Eichwalde den 16.12.36
...
den Gerichten entzogen. So blieb nur ein Vergleich. Ich wandte mich an die Herren Reichsminister Dr. Frick und Heß. Letzterem war die Sache speziell unterstellt worden. So habe ich vor 10 Tagen eine Abfindung unterzeichnet - ein anderer Ausweg blieb mir nicht - die mir 3 1/2 Jahresraten der Pension bringt. Von dieser Summe zog die Arbeitsfront aber wieder die Zahlungen ab die sie seit ihrer Übernahme verausgabt hatte.
Ich war vom 1.7.34 nur auf meine Angestelltenrente angewiesen. Die nackten regelmäßigen monatlichen Ausgaben betragen an Zinsen 42 Mk an Steuern Licht Heizung Wasser und Gas etwa 65 Mk, [jedoch] ich hierfür schon eine Unterbilanz von 20 Mk hatte. Nun hatte ich nichts mehr für Ernährung, Kleidung und Erhaltung von Wohnung, Wäsche etc. An Ausgaben für geistige Bedürfnisse konnte ich nicht mehr denken. Ich mußte meinen Lebensstandard so [] wie möglich gestalten. Ich nahm noch eine kl. Hypothek auf von 1000 Mk. Treue Freunde haben mir unaufgefordert mit etwa 1000 Mk geholfen. Die Hypothek hatte die Auflage, daß ich sie zurückzahle wenn ich von der Arbeitsfront mein Geld erhielt.Nun habe ich knapp 4000 Mk erhalten. Ein Darlehen von Verwandten das mir gegeben wurde und die 1000 Mk gehen ab. So bleiben mir noch etwas über 2000 Mk. Davon muß ich noch etwa 150 Mk für einen Sachverständigen abgeben, der unsere Sache gegenüber der Arbeitsfront vertrat.
In der zurückliegenden Zeit habe ich leider garnichts wesentliches ersetzen können und ich muß ganz dingende Repararuren durchführen. Eine kleine [Summe?] möchte ich auch [gerne?] für Sicherstellung der Hypothekenzinsen und Steuern sicher stellen.
So ist meine Lage nun so daß ich dauernd nur auf meine kl. Angestelltenrente angewiesen sein werde.
Ich bitte dabei darauf hinweisen zu dürfen daß ich einen Knaben von 13 Jahren habe, er wird Ostern 1937 konfirmiert. Eine Tochter von 16 Jahren hat bisher meiner Frau im Haushalt geholfen. Ich habe sie nun in Königswusterhausen auf die Handelsschule geschickt. Das kostet mich monatlich 30 Mk. Aber ich kann das Kind doch nicht ohne Ausbildung ins Leben schicken. Ein Sohn ist in Miersdorf jetzt im zweiten Jahre in der Lehre als Polsterer und Dekorateur. Von der höheren Schule habe ich ihn trotz guter Anlage seinerzeit herunter nehmen müssen um zu sparen.
Zwei Töchter und ein Sohn sind verheiratet und haben auch nur kl. Einkommen von 140 bzw. 160 Mk mtl. Sie würden gern helfen können aber nicht. Mein Ältester ist bei der Reichsleitung des Arbeitsdienstes als kl. Büroangestellter. Er verdient auch 140 Mk, ist 26 Jahre alt, hat mir geholfen wie er konnte. Aber er möchte auch heiraten und gern dafür etwas zurücklegen.
Verzeihen Sie, sehr geehrte Herren, meine ausführlichen Darlegungen. Aber ich glaubte Ihnen eine klare Darlegung schuldig zu sein.
Ich habe auf geistige Zerstreuung, Literatur usw. verzichtet. Die Hilfe die mir vom Evangelischen Oberkirchenrat geboten wird, ist für mich und meine Familie geradezu eine Rettung.
Darf ich im Blick auf meine Frau und meine Kinder bitten, zu [?], ob mir nicht eine kl. Gnadenzulage zu meiner Angestellten[pension?] die 86 Mk beträgt. dazu bekomme ich für meinen 13 jährigen Jungen 7,50 Kinderzulage sodaß ich im Ganzen etwa 94 Mk mtl. habe, bewilligt werden kann.
[unleserliche Streichungen]
Ich verbleibe hochachtungsvoller Ergebenheit
und deutsch[-?]. Gruß
Ihr Emil Hartwig sen.
...