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Aus dem
Heimatblatt
der ehemaligen Kirchengemeinden Landsberg Stadt und Land
Heft Nr. 49 (Dez. 2014, Seite 29)



Erlebnis aus meiner Kindheit (Frau Mallast, 85, 2014)

Auch ich, Sieglinde Schmidt, geb. Mallast, geb. am 08.10.1929 in Landsberg an der Warthe, habe das Bedürfnis, einige Zeilen zu schreiben. Geboren wurde ich in der Dammstr. 10, dann sind wir einige Male umgezogen (Meydamstr, am Sonnenweg), zuletzt wohnten wir in Zechow, wo ich auch mit meinem Bruder Siegfried zur Schule ging. Mein Vater wurde von Zechow als Soldat eingezogen. Mein Bruder Bruno Köhlert, den meine Mutter schon in die Ehe mitbrachte, war bei der Konditorei Seidig in Landsberg in der Lehre/Arbeit. Von dort wurde er dann auch Soldat.

Meine Mutter starb im Jahre 1940. Wir Kinder [3] kamen von der Fürsorge zu Pflegeeltern. Mein Bruder Siegfried kam nach Zetritz [Czettritz] zu Bauer Bornstein. Meine Schwester Helga und ich kamen nach Kuhburg/ Insel. Ich wollte immer auf einem Bauernhof leben und kam dann nach einiger Zeit nach Pollychen zu Fischer Rapsch. Sie hatten eine kleine Landwirtschaft und Fischerei. Dort hatte ich mich gut eingelebt. Ich hütete Gänse und zuletzt Kühe am Warthestrand, wo unsere Wiese war.

Die Kinderzeit verlebte ich bei Rapschens sehr gut. Im Sommer besuchte ich des öfteren meinen Bruder in Zettritz [Czettritz]. Mein Pflegeopa war auch Fährmann und setzte mich auf die andere Seite der Warthe über. Ich bekam aber immer Bescheid auf den Weg mit, komme zeitig nach Hause, aber einmal klappte es nicht. Wir haben nicht auf die Uhr geguckt, und auf dem Nachhauseweg wurde es immer dunkler, und ich fand den richtigen Weg nicht mehr. So landete ich wo, die Warthe einen Knick macht bei Zantoch. Ich sah ja die Lichter brennen auf der anderen Seite. Nun wusste ich, dass ich wieder zurück musste. Angst hatte ich keine. Wir Kinder gingen in Landsberg in der Friedrichstadt sonntags immer zum Kindergottesdienst, und so prägte sich mir der Spruch ein: „Ob ich schon wanderte im finsteren Tal, ich fürchte mich nicht, denn Stecken und Stab trösten mich“. Und so kam auch Hilfe. Mein Opa Rapsch und meine gute Tante Erna waren schon auf der Suche mit Laternen nach mir. Ich war glücklich, als wir uns dann fanden. Ich bin nie wieder zu spät von meinem Bruder nach Hause gekommen.

Ja, um es etwas in Kürze zu schildern. Wir haben auf der Flucht viel Trauriges erlebt. Bombenangriffe über Berlin und Potsdam, wo wir eine kurze Zeit in Bornim wohnten. Als die rote Armee vor Berlin war, ging es wieder weiter die Berlin-Hamburger- Chaussee zur Elbe entlang. Wieder ins Lager, als der Krieg zu Ende war. Erst waren wir beim Amerikaner, dann beim Russen, der das Lager auflöste und sagte, wir könnten nach Hause. Nach vielem Hin und Her bin ich hier in Blesendorf gelandet. Hier habe ich in eine kleine Landwirtschaft 1950 eingeheiratet. Ich habe 3 Kinder und 4 Enkel. Seit 1974 bin ich geschieden. Ich habe dann in der LPG gearbeitet, anschließend fast 15 Jahre bei der Post. Recht und schlecht habe ich mich mit meinen 3 Kindern und einer kranken Schwiegermutter noch in den 80er Jahren durchgeschlagen. Nun bin ich Rentnerin, und meine Tochter Veronika hat die kleine Wirtschaft und hält sie mit meiner kleinen Hilfe instand. Der liebe Gott hat einen lieben Menschen an meine Seite gesetzt, der immer für mich da ist. Das ist auch eine Gnade Gottes. Außerdem möchte ich noch anfügen, dass ich mit Tante Erna Rapsch bis zum Lebensende guten und lieben Kontakt hatte. Wir haben uns gegenseitig besucht. Ich war auch noch 4 Wochen vor ihrem Tod mit meinem Sohn in Berlin, konnte mich noch bei einigermaßen guter Gesundheit mit ihr unterhalten.

Siglinde Schmidt geb. Mallast Blesendorfer Dorfstraße 33 16909 Heiligengrabe

Ein Weiser ist man nur unter der Bedingung, in einer Welt voll Narren zu leben.

Arthur Schopenhauer, deutscher Philosoph (1788-1860)

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http://www.adressbuch-landsberg.de/nzhochwasser/pollychen.html Der Fischer und Landwirt Otto Rapsch wird auch hier erwähnt: ↑ Neumärkische Zeitung v. 11. Dezember 1930


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Erstellt am 08.09.2016 - Letzte Änderung am 08.09.2016.