"Die guten Meister des deutschen Hauses." - Seite 30
Ich hab mein Sach auf Nichts gestellt

Text: Johann Wolfgang Goethe (1749-1832)
Zeichnung: oben Adrian Ludwig Richter (1803-1884) unten Max Haider (1807-1873)
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Vanitas! Vanitatum vanitas!

Ich hab mein Sach auf Nichts gestellt.
              Juchhe!
Drum ist's so wohl mir in der Welt.
              Juchhe!
Und wer will mein Kamerade sein,
Der stoße mit an, der stimme mit ein
Bei dieser Neige Wein.

Ich stellt mein Sach auf Geld und Gut.
              Juchhe!
Darüber verlor ich Freud und Mut.
              O weh!
Die Münze rollte hier und dort,
Und hascht ich sie an einem Ort,
Am andern war sie fort.

Auf Weiber stellt ich nun mein Sach.
              Juchhe!
Daher mir kam viel Ungemach.
              O weh!
Die Falsche sucht' sich ein ander Teil,
Die Treue macht' mir Langeweil:
Die Beste war nicht feil.

Ich stellt mein Sach auf Reis' und Fahrt.
              Juchhe!
Und ließ meine Vaterlandesart.
              O weh!
Und mir behagt' es nirgends recht,
Die Kost war fremd, das Bett war schlecht,
Niemand verstand mich recht.

Ich stellt mein Sach auf Ruhm und Ehr.
              Juchhe!
Und sieh! gleich hatt ein andrer mehr.
              O weh!
Wie ich mich hatt hervorgetan,
Da sahen die Leute scheel mich an,
Hatte keinem recht getan.

Ich setzt mein Sach auf Kampf und Krieg.
              Juchhe!
Und uns gelang so mancher Sieg.
              Juchhe!
Wir zogen in Feindes Land hinein,
Dem Freunde sollt's nicht viel besser sein,
Und ich verlor ein Bein.

Nun hab ich mein Sach auf Nichts gestellt.
              Juchhe!
Und mein gehört die ganze Welt.
              Juchhe!
Zu Ende geht nun Sang und Schmaus.
Nur trinkt mir alle Neigen aus;
Die letzte muß heraus!

Johann Wolfgang Goethe (1749-1832)
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