Aus dem monatlichen Magazin hobby von 1954

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Kleinstwagen anno 1954

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werden mußte, ist inzwischen wieder angelaufen. Serienmäßig produziert werden in der Bundesrepublik der Champion, der Kleinschnittger, der Messerschmitt Kabinenroller, das Fuldamobil und der Lloyd.

Mit seinem luftgekühlten Einzylinder-Zweitaktmotor von 125 ccm Hubvolumen und 6 PS Kleinschnittger Bremsleistung ist der offene, zweisitzige Kleinschnittger der kleinste der Kleinen. Er wiegt leer nur knapp 150 kg, läuft auf guter, ebener Straße bis 70 km/h und verbraucht 2,5-3,5 Liter Benzin-Öl-Gemisch pro 100 km. Die vier Laufräder sind einzeln durch Gummibänder abgefedert; als Wetterschutz dient ein allseitig schließendes Verdeck aus gummiertem Segeltuch. Der vorn im Wagen eingebaute Motor überträgt seine Kraft über ein Dreigang-Getriebe und ein eigenartiges 'räderloses' Differential,
das praktisch aus zwei Freilaufgetrieben besteht, auf die Vorderräder. Angeworfen wird er normalerweise mittels Kickstarter; auf Wunsch und gegen Aufpreis ist der Wagen seit neuestem aber auch mit elektrischem Anlasser erhältlich.

Der Messerschmitt-Kabinentoller hat einen etwas größeren und stärkeren Motor, dafür aber ein Rad weniger. Messerschmitt-Kabinenroller Die Bezeichnung Kabinenroller trifft ausgezeichnet den Charakter dieses originellen Fahrzeugs, das sich vom gewöhnlichen Roller nur durch das dritte Rad und die aufklappbare Plexiglas-Haube über den beiden hintereinanderliegenden Sitzen unterscheidet. Der Motor, ein gebläsegekühlter Einzylinder-Zweitakter von 175 ccm Hubvolumen und 9 PS Bremsleistung, ist im Heck angeordnet und treibt durch eine gekapselte Rollenkette das gummigefederte Hinterrad an. Anstelle des ursprünglich verwendeten Kickstarters wird neuerdings serienmäßig ein elektrischer, Anlasser eingebaut. Die beiden Vorderräder sind ebenfalls gurnmigefedert, und zwar unabhängig voneinander. Im Führersitz befindet sich ein normaler Motorradlenker, rechts der Handhebel zur Bedienung des viergängigen Getriebes. Das Leergewicht beträgt ca. 175 kg, die Höchstgeschwindigkeit 75 km/h, der Brennstoffverbrauch 2,5-3,5 Liter Benzin-Öl-Gemisch pro 100 km.

Auch das Fuldamobil ist ein Dreirad-Fahrzeug, hat aber nebeneinanderliegende Sitze und wirkt dadurch gar nicht 'rollermäßig', besonders in seiner neuesten Ausführung mit eleganter Stromlinien-Leichtmetallkarosserie. Hinter der durchlaufenden Sitzbank befindet sich ein großer Gepäckraum. Fuldamobil Nach Angabe der Fabrik können im Fuldamobil sogar zwei Erwachsene langausgestreckt schlafen; wir haben das allerdings noch nicht selbst ausprobieren können. Das angetriebene Hinterrad hat Schraubenfederung, während die beiden gelenkten Vorderräder durch eine hochliegende Querblattfeder einzeln gegen den Rahmen abgestützt sind. Der gebläsegekühlte Einzylinder-Zweitaktmotor ist samt Kupplung und Dreiganggetriebe im Heck untergebracht und treibt das Hinterrad durch eine geschützte Rollenkette an. Ein elektrischer Anlasser gehört auch beim Fuldamobil zur Standardausrüstung. Bisher war das Fahrzeug wahlweise mit 200 oder 360 ccm Motorhubvolumen erhältlich; künftig wird jedoch, soweit wir unterrichtet sind, nur noch der kleinere Motor eingebaut, der ruhiger arbeitet und mit Führerschein IV gefahren werden
darf. Er leistet 9 PS, ermöglicht Geschwindigkeiten bis 75 km/h und verbraucht auf 100 km rund 4 Liter Benzin-Öl-Gemisch.

Der Kleinschnittger kostet in Standardausführung 2375 DM, der Messerschmitt-Kabinenroller 2525 DM (einschließlich Reserverad und elektrischem Anlasser), das Fuldamobil 2990 DM, jeweils ab Werk.

Der bei weitem erfolgreichste Kleinstwagen der Nachkriegszeit - nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt - ist der Lloyd. Die Produktion beträgt ,augenblicklich 180 Stück pro Tag (!) und wird in Kürze 200 erreichen. Lloyd 400Dabei kostet der Wagen immerhin 3450 DM ab Werk und bedingt durch seinen 400-ccm-Motor auch höhere Ausgaben für Betriebsstoff, Steuer und Versicherung. Aber er hat vier Sitze - und das ist der entscheidende Punkt! Ehepaare mit Kindern wollen eben die Möglichkeit haben, den Nachwuchs bei Ausflügen und Urlaubsreisen mitzunehmen, und das geht natürlich nicht, wenn das Familienauto nur zwei Sitzplätze hat. - Der Lloyd ist heute allgemein so bekannt, daß wir hier nur ganz kurz die wichtigsten technischen Daten wiederholen wollen: Vollschwingachser mit Blattfederung vorn und hinten; Frontantrieb durch gebläsegekühlten Zweizylinder-Zweitaktmotor von 400 ccm Hubvolumen und 13 PS Bremsleistung; elektrischer Anlasser; Dreigang-Getriebe mit Lenkrad-Schaltung; Höchstgeschwindigkeit 75 km/h, Brennstoffverbrauch 5,5-6 Liter Benzin-Öl-Gemisch pro 100 km. Seit seinem Erscheinen im Frühjahr 1950 ist der Wagen laufend weiterentwickelt und verbessert worden: innerlich durch Vergrößerung des Motorhubraumes von 300 auf 400 ccm und Übergang von mechanischen zu hydraulischen Bremsen; äußerlich durch Ersatz der ursprünglich kunstlederüberzogenen Sperrholzkarosserie durch einen soliden Ganzstahlaufbau.

Der neueste Stern am westdeutschen Kleinstwagen-Himmel ist der zweisitzige Brütsch. Vorläufig existieren davon allerdings erst einige wenige Versuchsexemplare. Egon Brütsch, ehemaliger Rennfahrer und heutiger Autokonstrukteur aus Leidenschaft, hat sich bemüht, einen Kleinstwagen mit betont sportlicher Note zu schaffen. Mit dem 400-ccm Lloyd-Motor erreicht der sehr hübsch anzusehende Zweisitzer eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h und verbraucht nur 4,5-5 Liter pro 100 km.

Außerordentliche Aktivität im Kleinstwagenbau entwickelt neuerdings auch Italien. Isetta Besonders die Isetta hat durch ihre erfolgreiche Teilnahme am diesjährigen Tausend-Meilen-Rennen in der ganzen Welt berechtigte Sensation hervorgerufen, Von den sieben gestarteten Isettas standen fünf die 1600 km einwandfrei durch, die schnellste mit einem Schnitt von über 71 km/h! Für ein Zweisitzer-Coup6 mit einem Motor von knapp 240 ccm Hubvolumen ist das eine schlechthin unglaubliche Leistung.

Die Isetta strotzt nur so von originellen Ideen. So hat sie zum Beispiel keine Seitentüren, sondern statt dessen eine aufklappbare Vorderwand. Lenksäule und Lenkrad werden mit beiseite geklappt, um das Ein- und Aussteigen möglichst wenig zu behindern. Die beiden Sitze liegen nebeneinander, umgeben von einer eiförmigen StahlblechKarosserie mit Stoff-Faltdach. Das Ganze läuft auf vier Rollerrädern, von denen die beiden hinteren nur 50 cm Spurweite haben; infolgedessen ist kein Differential nötig. Die vordere Spurweite ist mit 120 cm mehr als doppelt so groß. Zur Abfederung der starren Hinterachse dienen Viertelelliptikfedern, unterstützt durch hydraulische Teleskop-Stoßdämpfer. Die Vorderräder sind durch Gummielemente und Reibungsstoßdämpfer einzeln abgefedert. Der Motor ist ein gebläsegekühlter Zweizylinder-Zweitakter von 236 ccm Hubvolumen und 9,5 PS Bremsleistung; er ist seitlich im Heck eingebaut, Isetta-Fahrgestell wird elektrisch angelassen und treibt über eine 'nasse' Mehrscheiben-Kupplung und ein Viergang-Getriebe mittels Kette die Hinterräder an. Das 'Rollende Ei', wie die Isetta wegen ihrer eigenartigen äußeren Form in Italien scherzhaft genannt wird, erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 85 km/h und verbraucht 3,5-4 Liter Benzin pro 100 km. Preis: 450 000 Lire = 3 000 DM. Obwohl die Isetta ihr Debut erst beim Turiner Automobil-Salon 1953 erlebte, beträgt die Tagesproduktion heute bereits mehr als zwei Dutzend Stück!

Mitzi Bis Ende dieses Jahres soll auch die Serienanfertigung der Mitzi von SIATA anlaufen, zunächst mit 10 Stück pro Tag. Der gebläsegekühlte Zweizylinder-Viertaktmotor mit seitlich stehenden Ventilen ist im Heck eingebaut, hat ein Hubvolumen von 434 ccm und eine Bremsleistung von 11 PS. Alle vier Laufräder sind einzeln aufgehängt und gefedert, alle vier Vorwärtsgänge des Getriebes geräuscharm und synchronisiert. Die Mitzi soll 480 000 Lire = 3200 DM kosten, bis 80 km/h laufen und 4 Liter Benzin pro 100 km verbrauchen.
Mitzi-Motoranordnung
Eine der Hauptattraktionen des diesjährigen Turiner Automobil-Salons war der nagelneue Panther-Kleinstwagen mit gebläsegekühltem Zweizylinder-Zweitakt-Dieselmotor. Das Liter Benzin kostet in Italien nach unserem Geld über 90 Pfg, das Liter Dieselöl etwa 50 Pfg. Das enorme Interesse, das dem Panther vom italienischen Publikum entgegengebracht wird, ist also leicht verständlich. Der Motor ist vorn im Wagen eingebaut, hat ein Hubvolumen von 480 ccm und eine Bremsleistung von 12 PS. Damit soll das zweisitzige Coupé 80 km/h Spitzengeschwindigkeit erreichen und 3-3,5 Liter Dieselöl pro 100 km verbrauchen. Sonstige technische Einzelheiten waren in Turin nicht zu erfahren, ebensowenig substantielle Angaben darüber, wann mit dem Anlauf der Serienproduktion gerechnet werden kann. Wenn es einmal soweit ist, soll der Wagen zum Stückpreis von 495 000 Lire = 4000 DM verkauft werden. Es bleibt noch zu erwähnen, daß eine italienische ...
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Italien

Mitzi von Siata, Italien MITZI von Siata schaut lustig und flott aus wie ihr Name. Ein echtes Damenfahrzeug mit einem ZweizylinderHeckmotor von 434 ccm. Es entwickelt ein erstaunliches Temperament und eine Spitzengeschwindigkeit von über 80 km/h.


Mitzi, Motor-Aufhängung BESONDERS INTERESSANT ist die Aufhängung des seitlich gelagerten Heckmotors und ebenso exzentrischen Differentials bei der Mitzi. Unser Bild zeigt die eigenartige, querliegende Kardanwelle und die Schwingarmfederung der Hinterachse (links).


Isetta, Italien VORN EINSTEIGEN! heißt es bei der Isetta, dem Star unter den italienischen Kleinstwagen. Das völlig neuartige Fahrgestell mit Normalspur vorn, Schmalspur hinten und einem seitlich gelagerten 236-ccm-Heckmotor ist ebenso interessant wie die schwenkbare Steuersäule, die beim Aus- und Einsteigen kaum behindert.

Frankreich

EIN ECHTER FRANZOSE ist der Rovin 3 CV! Elegant, sportlich, schnell und trotzdem sparsam im Verbrauch. Er hat einen Zweizylinder-Viertaktmotor mit gegenläufigen Horizontal-Zylindern von 462 ccm Inhalt, der 3200 Touren dreht. Interessant ist die für Kleinstwagen ungewöhnliche Lichtanlage. Preis in Frankreich ca. 4300 DM!

England

Englisches Kleinstauto Bond Minicar DIE KLEINEN der Mittelklasse (Ford Anglia, Hillman und Morris) stehen in England schon lange im Mittelpunkt der Produktion, so daß der Bedarf nach ausgesprochenen Kleinstwagen nicht groß ist. Trotzdem wird eifrig experimentiert. Unser Bild zeigt den Bond Minicar, eine dreirädrige Version mit einem Vorderrad. Motor: 197 ccm.



Tschechoslowakei

Tschechisches Kleinstauto IM OSTEN wird sicher auch eifrig am Kleinstwagen konstruiert. Hier ein dreirädriges Kleinstfahrzeug aus der Tschechoslowakei für drei Personen, dessen 350-ccm-Motor ihm eine Spitze von über 80 km/h verleihen soll. Eigenartig die unverhältnismäßig großen Vorderräder und ihre unorthodoxe Befestigung.





Deutschland

Fuldamobil GUT GEMAUSERT hat sich das Fuldamobil (Bild rechts). Aus dem eckigen Kasten ist so etwas wie ein 'kleiner Porsche' geworden.




Kleinschnittger EINE SENSATION war der 'Kleinschnittger', als er auf den deutschen Straßen auftauchte. Heute hat man sich längst an dieses ebenso anspruchslose wie zuverlässige Kleinstfahrzeug gewöhnt (links).



Lloyd 400 DER KLEINSTE aus dem großen Hause Borgward, der Lloyd, wurde zu einem seiner größten Erfolge. Trotz seines Zweitakt-Motors von nur 386 ccm ist er ein richtiges großes Kleinstauto (Bild unten)



Messerschmitt Kabinenroller KR 175 WIE IM FLUGZEUG sitzt man im Messerschmitt Kabinenroller unter der Plexiglashaube. Hier ist tatsächlich ein verkleideter Roller entstanden, der auch mit einem Motorradlenker gesteuert wird.

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Erstellt am 08.11.2003 - Letzte Änderung am 08.11.2003.