Radio
Lemster, Annemarie: Die Faszination des magischen Auges
Münchow, Heinz: Radio - verrückt?
Nygaard, Ingeborg: Die Musiktruhe
Tränkner, Heinz: Kriegsende - Radios mit vielen Röhren (1945)
Günther, Claus: "This is Radio Hamburg ..."
Günther, Claus: "Na, hören Sie mal!" (1936,1939 und später)
Lemster: Annemarie: Ein Leben vor dem Fernsehen
Die Faszination des magischen Auges
Auszüge aus dem Mitteilungsblatt der Zeitzeugen Quickborn
"Zeitzeugen", Ausgabe III, Oktober - Dezember 2003.
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Veröffentlichung nur mit Zustimmung der Zeitzeugen Quickborn, Lornsenstr. 21 -
23,
Quickborner Heide, mailto:senioren1@aol.com.
Von Annemarie Lemster
Acht Tage nach dem 20. Juli 1948, der Währungsreform, beschloss mein Vater, ein Radio zu kaufen. Merkwürdigerweise gab es jetzt wieder alles. Geld war mehr als knapp, also wurde dieses Gerät auf Raten gekauft. Es war wie Weihnachten, als mein Vater mit dem Radio nach Haus kam. Alle Familienmitglieder standen um die Anrichte herum. Hier hatte die Neuerwerbung ihre Heimat gefunden. Mein Vater verbreitete eine gewisse Hektik bis alles so war, wie es sein sollte. Ich, damals 10 Jahre, wurde immer an die Seite geschoben mit den Worten: "Du hast hier nichts verloren, setz dich da hinten auf den Stuhl." Gemein, meine älteren Geschwister durften zusehen, nur weil sie 10 Jahre älter waren als ich. Nun war es so weit, die ersten Töne kamen aus dem Apparat. Es war schöne Musik.
In meiner Erinnerung kamen immer nur Sondermeldungen aus einem Radiogerät. Nachdem wir in Hannover ausgebombt waren, hatten wir kein Radio mehr.
Nun erklärte mein Vater, wie dieses Gerät laut Beschreibung zu bedienen sei. Ich hörte nicht zu, aber von weitem sah ich eine grüne Lampe an dem Radio, und diese bewegte sich auch manchmal. Ich weiß heute noch nicht, was mich an dieser Lampe so faszinierte, aber ich musste immer wieder zu ihr hinsehen. "Nun hört gut zu, ich sage es nur einmal, keiner von euch geht an das Radio, nur Mutti und ich. Schließlich ist es noch nicht bezahlt." Sprach mein Vater und schaute sehr ernst in die Runde. An den folgenden Tagen stand ich sehr oft sehr lange vor dem Radio. Das Magische Auge hatte es mir angetan. Es bewegte sich. Glücklich war ich immer, wenn sich die beiden Linien des Auges bewegten. Mal wollten sie von einander fortlaufen, dann wieder zueinander streben. Hatte mein Vater den Sender gut eingestellt, lagen die Linien dicht zusammen und bewegten sich nur manchmal etwas. Mein Herz hüpfte vor Freude, wenn Papa einen neuen Sender suchte. Die Linien in dem grünen Auge sprangen nur so zusammen und wieder auseinander. Noch heute frage ich mich, was war es nur, was mich so beeindruckte, dass ich ein Verbot übertrat.
Wenn ich allein zu Haus war, machte ich heimlich das Radio an. Nun drehte ich an einem Knopf und schon hüpften die Linien im grünen Auge hoch und runter. So saß ich lange Zeit und erfreute mich an einem kleinen grünen Licht (Auge). Am Abend, mein Vater machte das Radio an, und schon kam: "Mutter warst du am Radio?" "Nein." "Das verstehe ich nicht, der Sender ist raus." 0h, was hatte ich Herzklopfen. Schnell ging ich nach draußen, ich hatte Angst, Mutti würde mir mein schlechtes Gewissen ansehen. Alles war gut gegangen, und so saß ich immer mal wieder vor dem grünen Auge, welches sich so schön bewegte. Bis zu dem Tag, als ich meinen Vater schimpfen hörte:“ Jetzt reicht es mir, morgen bringe ich den Apparat zum Händler. Es kann doch nicht richtig sein, dass sich die Sender immer verstellen." Von dem Tag blieb ich dem Radio fern. Ob aus Angst oder weil dieses grüne Auge langsam seinen Reiz verloren hatte, weiß ich nicht mehr. Mein Mann brachte in unsere Ehe ein sehr schönes, großes Radio mit, auch dieses hatte ein magisches Auge. Immer wieder, wenn ich Abends einen Krimi, gesprochen von Rene Deltgen hörte, sah ich dabei auf das Magische Auge. Was war nur die Faszination des kleinen grünen Auges?
Radio - verrückt?
Auszüge aus dem Mitteilungsblatt der Zeitzeugen Quickborn
"Zeitzeugen", Ausgabe 11, Oktober - Dezember 2005, Seiten
2 - 3.
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Veröffentlichung nur mit Zustimmung der Zeitzeugen Quickborn, Lornsenstr. 21 -
23,
Quickborner Heide,
mailto:annemarielemster@yahoo.de
Von Heinz Münchow
Meine Mutter sagte später von ihrem Sohn: „Der Junge ist radioverrückt!“ Aber ich war es ‑radioverrückt ‑ schon mit etwa 6 Jahren. Mein Vater gab die Anstöße. Es begann mit einem Detektor‑Gerät. Eine Antenne musste gebaut werden; das Gerät hatte große Spulen, die je nach dem Wellenbereich ausgewechselt oder umgesteckt wurden. Auf dem Detektor‑Kristall suchte man eine günstige „lautstarke’’ Stelle, die Kopfhörer wurden aufgesetzt. ‑ Es folgten erste Röhrengeräte mit Heizakku und Anodenbatterie, natürlich mit Lautsprecherbetrieb. Und dann kam das erste Netzradio. Es war ein LUMOPHON, und mein Vater war stolz auf seine Neuerwerbung und den „guten Klang“ im Holzgehäuse. Was mich am meisten verwunderte: Dieses Netzradio „spielte“ nur, wenn man den Netzstecker „richtig herum“ in die Steckdose steckte, das lag an der Stromversorgung, wir hatten Gleichstrom! (Bei falscher „Polung“ nahm das Gerät keinen Schaden, es g i n g nur nicht.) Eines Vormittags war ich allein zu Hause. Ich schaltete das Radio ein. Ich suchte mir einen langen Schraubendreher. Ich führte ihn vorsichtig durch eine Öffnung in der Rückwand, um das Skalenlämpchen zu berühren. Da blitzte es ‑ das Radio war AUS! „Nein, ich habe gar nichts gemacht!“... Mein Vater wechselte eine Sicherung aus, das Radio spielte wieder. Was hörte ich am liebsten im Radio? Ich denke, es waren die Übertragungen von Autorennen ‑ von der Berliner AVUS oder vom Nürburg-Ring. Im Hitler Deutschland war das Radio von großer Bedeutung. Insbesondere durch die preiswert angebotenen Geräte VE (Volksempfänger) und DKE (Deutscher Klein-Empfänger) sollten Propaganda‑Sendungen alle Bevölkerungskreise erreichen. Die Fernempfangsqualität der Geräte wurde bewusst auf niedriger Stufe belassen. Hieß es doch so schön: „Üb' immer Treu' und Redlichkeit bis an dein kühles Grab und weiche keinen Fingerbreit vom Deutschlandsender ab!“ Als ich 16 ... 17 Jahre alt war, bestand das dringende Bedürfnis, mich „weltweit“ zu informieren. Während des Krieges war das Abhören ausländischer Sender verboten! Mit meinem selbstgebauten Kurzwellen Empfänger und mit Kopfhörer‑Betrieb hörte ich englische und russische Sender in deutscher Sprache. Die Lage der deutschen Soldaten um Stalingrad wurde ganz anders dargestellt als von deutscher Seite. A b e r ich konnte mit niemandem ‑ auch nicht mit meinen Eltern ‑ über meine Informationen sprechen...
Die Musiktruhe
Auszüge aus dem Mitteilungsblatt der Zeitzeugen Quickborn
"Zeitzeugen", Ausgabe 12, Januar - März 2006, Seite 7.
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Veröffentlichung nur mit Zustimmung der Zeitzeugen Quickborn, Lornsenstr. 21 -
23,
Quickborner Heide,
mailto:annemarielemster@yahoo.de
Von Ingeborg Nygaard
Nach der Währungsreform 1948 kam das Wirtschaftsleben in Deutschland wieder in Gang. Plötzlich gab es nach und nach alles zu kaufen ‑ wenn man Geld hatte ‑ die neue DM (Deutsche Mark). Und die hatten die Bauern. Lebensmittel waren nach den Hungerjahren sehr gefragt. Aber was waren die Kaufträume der gut betuchten Landwirte? Es kamen die ersten Musik - Truhen auf den Markt. So etwas gab es vor dem Krieg noch nicht. Radio, Plattenspieler, Aufbewahrungsfach für die Schallplatten ‑ alles in einem ansprechenden Möbelstück verpackt. Schnell wurde es in der Bauernschaft zum Renner. Wir wohnten damals in Hollenstedt in der Nordheide und erlebten diese Entwicklung hautnah mit. Worum ging es denn, wenn man eine Musiktruhe kaufen wollte? Um die Technik? Um die Holzart? Um den Preis? Keineswegs! Da kommt ein gut betuchter Bauer zum örtlichen Elektrohändler: „Dach og, Kurt; Wat hest Du denn för Musiktruhen? Wie grot sünn die denn? Weest Du, Ottens Bur hett een, de is een Meter un tein breet. Hest Du een mit mindst een Meter twintig???“ Das war das Wichtigste! Sie musste größer als die von nebenan sein. Prestige war alles, das war das Kriterium !!!
Kriegsende - Radios mit vielen Röhren (1945)
Auszüge aus dem Mitteilungsblatt der Zeitzeugenbörse Hamburg
"Zeitzeugen", Ausgabe 30, Januar - März 2006, Seiten 3 - 4.
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Veröffentlichung nur mit Zustimmung der Zeitzeugenbörse Hamburg, p. A.
Seniorenbüro Hamburg e. V., Brennerstr. 90, 20099 Hamburg,
Deutschland, mailto:senioren1@aol.com.
1945, Hamburg liegt in Trümmern. Arbeit gab es nicht, schon gar nicht für Leute wie mich.. Aus dem Lazarett entlassen, als Kriegsgefangener nicht zu gebrauchen und deshalb von den Amerikanern, bzw. Engländern nach Hause abgeschoben, mit unbrauchbarem rechten Arm, dazu noch gehbehindert, erntete ich beim Arbeitsamt nur ein müdes Grinsen und den Hinweis: „Typen wie Sie haben wir mehr als genug, was erwarten Sie? Es gibt ein wenig Arbeitslosenunterstützung und nun seh'n Sie mal zu“.
Immerhin hatte ich jedenfalls Anspruch auf Lebensmittelkarten. Nach der Sozialversicherungsdirektive Nr. 27 erhielten Kriegsbeschädigte keine Renten. Wollte man leben, musste man „schieben“. Mit allem, was es gab. Aber auf Dauer behagte mir das nicht. Da waren immer noch gewisse innere Bremsen und Vorstellungen (heute versteht das niemand mehr).
Also besannen mein Freund und ich uns auf handwerkliche und technische Kenntnisse. Das bedeutete: Wir reparierten (fast) alles: Elektrische und mechanische Geräte, Staubsauger, Plätteisen und auch Radios. Vielleicht können sich Ältere an diese Zeit erinnern. Einen Lichtschalter zu bekommen war unmöglich. Reparieren wollte oder konnte es auch keiner. Wir machten es. Durch Mund-zu-Mund-Propaganda lief das „Geschäft“ recht ordentlich. Aber wie heißt es so schön: „Und ist der Handel noch so klein, er bringt doch mehr als Arbeit ein!“ Ergo musste der Handel ausgebaut werden. Und so wurden kleine Radios gebaut. Sie gingen weg wie warme Semmeln.
Eines Tages hatten wir Verbindung mit Leuten, welche die sog. DP's (Displaced Persons, umgesiedelte Menschen) mit großen Rundfunkgeräten versorgten.
Diese „verschleppten Personen“, verfügten über sehr viel Geld (niemand wusste woher) und die Apparate wurden nach einer festen Taxe gehandelt. Pro Röhre wurden zum Beispiel 1.000 Reichsmark gezahlt. Dazu für das Gehäuse noch einmal ein Betrag zwischen 5.000 und 10.000 Reichsmark. Wir hatten stets nur mit den Vermittlern oder Zwischenhändlern zu tun, welche daran interessiert waren, einen möglichst hohen Preis zu erzielen.
Eines Tages kam einer der Zwischenhändler auf die Idee, zusätzlich einige Röhren einzubauen. Voraussetzung war, dass diese warm werden mussten. Also wurden die Chassis entsprechend umgebaut, die passenden Sockel und Röhren eingesetzt und nun begannen die Schwierigkeiten. Mit dem bei uns vorhandenen Gleichstrom konnten die Radios nicht betrieben werden, geschweige denn, zusätzliche Röhren beheizt werden.
Deshalb musste ein Umformer Wechselstrom liefern, was im ganzen Hause zu hören war und zudem einiges von dem rationierten Strom verbrauchte. Es soll hier nicht weiter auf Dinge eingegangen werden, die damals strafbar waren. Jedenfalls schafften wir es, einige Röhren zu der normalen Ausstattung einzubauen und somit ein paar Tausend Reichsmark zusätzlich einzunehmen. So kamen wir über die Runden.
Autor: Heinz Tränkner
"This is Radio Hamburg ..."(ab 1945)
Auszüge aus dem Mitteilungsblatt der Zeitzeugenbörse Hamburg
"Zeitzeugen", Ausgabe 30, Januar - März 2006, Seite 7.
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Veröffentlichung nur mit Zustimmung der Zeitzeugenbörse Hamburg, p. A.
Seniorenbüro Hamburg e. V., Brennerstr. 90, 20099 Hamburg,
Deutschland, mailto:senioren1@aol.com.
Am 16.11.2005 präsentierte die Friedrich-SpeeAkademie im Seniorenbüro mit Hans Lützkendorf, den ehemaligen „Chef vom Dienst“ beim NDR, einen Fachmann als Zeitzeugen, der erneut eine Fülle von Erinnerungen weckte. Sein zweiter Vortrag zur Geschichte des Radios mit Schwerpunkt Hamburg, ergänzt durch etliche Ton-Dokumente, begann mit der „Stunde Null“ - und einem Auszug aus der Rede des einstigen Gauleiters Karl Kaufmann, der am 3. Mai 1945 Hamburg kampflos den Engländern überließ.
Bald darauf hieß es „This is Radio Hamburg“: Die Briten gründeten den Rundfunk neu, das wichtigste Medium seinerzeit, denn es gab ja, mangels Papier, nicht einmal Zeitungen. Einige Monate später wurde, natürlich von der englischen Besatzungsmacht kontrolliert, der NWDR ins Leben gerufen, der nordwestdeutsche Rundfunk.
An dieser Stelle seien nur einige Namen genannt, so etwa Axel Eggebrecht und seine Sendung „Echo des Tages“, oder Hans Schmidt-Isserstedt, der das Sinfonieorchester des NWDR (dem späteren NDR) gründete und 26 Jahre lang leitete. Ton-Archiv: Die blutjunge Hildegard Knef sang „Illusionen“, Ernst Reuter appellierte: „Ihr Völker der Welt - !“, und die „Insulaner“ hofften „unbeirrt, dass unsre Insel (Berlin) wieder richtjet Festland wird.“ Trümmerfrauen, Zigaretten-Währung und „Fringsen“, d. h. das Kohlenklauen, benannt nach dem Kölner Erzbischof Josef Frings, der in seiner Silvesterpredigt 1946 den Diebstahl von zum Überleben notwendigen Gütern „in einer existenziellen Notlage“ rechtfertigte. Währungsreform und Luftbrücke sowie die Aufhebung der Blockade am 12.5.1949, 0 Uhr, in Helmstedt, kommentiert durch den NDR-Reporter Hermann Rockmann; später dann, im Sommer 1952, die Grenzabriegelung; schließlich der dazu passende Schlager: „Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien...“
Eine Fülle von Namen, Eindrücken, Ereignissen, über die wir anschließend diskutierten. Wie wichtig ist einst der Rundfunk gewesen, wie bedeutsam waren beispielsweise die Hörspiele! Oder der Verkehrsfunk, die Wasserstands-Meldungen, der Schulfunk! Sendereihen wie „Von Hamburg nach Haiti“, „Herr Sanders öffnet seinen Schallplattenschrank“, das legendäre Hafenkonzert, die Lebensberatung mit Dr. von Hollander, die Morgengymnastik mit Hildegund Bobsien... (Ihre Sendereihe begann übrigens bereits am 13.7.1945 und hielt sich bis zum 31.3. 1967.)
Es war ein gelungener Rückblick, der uns alle begeistert hat, wenngleich der Kreis mit nur acht ZuhörerInnen leider recht klein war
Protokollant: Claus Günther
"Na hören Sie mal!" (1936, 1939 und später)
Ach, wie herrlich waren doch die Zeiten, als es das Fernsehen noch nicht gab! Man unterhielt sich - und wie! Aber nicht nur das. Man war viel aktiver als heute. Man sang und tanzte, ging spazieren oder wanderte, kehrte unterwegs auch mal ein und ging samstags ins Kino. Man sprach mit den Nachbarn, sogar mit den Kindern und der eigenen Frau, man spielte Quartett, Skat, Doppelkopf oder „Mensch, ärgere Dich nicht“; man las nicht nur die Zeitung, sondern obendrein Bücher. Vor allem aber: Man hörte Radio!
Unser erstes Radio, 1936, war natürlich ein so genannter Volksempfänger. Ich war fünf Jahre alt und kam aus dem Kindergarten, da hörte ich zu Hause eine fremde Frau sprechen. Überraschung! Ich fragte: „Wo ist denn die Tante?“ Meine Mutter sagte lächelnd: „Da drin!“, und zeigte auf das schwarze Ungetüm.
Schon bald war ich ein begeisterter Radiohörer. Märchen und Musik waren mir am wichtigsten, später auch mal ein lustiger „Bunter Nachmittag“; schließlich die Nachrichten, der Wetterbericht und die langsam vorgelesenen, irgendwie geheimnisvollen Wasserstands-Meldungen. 1939, nach Kriegsbeginn, begeisterten mich die Sondermeldungen, die freilich im Laufe der Jahre immer spärlicher wurden, ebenso wie Hitlers Reden im Rundfunk. Das Radio selbst ging dann 1944 im Bombenhagel mit unter.
In den 50er Jahren schenkte mir meine Tante Lieschen ein Radio mit „magischem Auge“ und - man höre und staune: mit UKW! In den frühen 60ern schließlich gönnte ich mir ein BRAUN-Radio mit Plattenspieler, wenig später kauften wir, meine Frau und ich, eine große Musiktruhe mit Schwarzweiß-Fernseher. Der Fortschritt war nicht aufzuhalten.
Autor: Claus Günther
Ein Leben vor dem Fernsehen
Von Annemarie Lemster
In unserer noch jungen Ehe gab es noch keinen Fernseher, da fragt man sich heute, womit haben wir uns eigentlich abends beschäftigt? Wir machten Gesellschaftsspiele oder hörten Radio. In meiner Erinnerung sind einige ganz besondere Sendungen haften geblieben. Am Morgen, beim Putzen, hörte ich sehr gern den Schulfunk, dieser war auch für Erwachsene sehr informativ. Abends wurde eine große Kanne Tee aufgebrüht, dann saß man mit klopfendem Herzen am Radio und hörte sich eine neue Folge des Krimis von Francis Durbridge mit René Deltgen an. Dann waren da noch die Olympischen Spiele von 1964 in Tokio. Spät in der Nacht habe ich mir die Reportagen angehört, die damals noch so spannend von den Reportern rübergebracht wurden, dass man sich alles genau vorstellen konnte.
Bei einer Sendung habe ich jedes Mal geheult wie ein Schlosshund und trotzdem habe ich sie noch gehört, als wir schon einen Fernseher hatten. Es war am Heilig Abend, als über Norddeich-Radio Familienangehörige ihre Väter oder Söhne auf hoher See grüßten. Wenn Kinder mit ihren Vätern über Seefunk sprachen und fragten: „Papa wann bist du denn wieder zu Haus?“, war es regelmäßig um mich geschehen. Dann hatte ich zu nah am Wasser gebaut. Danach konnte ich aber trotzdem ein glückliches Weihnachtsfest feiern, vielleicht weil meine kleine Familie zusammen war. Als unsere Kinder etwas größer waren, haben wir gemeinsam am Radio Märchen gehört, doch dieses war dann mit dem Erwerb eines Fernsehers schnell vorbei.