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Freut euch des Lebens, weil noch das Lämpchen glüht; pflücket die Rose, eh' sie verblüht! Man schafft so gern sich Sorg' und Müh', sucht Dornen auf und findet sie und läßt das Veilchen unbemerkt, das uns am Wege blüht! Wenn scheu die Schöpfung sich verhüllt und laut der Donner ob uns brüllt, so lacht am Abend nach dem Sturm die Sonne, ach, so schön! Wer Neid und Mißgunst sorgsam flieht und G'nügsamkeit im Gärtchen zieht, dem schießt sie schnell zum Bäumchen auf, das goldne Früchte trägt. Wer Redlichkeit und Treue übt und gern dem ärmern Bruder gibt, bei dem baut sich Zufriedenheit so gern ihr Hüttchen an. Und wenn der Pfad sich furchtbar engt und Mißgeschick uns plagt und drängt, so reicht die Freundschaft schwesterlich dem Redlichen die Hand. Sie trocknet ihm die Tränen ab und streut ihm Blumen bis ans Grab; sie wandelt Nacht in Dämmerung und Dämmerung in Licht. Sie ist des Lebens schönstes Band: schlagt, Brüder, traulich Hand in Hand! So wallt man froh, so wallt man leicht ins bessre Vaterland! Martin Usteri (1793) ««« RR »»» |