieser Gedanke für das Bewußtsein des ganzen Volkes hat; wir haben erkannt, daß hier die Stelle ist, von der aus der Individualismus und der Sozialismus zugleich überwunden werden können. Und wir sehen jetzt, daß dieses andere, das hinter diesen unglücklichen Gegensätzen als Einheit möglich ist, in der wahren Demokratie sich verwirklicht, die hier in der Gestalt der Volksgemeinschaft ihre überwindende Kraft beweist. Damit aber ist gleichzeitig festgestellt, daß auch aus dem Erlebnis der Gemeinschaft heraus die Demokratie von der Jugendbewegung bejaht werden muß.

Die Demokratie als Ausdruck des Staatserlebnisses der deutschen Jugend. Wenn wir so festgestellt haben, daß die Jugend in ihrem innersten Wesen selbst demokratisch eingestellt ist, freilich ohne dies bis jetzt klar erkannt zu haben, so können uns alle diejenigen Vorwürfe nicht treffen, die man etwa der heutigen demokratischen Tagespolitik in mancher Hinsicht vielleicht zu machen berechtigt ist. Wir haben schon betont, daß das Wesen einer Sache durchaus zu trennen ist von einer zufälligen und fehlerhaften Verwirklichung.

[41]
Wir haben es eingangs als die Aufgabe einer politischen Jugendbewegung bezeichnet, aus dem Staatsbewußtsein der Jugend heraus die Einstellung zum Staat selbst zu finden. Auf unserer Suche nach diesem Staatsbewußtsein sind uns als sein Ausdruck Führer, Volk und Gemeinschaft begegnet, und als wir die heute notwendige Demokratie untersuchten, mußten wir zu dem Ergebnis kommen, daß sie aus dem Staatswillen der Jugend heraus zu bejahen ist. Damit aber ist die Demokratie in Deutschland nicht nur das Ergebnis einer geschichtlich nicht aufhaltbaren Entwicklung, sie ist darüber hinaus noch als der wahre Ausdruck des Staatsbewußtseins der Jugendbewegung klar erkannt. Hier eint sich in der Geschichte des deutschen Volkes wieder einmal das Notwendige mit dem Ersehnten. Wie früher die deutsche Einheit nicht nur ein Traum des deutschen Volkes war, der sich durch Jahrhunderte seiner Geschichte hinzieht, sondern auch aus den äußeren Umständen heraus notwendig wurde, so ist es heute in der Demokratie. Wir müssen sie aufrichten, weil das Volk durch das Erlebnis reif geworden ist und damit ihre Voraussetzungen schuf. Wir wollen sie aber auch entwickeln, da sie in sich die Möglichkeit der Verwirklichung der deutschen Staatsanschauung birgt. Im Wollen des Notwendigen, darin zeigt sich jene Freiheit, die als beste Lehre Preußens auf das deutsche Volk als ganzes übergegangen ist. Und so entscheidet sich auch die Jugend aus ihrem Bewußtsein heraus in Freiheit zur Demokratie.

Wie in jeder Entwicklung, so geht es auch in der Jugendbewegung vom ursprünglichen Fühlen zu immer größerer Klarheit. Dabei braucht das Eine durch das Andere nicht zu leiden. Wenn wir aber klar erkennen, so sehen wir, daß die Demokratie nichts anderes als das Bewußtwerden der deutschen Staatsanschauung in der Jugendbewegung ist. Sie bedeutet ihr eigentliches Staatserlebnis. Und in der Verwirklichung der Demokratie zeigt sich die größte Aufgabe, die einer Jugend überhaupt gestellt werden kann, und die doch von niemand anderem zu vollenden ist. Denn wenn wir wieder ein einheitliches Staatsbewußtsein in Klarheit unser eigen nennen, dann ist die wesentlichste Aufgabe unseres Wiederaufstieges bereits erfüllt. So wird sich aus dem Bewußtsein der Jugend heraus die deutsche demokratische Jugendbewegung entwickeln. Heute steht sie erst im Anfang ihrer Entfaltung. Aber es wird ein Tag kommen, an dem sie in ihrer Notwendigkeit und in ihrer Jugendlichkeit zugleich erkannt werden wird.

[42]

IV. Die Aufgaben einer politischen Jugendbewegung

Wir haben nun die Einstellung und die Richtung der demokratischen Jugendbewegung aus der Gesamterscheinung der deutschen Jugendbewegung heraus entwickelt. Und es bleibt uns nur noch die Aufgabe, es klar zu umgrenzen, wie diese politische Jugendbewegung sich zu den anderen Richtungen verhält. Es ist ja keineswegs zu verkennen, daß sie in ihrer Art etwas besonderes darstellt. Aus ihrem Wesen als politische Jugendbewegung heraus verwirklicht sich in ihr eine Verbindung von Ursprünglichkeit und Klarheit der Einstellung. Deshalb ist sie doch nicht weniger Jugendbewegung wie alle anderen Richtungen auch. Denn selbst die Jugendbewegung muß lernen, sich als Entwicklung zu begreifen, die aus anfänglicher Unbewußtheit zu immer größerer Bestimmtheit kommen muß. Die Jugendbewegung als Ganzes hat Ziele. Diese aber können nur im Bewußtsein des Weges erreicht werden. Das Erlebnis als solches ist hier nicht ausreichend.

Wenn wir so die demokratische Jugendbewegung entwickelt haben, so sollen irgend welche anderen Richtungen keineswegs aufgehoben oder unterdrückt werden. Es besteht hier eine Gleichzeitigkeit aller Bewegungen, von der die demokratische nur eine Art ihrer Erscheinung überhaupt bedeutet. Keine Jugendbewegung, die heute besteht, soll ausgeschaltet werden. Keine Richtung irgendwie sich in ihrem Zweck als aufgehoben betrachten. Der Reichtum der Vielgestaltigkeit der Jugendbewegung soll nicht beeinträchtigt werden. Was die demokratische Jugendbewegung beansprucht, ist nichts anderes als die Anerkennung der Tatsache, daß sie in ihrem Wesen das Staatsbewußtsein der Jugend verkörpert. Daß diese Anerkennung geschehe, setzt Aufrichtigkeit und Mut zur Selbsterkenntnis in manchen Richtungen voraus. Sie muß aber verlangt werden, wenn anders nicht jede Einheitlichkeit der Einstellung von vornherein ausgeschlossen werden soll. Wir haben nachgewiesen, daß in manchen Dingen Einheit besteht. Soll diese Tatsache, die uns so viel Hoffnung verleiht, dadurch unwirksam gemacht werden, daß einzelne nicht den Mut haben, sich selbst ihrem Wesen nach vollkommen zu begreifen? Sollen Gespenster [43] in Gestalt von Schlagworten und trennenden Programmen uns beherrschen? Dann wird es mit der Jugendbewegung überhaupt bald zu Ende gehen.

Nun fragt es sich, in welcher Art die demokratische Jugendbewegung wirksam werden kann. Hierüber kann erschöpfendes nicht von vornherein gesagt werden. Die Erfahrung selbst wird hier der beste Lehrmeister sein. Aber ihre Hauptaufgabe besteht darin, aus den jungen deutschen Menschen wahrhafte, entscheidungsreife Staatsbürger zu erziehen. Darin liegt keineswegs ein Zug von Unjugendlichkeit. Grade aus dem Geist der Jugend heraus müssen wir ja zu einer Einstellung zum Staate und damit auch zu einem neuen Statsbürgertum selbst gelangen. Wenn also eine der Aufgaben der demokratischen Jugendbewegung in der Erziehung zum Staatswillen besteht, so hat sie darüber hinaus noch die Pflicht, von sich aus alle Fragen, die heute für die Staatsgestaltung bedeutsam sind, selbständig zu durchdenken. Es braucht wohl kaum betont zu werden, daß irgendwelche Parteipolitik niemals in den Bereich ihrer Pflichten fallen kann und darf. Das ist ja gerade die Aufgabe einer politischen Jugendbewegung, angesichts unserer Zerrissenheit in Parteien und trotz dieser tagespolitischen Gegensätze unabhängig davon das deutsche Staatsbewußtsein als ganzes zu entwickeln. Man spricht so oft in der Jugend von der Überwindung der Parteien. Das ist unpolitisch gedacht und muß deshalb hier abgelehnt werden. Was überwunden werden muß,ist nur dieArt der Parteipolitik und der Menschen, die heute unser staatliches Leben beeinflussen. Und nun müssen wir kurz die Frage berühren, wie die Jugend zu den heute bestehenden Parteien sich zu verhalten hat.

Es ist die Aufgabe der Jugend, hinter allem Kleinen, das heute notwendigerweise die Alten beschäftigen muß, das Allgemeine und Anschauliche nicht verkümmern zu lassen. Und wenn von einer Änderung des Parteilebens die Rede ist, so kann sie nur vor sich gehen von innen heraus und durch den Zuzug neuer Menschen mit junger deutscher Staatsgesinnung, die dann eines Tages reif sein werden, selbst die Führung zu übernehmen. Wenn diese Menschen sich durchgerungen haben, dann wird die Zeit kommen, in der die Art der heutigen Parteipolitik nicht mehr vorhanden ist. Deshalb ist es keineswegs unjugendlich, sich einer Partei anzuschließen. Und es kann niemals einer demokratischen Jugendbewegung zum Vorwurf gemacht werden, wenn sie in äußerlicher [44] Verbindung mit einer bestehenden Partei in Verbindung tritt. Der Parteimechanismus erdrückt noch immer nur solche Menschen, die keine Kraft zum eigenen Wollen in sich tragen. Und die sind ja dann auch von sich aus unfähig, Bewegung zu sein. Wer aber wirklich Eigenrichtung in sich fühlt, dem kann diese auch niemals genommen werden durch irgendwelche organisatorische Verknüpfung. Hat man es denn etwa dem Wandervogel zum Vorwurf gemacht, daß er in seiner äußeren rechtlichen Form Elternverbände aufstellte? Wurde ihm deshalb die Eigenschaft einer Jugendbewegung abgesprochen? Und nicht anders ist es ja doch mit der demokratischen Jugendbewegung in bezug auf ihre Verbindung mit der Partei, überwinden wir doch vor allen Dingen als Jugend unbegründete Vorurteile. Sollen wir denn von vornherein auf die Erkenntnis des Wirklichen und Notwendigen verzichten? Verlieren wir dadurch unsere Eigenschaft als Jugend?

Wir können es somit als allgemeines Ziel der demokratischen Jugendbewegung aufstellen, daß sie aus dem Bewußtsein der Jugendbewegung und der Demokratie heraus zu einer Einheitlichkeit des Staates und der Gesinnung gelangen will.

Nun fassen wir zusammen:

Die demokratische Jugendbewegung entwickelt sich als politischer Wille aus dem Erlebnis des Staates in der deutschen Jugend. Sie bejaht deshalb die deutsche Demokratie, weil in ihr die Staatsanschauung der Jugend lebendig geworden ist.

Ihr Weg ist der der Erziehung des jungen deutschen Menschen zum wahrhaften Glied der Volksgemeinschaft.

Ihr Ziel besteht in der Herbeiführung des einheitlichen deutschen Staatswillens aus dem Geist der Jugend heraus.

Ihre Bedeutung beruht in der Überwindung unfruchtbarer Gegensätze und ihre Ersetzung durch das deutsche Staatsbewußtsein, das uns allein wieder Kraft und Richtung zu geben vermag.

[44a]

V. Das Grunderlebnis einer politischen Jugendbewegung

Alle große Bewegung entsteht nicht nur aus der Notwendigkeit ihrer Entwicklung; sie wird erst dann lebendig, wenn sie von einem Erlebnis aus ihren Ursprung genommen hat. Welches aber ist nun das [45] Erlebnis einer politischen Jugendbewegung

Es ist kein einmaliges, das vielleicht in irgend einer Nacht am flammenden Holzstoß sich verwirklicht hätte, und das dann in seiner Erinnerung dem einzelnen Kraft verleiht. Ihr Erlebnis kann sie in jeder Stunde des Lebens in sich wachrufen. Es entspringt aus dem Bewußtsein der Not unseres Volkes, aus dem Erkennen jeglichen Elends und aller Enge, die heute über uns gekommen ist. Auf Schritt und Tritt, wohin wir auch immer uns wenden, was auch im einzelnen unsere Arbeit sein mag, in jedem Augenblick werden wir an unsere Aufgabe als politische Jugendbewegung erinnert. Wir sehen jeden Tag, daß anderes als der Geist der Jugend die Not und Wirrnis unserer Tage nicht überwinden kann. Und wir wissen, daß diese Überwindung allein uns als Volk wieder zu heben vermag. Das Erleben dieser Tatsache gibt uns die gefühlsmäßige Einstellung zu den Dingen überhaupt.

Und wie alles Leben ohne Glauben sinnlos ist, und alles Handeln seine Bedeutung verliert und sich in Verzweiflung auflöst, wenn es nicht im Bewußtsein einer Aufgabe und eines Zieles vor sich geht, so wird auch der Weg einer demokratischen Jugendbewegung in der unerschütterlichen Gewißheit der Bestimmung unseres Volkes in der Geschichte beschritten.

Und daß wir nicht nur um unsere Zukunft als Deutsche wissen, sondern als Menschen überhaupt die Gnade des Glaubens wieder empfangen haben, das muß dazu führen, daß in irgend einer Zeit auch unsere heutige schwerste Prüfung als Volk überwunden sein wird.

-------------- [Eigenwerbung des Verlags] -------------

[46] Politisch reif sein ist alles!

Wege zur Staatsgesinnung

Beiträge zur politischen Pädagogik
von
Professor Dr. Paul M. Rühlmann


Da die Nationalversammlung die Bürgerkunde zum Pflichtfach aller Schulgattungen gemacht hat, ist die alte Frage der staatsbürgerlichen Erziehung von neuem in den Mittelpunkt aller politisch-pädagogischen Erörterungen gerückt worden.

Sein oder Nichtsein der deutschen Zukunft hängt davon ab, ob es uns gelingen wird, wahre Staatsgesinnung als Massendenkform zu erzeugen.

In diesem Buche zeigt der bekannte Vorkämpfer für staatsbürgerliche Erziehung, neben altbewährten Methoden, neue Wege zu diesem wichtigsten Ziel.

Alle, die ohne Parteieinseitigkeit an der Lösung dieser Lebensfrage der Nation mithelfen wollen: Pädagogen aller Art, Politiker, Publizisten, Schriftleiter, aber auch alle sonst politisch oder pädagogisch Interessierten greifen zu dieser Sammlung von Aufsätzen, die der Verfasser innerhalb eines Jahrzehnts, in systematischem Aufbau seiner Ideen, zu dem Fragenkomplex der politischen Bildung geschrieben hat.

Ladenpreis 7,50 Mark

Dazu ein Verleger-Teuerungszuschlag von 50% sowie der ortsübliche Sortimenter-Teuerungszuschlag

Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte m.b.H. / Berlin W8 / Unter den Linden 17-18

[47]
, Die Zeitschrift sachlicher und loyaler Politik

DIE DEUTSCHE NATION

EINE ZEITSCHRIFT FÜR POLITIK


Unter den vielen, seit Ausbruch der Revolution in Deutschland neu entstandenen politischen Zeitschriften nimmt die „Deutsche Nation” eine besondere, eigenartige Stellung ein. Diese Monatsschrift ist das Organ einer Reihe jüngerer, demokratisch gerichteter Politiker, die sich kurz nach der Revolution zusammenfanden und im Glauben an eine Wiederaufrichtung und Einigung unseres kranken und zerrissenen Volkes gewillt sind, ihre ganze Kraft für die Verwirklichung ihres Glaubens einzusetzen.

Die „Deutsche Nation” steht auf dem Boden der wahren Demokratie. Ohne Organ einer Klassenpartei zu sein, tritt sie ein für die Reinheit des demokratischen Gedankens. Sie bekämpft die leere Formaldemokratie und die politische Korruption und betrachtet es als ihre höchste Aufgabe, aus dem deutschen Volke eine Nation, im tieferen Sinne des Wortes eine Staatsnation zu machen. Von diesem Gesichtspunkt geleitet, verwirft sie die Demagogie der Rechten sowohl wie der Linken und sieht in der Spaltung unseres Volkes in zwei Nationen, die, beide einander vorbeiredend, einander nicht verstehen wollen, die größte Gefahr für das politische Leben. Die „Deutsche Nation” geht von der Ueberzeugung aus, daß nur ein wahrhaft demokratischer Geist, der die Besten der Nation vereint, Deutschland aus der tiefen Not emporheben kann, in der es sich befindet. Nur dieser Geist vermag die Brücken zwischen den Völkern zu schlagen, die uns über die drohenden Fluten des sterilen Chauvinismus und des ewig aggressiven Imperialismus hinweg zur Gemeinschaft der Nationen führen können.

Die „Deutsche Nation” fordert den Sieg des sozialen Gedankens in der Welt. Ohne Rücksicht auf private Interessen verlangt sie nur, daß bei der Befriedigung der Arbeiterforderungen die Grenzen des Gesamtwohls anerkannt und geachtet werden.

Die Mitarbeiter

Norman Angell / Dr. Willibald Apelt / Dr. Alexander Beßmertny / C A. Bratter / Präsident des Reichswirtschaftsrates Exz. Edler von Braun / B. W. von Bülow / Dalmö Canevali (Rom) / Ernst Collin / Ministerialdirektor z. D. Erhard Deutelmoser / Heinz Fenner / Jacob Frank / Dr. Albert Haas / Prof. Dr. Hans Heimelt / Dr. Joseph Jahn / George Young / Prof. Dr. Georg Karo / Präsident Dr. Dr. Paul Kaufmann / Fritz von Keller / Graf Harry Keßler / Fr. König / Prof. Dr. Herbert Kraus / Dr. Wolfgang Kraus / A. Lehner / Dr. Otto Lutz / Dr. Fritz Karl Mann / Christian Meisner / Graf Max Montgelas / Maximilian Müller-Jabusch / F. zur Nedden / Fritz Poetzsch / Dr. Hans Röttgers / J. J. Ruedorffer / Gesandter a.D. Dr. von Scheller-Steinwartz / Dr. von Schmieden / Dr. Ernst Schultze / Prof. Dr. von Schulze-Gaevernitz / Reichsminister des Auswärtigen Dr. Walter Simons / Staatssekretär a. D. Dr. W. H. Solf / F. W. von Stein / Dr. Erwin Steinitzer / Prof. Dr. Fritz Stier-Somlo / Dr. Friedrich Stieve (Stockhohn) / Dr. Gustav Stolper (Wien) / Ferdinand von Stumm (Haag) / Reinhard Syz / Johannes Tiedje / Prof. Dr. Friedrich Tobler / Prof. Dr. Walter Vogel / Theodor Vogelstein / Dr. Hans Wehberg / Ministerialdirektor Kurt Wiedenfeld / „Contemplator” „Ekonomist” / „Francofurtensis” / „Gajus” / „Rüdiger” usw.

Die Bezugsbedingungen:

Jahrespreis: 12 Monatshefte 36 Mark / Vierteljahrspreis: 3 Monatshefte 10 Mark Einzelheit 3.50 Mark / Probeheft kostenlos

[48, Innenseite hinteres Deckelblatt]

Die Zeitschrift des Studenten, der Anspruch auf Führerschaft der Nation erhebt

Die Hochschule
Blätter für akademische und politische Bildung

Herausgegeben von Franz Irmer, Werner Mahrholz und Hans Röseler

Begründet vom Deutschen Studentendienst von 1914


[usw. siehe Bild-Anlage.]

[00b, [Innenseite des Titelblattes]
Die Bücher der Deutschen Verlagsgesellschafi für Politik und Geschichte m. b. H. in Berlin W8, Unter den Linden 17/18

1. Der Vertrag von Versailles
Die dreisprachige Ausgabe / Die kleine Ausgabe mit deutschem Text / Die Karten / Das Sachregister mit 13 000 Stichworten / Der Kommentar in 7 Bänden und 6 Vorveröffentlichungen (in Verbindung mit dem Verlage Franz Vahlen)

2. Die Geschichte der Verhandlungen von Versailles
Die Verhandlungen von Compiegne, Spa, Trier, Brüssel und Luxemburg in 8 Bänden / Die Verhandlungen von Versailles in 15 Bänden / Die „Dokumente” des Grafen Brockdorff-Rantzau

3. Die Materialien zur Schuldfrage
Die „Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch” in 4 Bänden / „Die Große Politik der Europäischen Kabinette 1871—1914” (Sammlung der Diplomatischen Akten des Deutschen Auswärtigen Amtes) In ca. 20 Bänden / Das deutsche Weißbuch zur Schuldfrage / Die Aufzeichnungen des Grafen Pourtales / Kommentare und Polemiken zur Schuldfrage

4. Die Schriften der Deutschen Liga für Völkerbund

5. Die Schriften der Deutschen Hochschule für Politik

6. Die Autorenbücher
Achtzig Veröffentlichungen laut besonderem Verzeichnis

7. Die Monatsschrift „Die Deutsche Nation”
Die Zeitschrift sachlicher und loyaler Politik / Herausgeber: Senator Dr. Carl Petersen, M. d. R., Hamburg / Reichsminister Eugen Schiffer, M. d. R. / Staatssekretär a. D. Conrad Haussmann, M. d. R., Stuttgart / Prof. Dr. Walter Goetz, M.d.R., Leipzig / Bayerischer Handelsminister Eduard Hamm, M. d. R., München / Badischer Kultusminister Hermann Hummel, Karlsruhe / Präsident des Hessischen Landesamts für das Bildungswesen Dr. Bernhard Strecker, Darmstadt / Legationssekretär a. D. B. W. von Bülow / Gesandter a. D. Harry Graf Kessler / Dipl.-Ing. F. zur Nedden / J. J. Ruedorffer / Schriftleiter: Dr. Wolfgang Kraus

8. Die Wochenschrift „Deutsche Politik”
Herausgeber: Prof. Dr. Ernst Jäckh / Dr. Paul Rohrbach /Prof. Dr. Philipp Stein / Schriftleiter: Dr. Theodor Heuss / Axel Schmidt

9. Die vorbereiteten Bücher
Werke von Lord Haldane / General Basil Gurko , Kurt Wolzendorff / Alfred Manes / Ernst Krieck / Ferdinand Tönnies / Veit Valentin / Gustav Berthold Volz / C. A. Bratter / Joachim Kühn / Freiherr von Tettau / Maximilian Müller-Jabusch / Herbert Kraus / Margarete Rothbarth / Friedrich von Oppeln-Bromkowski / Eberhard Buchner / Bernhard Schwertfeger und anderen

Nähere Auskünfte und Sonderprospekte der Gruppen durch die Buchhandlungen und den Verlag

[49, Außenseite, hinteres Deckelblatt]
Was ist Volkswille? Wie erkennt man ihn?

Regierung und Volkswille

Ein Grundriß der Politik
von
Hans Delbrück


Die neue Verfassung des Deutschen Reiches soll aus dem Willen des deutschen Volkes hervorgegangen sein. Was ist der Wille eines Volkes? Wie stellt man ihn fest? Diese Fragen hat Professor Hans Delbrück bereits vor dem Kriege begrifflich und historisch in seiner Schrift „Regierung und Volkswille” behandelt und aus der Beantwortung einen kurzen, allgemeinen Grundriß der Politik hervorgehen lassen. Er konnte es wagen, das Buch jetzt nach dem Kriege völlig unverändert von neuem herauszugeben. Es kann keinen besseren Beweis dafür geben, daß die Grundbegriffe der Politik in diesem Buche unumstößlich festgestellt sind, als daß die Umwertung aller Verhältnisse und Begriffe in der Revolution ihm nicht das geringste hat anhaben können. Die neue Auflage unterscheidet sich von der ersten nicht durch Veränderungen, sondern nur durch

vielerlei Zusätze und Bezugnahmen auf die neuesten Ereignisse.

Diese Zusätze sind allenthalben leicht erkennbar. Ein Vorwort und ein Nachwort setzen sich eingehender mit den neuen Zuständen auseinander. Daß die neue republikanische Verfassung an vielerlei Gebrechen leidet, ist aller Welt klar. Wer darüber nachdenken und daran arbeiten will, wie sie verbessert werden könnte, kann Anregungen dazu in Hülle und Fülle aus diesem Buche entnehmen; es ist für Fachleute wie für Laien der

Wegweiser zur Vervollkommnung der deutschen Reichsverfassung

Ladenpreis: 12 Mark
Dazu der ortsübliche Teuerungszuschlag

Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte m. b. H. / Berlin W 8 / Unter den Linden 17-18

------- ENDE --------




Erstellt am 06.06.2011 - Letzte Änderung am 10.06.2011.


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